Velbert. Als Türkspor Neviges gründete sich der Verein einst. Nun droht ihm das Aus in der Stadt Velbert. Eine Chronologie – mit Aufreger.

Im Jahr 2015 jubelte der TSV Neviges noch über den Titel bei der Stadtmeisterschaft der Alten Herren, nun droht dem Traditionsverein, der sich 1982 gründete und der mittlerweile TSV Engizek heißt, das Aus – zumindest in Velbert. Die Stadt hat dem Fußballklub das Nutzungsrecht der Sportanlage gekündigt, auch der Stadtsportbund schlug die Tür aufgrund wiederholter Verstöße gegen die Satzung zu. Wie es weitergeht, ist noch völlig offen. Eine der möglichen Optionen ist der Umzug in eine andere Stadt.

Eine Chronologie: 1982 bis 2012 - Gründung als Türkspor Neviges und Umbau der Anlage am Waldschlößchen

  • Der TSV Engizek, ursprünglich 1982 als Türkspor Neviges gegründet, spielte lange in der Kreisliga. Die Heimat war schon damals die Sportanlage am Waldschlößchen.
  • Ende der 2000er gab es Gespräche über eine Fusion mit anderen Vereinen, doch 2011 fusionierten nur der TuS Neviges und der FC Tönisheide zum SV Union Velbert.
  • Im Rahmen dieser Fusion wurde die Sportanlage am Waldschlößchen umgebaut, und der SV Union wurde der Hauptnutzer.

Im Jahr 1982 wurde der heutige TSV Engizek – der Name Engizek bezeichnet ein Gebirge in der östlichen Türkei – gegründet, damals noch unter dem Namen Türkspor Neviges. Jahrelang spielte der Verein in der Kreisliga und trainierte schon damals am Waldschlößchen.

Ende der 2000er gab es Gespräche zwischen Türkspor, den Sportfreunden Siepen, dem TuS Neviges und dem FC Tönisheide über eine mögliche Fusion. 2011 fusionierten aber nur der TuS Neviges und der FC Tönisheide zum heutigen SV Union Velbert. Damals gab es Unmut, dass sich nicht auch Türkspor dem neuen Klub anschloss. Ein Vorwurf: Zu den Gesprächen seien immer verschiedene Leute gekommen. Auch heute ist ein Durcheinander auf Vorstandsebene wieder Teil der Vorwürfe, die der Stadtsportbund dem Klub macht.

Ein Bild aus dem Jahre 2005 zu Zeiten von Türkspor Neviges.
Ein Bild aus dem Jahre 2005 zu Zeiten von Türkspor Neviges. © WAZ | Sonja Glaser-Stryak

Im Zusammenhang der Fusion wurde ein Umbau der Sportanlage am Waldschlößchen realisiert und der SV Union zog zu Türkspor auf die Anlage, wurde zugleich aber der Hauptnutzer. Im Gegenzug wurde der damalige Jahnsportplatz des SV Union aufgegeben.

Union teilte die eigenen Spiele der Senioren und Junioren später dann wieder auf die Anlagen am Waldschlößchen und auf den Ernst-Adolf-Sckär-Platz am Günter-Kratz-Weg auf. Dort wurde 2018 einen neuer Kunstrasen gelegt. Aktuell spielt und trainiert der größere Teil des SV Union wieder dort, auch die Partien der ersten Mannschaft finden auf der Anlage in Velbert-Tönisheide statt.

2012 bis 2014: Döner-Cup, Umbenennung in TSV Neviges, Abstieg in die Kreisliga B

  • 2012 feierte Türkspor Neviges den 30. Geburtstag und spielte in diesem Zusammenhang gegen Fortuna Düsseldorf II.
  • 2013 benannte sich Türkspor Neviges in TSV Neviges um. Ziele waren unter anderem der Ausbau der Jugendfußballabteilung und die Erweiterung des Sportangebots.
  • Weiterhin gab es Konflikte mit dem SV Union Velbert. Der damalige Trainer und Sportliche Leiter des TSV Neviges monierte angeblich blockierte Trainingszeiten.

2012 berichtete die WAZ darüber, dass sich Türkspor und der SV Union nach Unstimmigkeiten über die Spiel- und Trainingstermine auf der umgebauten Anlage, wieder zusammengerauft hätten. Ebenfalls 2012 fanden ein Jubiläumsspiel zum 30. Geburtstag von Türkspor Neviges gegen die U23 von Fortuna Düsseldorf vor rund 150 Zuschauern und der sogenannte „Döner Cup“ für Hobbymannschaften am Tag der deutschen Einheit statt.

Am 1. Juli 2013 benannte sich dann Türkspor Neviges zum TSV Neviges um. Es hieß, der Verweis auf die Türkei würde nicht allen rund 250 Mitgliedern gerecht werden, so der damaliger stellvertretende Sportliche Leiter und Jugendleiter Mario Minerva. Ein großes Ziel war der Ausbau der Jugendfußballabteilung. Zudem sollten Angebote in der Leichtathletik und im Taekwondo etabliert werden. Die erste Fußballmannschaft spielte damals in der Kreisliga A, schaffte es nie über das obere Mittelfeld hinaus und stieg 2014 in die Kreisliga B ab, machte 2019/2020 sogar für eine Saison einen Abstecher in die Kreisliga C, ehe sie wieder aufstieg und bis heute in der B-Liga spielt.

Als TSV Neviges richtete der Verein 2014 unter anderem die Altherren-Stadtmeisterschaft aus.
Als TSV Neviges richtete der Verein 2014 unter anderem die Altherren-Stadtmeisterschaft aus. © Essen | Knut Vahlensieck

Auch in der Zeit des TSV Neviges gab es immer mal wieder Krach mit dem SV Union Velbert. 2013 kritisierte Peter Beermann, der damalige Trainer und Sportliche Leiter des TSV Neviges, dass Union die Jugendarbeit des TSV blockiere, da keine Trainingszeiten für die U19 auf der Anlage am Waldschlößchen zur Verfügung gestellt werden würde. Auch bei den Erwachsenen sei dies ähnlich, der Platz sei bei den eigenen Trainingseinheiten zu voll. 2014 trat er von seinem Amt zurück und sagte gegenüber dieser Redaktion, dass die Kontroversen zwischen den Klubs seine Rücktritts-Entscheidung beeinflusst hätten.

2014 - 2021: Umbenennung in TSV Engizek und ein Grillfest für die Geschädigten des Hochwassers in Velbert

  • 2020 beantragte der TSV Neviges die Umbenennung in TSV Engizek, die 2021 genehmigt wurde, mit dem Ziel, unter diesem Namen ein neues Kapitel zu beginnen und verschiedene Jugendmannschaften zu etablieren.
  • Der Name „Engizek“, inspiriert von einem Gebirge in der Türkei, wurde bereits in den sozialen Medien verwendet, und der Verein strebte an, die Sportanlage am Waldschlösschen zu einem Zuhause für alle zu machen.
  • Im August 2021 organisierte der Klub ein Grillfest, dessen Einnahmen den Flutopfern in Velbert-Neviges und Langenberg zugutekamen.

2020 beantragte der TSV Neviges nach dem Wiederaufstieg in die Kreisliga B dann die Umbenennung in TSV Engizek, welche 2021 durchgewunken wurde. Das damalige Vorstandsmitglied Ali Güneri sprach davon, eine C-, eine B-, und eine A-Jugend aufzumachen. Zudem sei es die größte Herausforderung, dass „die Arena Am Waldschlösschen für jedermann, aber auch für jede Frau ein Zuhause sein soll. Wir werden hart arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen.“

In den Sozialen Medien trat der Klub schon vorher als „Engizek“ auf. Güneri erklärte dies so: „Künftig soll der Verein TSV Engizek heißen, deshalb treten wir unter diesem Namen schon in den sozialen Netzwerken auf und er steht auch schon auf den Trikots, Engizek ist der Name eines Berges im Osten der Türkei. Mit einem neuen Namen möchten wir ein neues Kapitel aufschlagen, in dem wir uns bemühen werden, unsere Ziele zu erreichen.“

Weitere positive Nachrichten schrieb der Klub im August 2021 durch ein Grillfest, dessen Einnahmen den Geschädigten des Hochwassers in Velbert-Neviges und Langenberg zugute kamen.

2021 - 2024: Ausschreitungen auf dem Fußballplatz und bei der Hallenstadtmeisterschaft 2023

  • 2022 geriet der TSV Engizek in die Schlagzeilen, als ein Spieler wegen eines tätlichen Angriffs eine Zwölf-Spiele-Sperre erhielt.
  • Ende 2023 eskalierte die Situation während der Hallenstadtmeisterschaft, als es zu mehreren Auseinandersetzungen und einer gewalttätigen Szene auf dem Spielfeld kam, die zur Ausschließung des Vereins vom Turnier führte.
  • Der Vorfall führte dazu, dass die Stadt Velbert über strengere Regelungen zur Nutzung städtischer Sportanlagen beriet, um künftig besser auf Gewalt und andere Vorfälle reagieren zu können.

2022 ging die Berichterstattung aber wieder in die andere Richtung, als ein Spieler aufgrund eines tätlichen Angriffs gegen seinen Gegenspieler eine Zwölf-Spiele-Sperre aufgebrummt bekam.

Ende 2023 dann der große Eklat bei der Hallenstadtmeisterschaft. Mehrmals kam es zu Schubsereien, Rudelbildungen und Auseinandersetzungen, als der TSV Engizek spielte. Beim Nevigeser Derby gegen die Sportfreunde Siepen lief ein junger Zuschauer auf dem Weg aus der Halle über das Spielfeld. Daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung mit der Security und die Situation eskalierte. Plötzlich waren viele Menschen auf dem Spielfeld, es kam zu einer wüsten Szene mit Schlägen und Tritten. Die Polizei wurde gerufen.

Während des zweiten Tages bei der Hallenfußball-Stadtmeisterschaft in Velbert kam es immer wieder zu Rudelbildungen, am Ende sogar zu handfesten Tumulten.
Während des zweiten Tages bei der Hallenfußball-Stadtmeisterschaft in Velbert kam es immer wieder zu Rudelbildungen, am Ende sogar zu handfesten Tumulten. © md-presse | Marcel Dronia

Am Tag drauf schloss der SV Union Velbert als Ausrichter des Turniers in Absprache mit der Stadt den TSV Engizek vom weiteren Turnier aus. Der wiederum sagt bis heute, dass die Zuschauer ihm nur zum Teil zuzuordnen seien und er von sich aus beschlossen habe, nicht weiter teilzunehmen. „Wir haben Videoaufnahmen, die zeigen, dass sich Zuschauer kloppen. Das verlagert sich dann auf das Spielfeld. Unsere Spieler wollten da nur dazwischen gehen. Das ist ungerecht. Die Zuschauer waren teilweise von uns, teilweise nicht. Das Ganze hatte aber mit dem Fußball gar nichts zu tun“, sagte Cetin Yildirim, der Vorsitzende des TSV damals im November gegenüber dieser Redaktion.

In der Folge wurden die Security-Kräfte verdoppelt. Es war ein Vorfall, der das Fass soweit soweit zum Überlaufen brachte, dass der Rat der Stadt daraufhin Anfang 2024 über die Erweiterung bzw. Veränderung der Satzung zur Nutzung städtischer Sportanlagen beriet um auf Gewalt, Beleidigungen und Nötigung reagieren zu können – über eine Informationspflicht über gewaltbereites Verhalten und entstandene Schäden auf den Sportanlagen bis hin zum Haus- und Betretungsverbot sowie zum Ausschluss von Sportstätten.

2024 - 2025: Ausschluss von der Hallenstadtmeisterschaft 2024, Anmahnung des Fußballverbandes, Rauswurf aus dem Stadtsportbund, Kündigung des Nutzungsrechts de Sportanlage

  • Im September 2024 wurde dem TSV Engizek auch der Ausschluss von der Hallenstadtmeisterschaft 2024 mitgeteilt, nachdem zu den Vorfälle aus dem Vorjahr, ein Spielabbruch und eine Anmahnung des Fußballverbandes wegen der Zuschauer bei der dritten Mannschaft kamen.
  • Gleichzeitig gab es Konflikte mit der Stadt über Verstöße gegen die Satzung zur Nutzung der Sportanlage Waldschlößchen, darunter nicht angemeldete Belegungszeiten und private Feiern im Vereinsheim.
  • Anfang 2025 kündigte die Stadt Engizek das Nutzungsrecht der Sportanlage, und der Stadtsportbund schloss den Verein aus, sodass der TSV Engizek ohne Heimspielmöglichkeit dasteht und nun um seine Existenz kämpft.

Der Stadtsportbund teilte Engizek im September 2024 den Ausschluss von den Stadtmeisterschafen mit. Grundlage dafür waren neben den Vorkommnissen in der Halle 2023 ein Spielabbruch zu Beginn der Saison und eine Anmahnung des Fußballverbandes, dass der Klub erzieherisch auf seine Zuschauer bei der dritten Mannschaft einzuwirken habe.

Im November bat der Klub noch einmal um eine Chance und wollte doch an der Hallenstadtmeisterschaft teilnehmen. Die Bitte wurde aber abgewiesen. Wie sich mittlerweile herausstellte, lief parallel dazu bereits der Schriftverkehr zwischen Stadt und Verein über die Verstöße gegen die Satzung zur Nutzung der Sportanlage Waldschlößchen unter anderem aufgrund von nicht angemeldeter Belegungszeiten, der Nicht-Entsorgung einer Holzhütte auf der Sportanlage und der Nutzung des Vereinsheims für private Feiern, gegen die sich der Klub in Teilen wehrt.

Der Ausschluss von Engizek sollte Ruhe in die Hallenstadtmeisterschaft 2025 bringen, was er nicht tat. Der Verein war zwar für das Turnier gesperrt, doch zu Ausschreitungen kam es 2024 trotzdem: diesmal zwischen dem SC und der SSVg Velbert.

Anfang 2025 überschlugen sich dann die Ereignisse. Die Stadt kündigte dem TSV Engizek Anfang Februar das Nutzungsrecht der Sportanlage aufgrund des wiederholten Verstoßes gegen die Satzung. Kurz darauf zog auch der Stadtsportbund nach und schmiss den Verein raus. Seitdem steht der TSV Engizek ohne Sportanlage da und kann keine Heimspiele mehr absolvieren. Es geht nun um die Existenz.

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