Niederberg. Mit teils vierstelligen Summen bestraft der Fußballverband jedes Jahr die Klubs, die zu wenige Schiedsrichter stellen. Das führt zu neuem Ärger.

Für ihre Fußballmannschaften geben die Vereine gerne Geld aus. Punkte- und Auflaufprämien hier, Trainergehälter dort. Doch dort, wo man sich spendabel zeigt, fehlt das Geld an anderen Ecken, wie das Beispiel der Schiedsrichter zeigt.

Vor kurzem wurden die Ausgleichszahlungen, die die Klubs bei Nichterfüllung des Schiedsrichtersolls an den Verband zu leisten haben, veröffentlicht. Lediglich drei Vereine – der SC Velbert, der Langenberger SV und der SV Union – erfüllen ihren Soll über, gleich zehn Klubs müssen nachzahlen – und das nicht zu knapp.

Türkgücü Velbert mit 1200 Euro Strafe zahlen, die SSVg Velbert 750 Euro

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Türkgücü Velbert muss zum Beispiel gleich 1200 Euro an den Verband abgeben, weil der Verein die zweite Saison in Serie zu wenige Schiedsrichter stellt, die SSVg Velbert liegt bei 750 Euro, die Sportfreunde Siepen, Stella Azzurra und der TSV Neviges bei je 600 Euro.

„Unser Verein hat 70 Mitglieder. Da sind 1200 Euro nicht wenig Geld. Wir könnten dafür zum Beispiel auch einen ganzen Trikotsatz kaufen“, moniert Adem Cakat, der Sportliche Leiter von Türkgücü Velbert. Sein Klub hat aktuell keinen einzigen Schiedsrichter gemeldet, ist sich aber mit zwei Unparteiischen für die kommende Saison bereits einig. Doch selbst das könnte nicht reichen, wie sich aus den Bestimmungen des Fußballverbandes ergibt.

Die SSVg Velbert müsste theoretisch acht Schiedsrichter pfeifen: das sind die Regeln

Denn ganz so einfach, wie es klingt, ist die Situation nicht. Festgelegt ist, dass jeder Verein je einen Schiedsrichter oder eine Schiedsrichterin zu melden hat für jede Männer- und Frauenmannschaft, die am Pflichtspielbetrieb teilnimmt, mit Ausnahme von Alten Herren und Hobbyteams. Hinzu kommt ein Schiedsrichter für den Jugendbereich, unabhängig davon, ob eine Mannschaft am Spielbetrieb teilnimmt.

Türkgücü Velbert müsste Stand jetzt mit drei Seniorenteams und einer Jugendmannschaft also vier Schiedsrichter melden, um den Soll zu erfüllen, die Sportfreunde Siepen bräuchten fünf Unparteiische (drei Herren, eine Frauenmannschaft und einen für die Jugend).

Schiedsrichter müssen sich auch immer wieder Kritik anhören – doch das gehört für sie zum Job dazu. Hier ist Türkgücü Velberts Adem Cakat nicht ganz einverstanden mit einer Entscheidung.
Schiedsrichter müssen sich auch immer wieder Kritik anhören – doch das gehört für sie zum Job dazu. Hier ist Türkgücü Velberts Adem Cakat nicht ganz einverstanden mit einer Entscheidung. © FUNKE Foto Services | Dirk A.Fiedrich Fotografie,EssenDirk A. Friedrich

Noch schwieriger wird es bei den Vereinen, die höherklassige Teams haben: Für jede Jugendmannschaft, welche in der Niederrheinliga oder höher spielt, braucht der Klub einen weiteren Schiedsrichter. Für alle Männermannschaften, die in der Landesliga oder höher spielen und für alle Frauenmannschaften ab der Regionalliga, kommt ein weiterer Unparteiischer oben drauf, wobei Schiedsrichter unter 16 Jahren auch nur für die Jugend zählen.

Die SSVg Velbert müsste also in dieser Saison theoretisch acht Schiedsrichter stellen (zwei für die Oberliga-Mannschaft, je einen für die Damen, die zweite Mannschaft, die dritte, die Jugend allgemein, die A-Jugend und die C-Jugend).

Aktive Abwerbeversuchen könnten sich in Zukunft noch mehren

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Diese Masse zusammenzubekommen, ist gar nicht so einfach und sorgt unter anderem dafür, dass es auch einen Transfermarkt für und Abwerbungen bei Schiedsrichtern gibt, wie Denis Nuzzo-Flores, der erste Vorsitzende der Sportfreunde Siepen, bestätigt.

„Man muss wirklich anfangen, Schiedsrichter zu werben. Es ist eine Rechnung für den Vorstand: Zahle ich 600 Euro an den Verband oder investiere ich in den Schiedsrichter und seine Klamotten?“

Die Siepener konnten in der vergangenen Saison keinen einzigen Schiedsrichter stellen, mittlerweile sind es drei, wodurch die Sportfreunde 900 Euro weniger Strafe zahlen müssen. Theoretisch stellen müssten sie fünf. Ohne aktives Ansprechen der Unparteiischen funktioniert das kaum.

„Es ist eine Menge Geld, welches ein kleiner Verein nicht so einfach auf der hohen Kante liegen hat. Und von null Schiedsrichtern auf fünf zu kommen, ist schon eine hohe Hausnummer. Es ist ja nicht so, dass wir im Verein nicht nachfragen, wir suchen auch und kümmern uns gerne um die Ausbildung“, so Nuzzo.Flores. Aber es gibt eben zu wenige Unparteiische. Als Kevin Pahnke vor der Saison als Schiedsrichter aus dem Remscheider Kreis nach Siepen wechselte, konnte er laut Nuzzo-Flores aus gleich fünf verschiedenen Klubs auswählen.

Überzeugungsarbeit ist nötig

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Auch Peter Kurka, Geschäftsführer des SV Union Velbert bestätigt die Problematik. „Man muss Überzeugungsarbeit leisten und immer wieder um die Gunst des Schiedsrichters buhlen. Bei uns werden die Schiedsrichter beitragsfrei gehalten, bekommen ihre Ausrüstung gestellt und werden genauso behandelt wie jedes Vereinsmitglied auch.

Werner Matyssek, Abteilungsleiter Fußball beim TVD Velbert, haben die 500 Euro Strafe für seinen Klub überrascht. „Das ist ein Hammer. Wir haben einen Schiedsrichter zu wenig, hatten sonst jedes Jahr zu viel. Ein Problem ist, dass vom Schiedsrichterausschuss ohne sich bei den Klubs zu melden, Jungs nach einer gewissen Zeit gestrichen werden, die nicht mehr pfeifen oder sich nicht melden. Es zählen nur die aktiven Schiedsrichter. Nun müssen wir wieder welche suchen.“

Wenn es sie nur geben würde.

So setzten sich die Strafen zusammen

  • Diese Vereine haben ihr Schiedsrichtersoll übererfüllt und wurden den Verband zur Belobigung gemeldet: SC Velbert, Langenberger SV, SV Union Velbert.
  • Diese Vereine haben zum ersten Mal ihren Schiedsrichtersoll nicht erfüllt: SSVg Heiligenhaus (Strafe: 200 Euro), SSVg Velbert (750 Euro), TVD Velbert (500 Euro), BW Langenberg (150 Euro), TC RW Heiligenhaus (200 Euro).
  • Diese Vereine haben zum zweiten Mal in Serie ihren Soll nicht erfüllt, weshalb die zu zahlende Summer verdoppelt wird: FC Langenberg (300 Euro), Türkgücü Velbert (1200 Euro), Sportfreunde Siepen (600 Euro), Stella Azzurra Velbert (600 Euro), TSV Neviges Engizek (600 Euro).
  • Die zu zahlende Summe richtet sich nach der am höchsten spielenden Männermannschaft des Vereins. Spielt diese in der 3. Liga aufwärts, werden für jeden fehlenden Schiedsrichter 400 Euro fällig, in der Regionalliga 300 Euro, in der Ober- und Landesliga 250 Euro, in der Bezirksliga 200 Euro, in der Kreisliga A und B 150 Euro, in der Kreisliga C 100 Euro und wenn keine Seniorenmannschaft im Spielbetrieb angemeldet ist 50 Euro. Ist nur ein Frauenteam angemeldet, werden analog zu den Ligen im Männerspielbetrieb 50 Prozent des Betrages für die Spielklasse der höchsten Frauenmannschaft des Vereins festgelegt.
  • Das eingenommene Geld durch die Strafen nutzt der Fußballverband offiziell für die Gewinnung und Erhaltung von Schiedsrichtern. Dazu gehören Lehrgänge in den Kreisen, als auch zentrale Ausbildungs-, Fortbildungs- und Erhaltungsmaßnahmen (inklusive Verpflegung und Übernachtung).

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