Niederberg. 50 Jahre nach der Aufhebung des Verbots stellen die SSVg Velbert, die SSVg Heiligenhaus und BW Langenberg Frauen-Teams - mit Ambitionen

Etwas mehr als 50 Jahre ist es her, dass der Deutsche Fußballbund (DFB) das Fußballverbot für Frauen aufhob.

Komplett gleich wurden Frauen damals im Fußball aber trotzdem nicht behandelt: Auf ihrem Verbandstag in Travemünde beschlossen die Delegierten am 31.10.1970 allerdings, dass die Frauen „aufgrund ihrer schwächeren Natur“ eine halbjährige Winterpause einhalten sollen und die Spielzeit auch nur 70 Minuten beträgt.

Heute ist das zum Glück Geschichte. In Niederberg stellen die SSVg Velbert, BW Langenberg und die SSVg Heiligenhaus Frauenmannschaften. Eine Bestandsaufnahme.

Bei der SSVg Velbert ist Frauenfußball ausdrücklich erwünscht

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„Ich habe das Glück, dass in meinem Verein der Frauenfußball wirklich gewollt ist“, hat Christian Reinhardt, Trainer der SSVg 02 Velbert, festgestellt. „Natürlich bestehen bei den Männern ganz andere finanzielle Möglichkeiten, bei Frauen müssen wir da andere Anreize schaffen. Frauen wollen ein gutes Umfeld, Harmonie und Freundinnen im Kader haben“, betont er.

Er selbst ist mittlerweile seit drei Jahren im Amt und stieg mit der Mannschaft in der vorletzten Saison in die Niederrheinliga auf. „Ich habe das Gefühl, dass unsere gute Arbeit wahrgenommen wird. Bis auf das Finanzielle werden wir im Verein gleichbehandelt und bekommen auch gute Trainingszeiten“, stellt der Coach klar und fügt hinzu: „Ich genieße es, im Frauenbereich zu arbeiten. Das ist ein friedfertiges, schönes Miteinander.

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Da gibt es keine Gewalt. Bei den Männern kommt es immer wieder zu körperlichen Attacken auf Schiedsrichter oder zu Spielabbrüchen“, erläutert Reinhardt.

SSVg Velbert stellt mit dem MSV Duisburg die jüngste Mannschaft der Liga

Bevor er zur SSVg kam, hat er im Jugendbereich bei der SG Unterrath gearbeitet. „Im Vergleich prallen da Welten aufeinander. Die SGU ist im Jugendbereich ausgesprochen erfolgreich, spielt mit der U17 sogar in der Bundesliga. Die Konzepte tragen da jetzt Früchte, aber alles ist rein leistungsorientiert, der Mensch bleibt auf der Strecke“, berichtet er von seinen Erfahrungen.

Jubel über den 3:0-Sieg: Die SSVg siegt im Kellerduell deutlich.
Jubel über den 3:0-Sieg: Die SSVg siegt im Kellerduell deutlich. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Mit dem bisherigen Abschneiden seiner Truppe in der höchsten Liga des Verbands ist er völlig zufrieden. „Wenn man bedenkt, dass wir neben dem MSV Duisburg die jüngste Mannschaft der Liga haben, spielen wir eine gute Saison. Unser Ziel ist es, am Ende zwei Mannschaften hinter uns zu lassen, um die Klasse zu halten“, verrät der Trainer, der eine positive Entwicklung seines Teams registriert.

Die Ergebnisse sprechen für eine gute Entwicklung

„Wir haben in acht Spielen zehn Punkte geholt. Insbesondere beim 0:0 gegen den Bundesliganachwuchs von MSV Duisburg haben die Spielerinnen gezeigt, dass sie gelernt haben, denn in der vergangenen Saison haben wir noch deutlich mit 0:9 verloren“, erinnert er sich.

Den Erfolg will er aber keinesfalls für sich allein in Anspruch nehmen. „Wir haben mit Patrick Schmidt einen ganz tollen Co- und Torwarttrainer sowie mit Elena Martinez eine weitere Co-Trainerin im Trainerteam, die ganz tolle Arbeit leisten. Zudem bietet unsere Betreuerin Jutta Schellong ein Rundum-Sorglos-Paket und hält alles bereit, was eine Spielerin irgendwann vielleicht einmal gebrauchen könnte“, lobt Reinhardt seinen Stab.

Irgendwann soll es in der Niederrheinliga nach oben gehen

Zudem verfügt das Team über einen Sponsor, der viele Dinge möglich macht. „Wir sind daher bestens ausgestattet und hoffen, dass unsere gute Arbeit wahrgenommen wird und wir uns einen Ruf verschaffen, sodass auch weitere Spielerinnen auf uns zukommen. In zwei, drei Jahren werden wir eine richtig tolle Truppe mit guter sportlicher Perspektive haben. Mit der neuen tollen Anlage im Rücken wollen wir uns dann in der Niederrheinliga unter den ersten Fünf etablieren“, gewährt der Coach Einblick in seine mittelfristige Planung.

SSVg Heiligenhaus will kein Fahrstuhlverein mehr sein

Bereits seit 15 Jahren ist Mathias Knorn als Trainer im Frauenfußball tätig, seit Beginn des Jahres bei der SSVg 09/12 Heiligenhaus. „Frauenfußball ist mittlerweile selbstverständlich. Zwar gibt es Verantwortliche in den Vereinen, die den Männerfußball favorisieren, das sieht man dann bei der Verteilung der Trainingstage, wenn die Männer priorisiert werden, aber in Heiligenhaus sind wir gleichberechtigt und teilen uns dienstags und donnerstags den Platz mit der ersten Männermannschaft“, berichtet der in Dortmund wohnhafte Coach.

Trotz einer dreiviertelstündigen Anreise fühlt er sich in Heiligenhaus gut aufgehoben. „Wir haben einen hohen Teamspirit und das Umfeld ist sehr familiär. Es macht mir sehr viel Spaß und die Mannschaft entwickelt sich“, hat er festgestellt.

In der Vergangenheit pendelten die SSVg-Frauen immer zwischen Bezirks- und Kreisliga, nun soll der Klassenerhalt frühzeitig sichergestellt werden und die Truppe sich mittelfristig im Mittelfeld der Bezirksliga etablieren.

BW Langenberg kritisiert die Wahrnehmung der Kreisliga

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Auf schwierige Verhältnisse trifft Michael von Gahlen, Trainer der Frauenmannschaft von Blau-Weiß Langenberg in der Kreisliga. „Um die Kreisliga kümmert sich vom Verband kein Mensch“, hat er festgestellt.

Da es nur wenige Mannschaften in dieser Spielklasse gibt, wurde eine gemeinsame Liga mit Teams aus den drei Kreisen Wuppertal-Niederberg, Solingen und Remscheid gebildet. Die Senderstädterinnen belegen zwar dort aktuell den zweiten Platz, aber die SG Hackenberg gilt als absoluter Aufstiegskandidat.

Der Aufstieg in die Bezirksliga ist eher langfristig ein Thema

„Unsere Mannschaft ist erst vor drei Jahren entstanden. Einige Spielerinnen haben nach der Jugend und einer längeren Pause wieder zusammengefunden“, berichtet der Coach, der aber eine positive Entwicklung sieht. „Wir sind anfangs im Mittelfeld der Tabelle rumgedümpelt, waren dann im oberen Drittel und wollen jetzt mit Blick nach oben mitmischen. Wir haben die Truppe zusammenhalten können und sind von Verlusten verschont geblieben. Vielleicht ist das Ziel Aufstieg momentan noch ein bisschen zu ambitioniert, aber es ist schon mein Traum, mit der Mannschaft noch einmal aufzusteigen“, gibt von Gahlen zu.

Er hat bereits viele Jahre im Frauenbereich gearbeitet und unter anderem Teams des 1. FC Wülfrath und Jägerhaus-Linde in der Niederrheinliga trainiert. „Grundsätzlich ist der Frauenfußball mittlerweile absolut akzeptiert. Früher war in den Köpfen, dass es alles halbe Männer seien, aber das Klischee haben wir wegbekommen“, hat er bemerkt.

Einen deutlichen Unterschied sieht er allerdings doch noch. „Wenn mich Leute nach meinem Hobby gefragt haben, habe ich gesagt, dass ich eine Fußballmannschaft in der vierten Liga trainiere, dann haben sie mich ehrfurchtsvoll angesehen. Wenn ich dann aber hinzugefügt habe, dass es sich um Frauen handelt, habe ich dann eher ein Schmunzeln wahrgenommen“, so der 58-Jährige. Nicht nur da gibt es also weiterhin etwas zu tun.

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