Ruhrgebiet. Was bedeutet das Sportverbot wegen der Coronakrise in Duisburg für die einzelnen Sportarten und die angrenzenden Städte? Eine Bestandsaufnahme.
Die Entscheidung der Stadt Duisburg, den Sportbetrieb nahezu komplett einzustellen, und nur noch das Training zu erlauben, hat hohe Wellen geschlagen. Denn betroffen sind nicht nur die Sportler aus Duisburg, sondern auch die aus angrenzenden Städten. Sämtliche Fußballspiele mit Duisburger Beteiligung werden abgesagt, für die Westdeutsche Meisterschaft im Jugendhockey wurde ein neuer Ausrichter gesucht. Der Handballverband hat die Saison unterbrochen.
Wir erklären, warum Duisburg diese drastische Maßnahme getroffen hat, wie die einzelnen Verbände auf die neue Situation reagieren und ob das gleiche Vorgehen auch in anderen Städten droht.
Das hat Duisburg entschieden
Seit Donnerstag ist in Duisburg kein „Kontaktsport unter freiem Himmel“ mehr erlaubt. Auch die Hallen sind zu. Trainiert werden darf, allerdings nur mit dem nötigen Sicherheitsabstand. In der gültigen Schutzverordnung heißt es: „Sporthallen dürfen für Kontaktsport nicht mehr genutzt werden, dies umfasst auch den Schulsport. Kontaktsport ist auch unter freiem Himmel untersagt. Dies bedeutet, dass der Spielbetrieb in den Duisburger Amateurligen ausgesetzt werden muss. Trainingseinheiten in klassischen Kontaktsportarten wie zum Beispiel Fußball sind aber möglich. Diese müssen jedoch an die Situation angepasst werden und kontaktlos erfolgen. Zudem ist die Nutzung von Umkleide- und Duschräumen – mit Ausnahme der Toiletten – nicht erlaubt.“
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Die teils unklare Definition, was beispielsweise zum Kontaktsport gehört, sorgte auch in der Verwaltung bei Duisburg Sport für Verwirrung. „Wir versuchen gerade herauszufinden, was genau darunter fällt und wie wir die Maßnahmen umsetzen“, hieß es von dort.
So begründet die Stadt Duisburg ihre Entscheidung
Die Pressestelle der Stadt begründete die drastische Maßnahme wie folgt: „Die Corona-Wocheninzidenz liegt heute bei 105,7 und es gibt derzeit 550 Infizierte in Duisburg. Diese sind jedoch nicht einzelnen Hotspots zuzuordnen, sondern verteilen sich über das gesamte Stadtgebiet. Beim Kontaktsport ist es nicht möglich, Mindestabstände einzuhalten und so einer Infektion vorzubeugen. Ein Beispiel: Bei einem gewöhnlichen Fußballspiel liegt die Anzahl der Personen, die unmittelbar Kontakt zu einem potenziell infizierten Spieler haben, bei über 20. Die Zahl erhöht sich bei entsprechenden Einwechslungen sowie mehreren beteiligten Trainern, Co-Trainern und Betreuern schnell auf 30 Personen. Hinzu kommt die vielfach ungenügende Belüftungssituation bei der Nutzung von Umkleide- und Duschräumen, in denen sich zusätzliche Personen aufhalten können. Hier wird also eine Vielzahl von Menschen ganz konkret mit einer Coronainfektion gefährdet. Hinzu kommt, dass insbesondere die Nachverfolgung durch das Gesundheitsamt bei einer solch hohen Zahl von Kontakten erheblich erschwert wird. Wir bedauern sehr, dass das Infektionsgeschehen Entscheidungen dieser Tragweite erfordert“
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Das sagt die Landesregierung
Zuletzt hatte die Schwarz-Gelbe-Regierung in Düsseldorf den Fokus vor allem auf die Zuschauer gelegt. Zuschauerzahlen bis 300 Personen sind mit entsprechend geeigneten Vorkehrungen zur Hygiene, zum Infektionsschutz, Steuerung des Zutritts und Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit erlaubt. Veranstaltungen mit mehr als 300 Zuschauern dürfen nur mit Erstellung eines Hygiene- und Infektionsschutzkonzeptes stattfinden, sobald eine Sieben-Tages-Inzidenz von 35 bezogen auf einen Kreis beziehungsweise eine kreisfreie Stadt vorliegt, dürfen Veranstaltungen nur noch mit maximal 1000 Zuschauern stattfinden. Liegt die Inzidenz über 50, dürfen Veranstaltungen in geschlossenen Räumen nur noch mit maximal 250 Zuschauern, im Außenbereich mit 500 Zuschauern stattfinden. Die meisten Städte, darunter auch Mülheim, sind dem aber zuvor gekommen. Dort dürfen sich noch maximal 100 Personen auf einer Sportanlage oder in einer Halle aufhalten. Spieler, Trainer und Funktionäre sind da inbegriffen.
Zudem gilt bei bundesweiten Teamsportveranstaltungen: Wenn die Sieben-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner in der Kommune des Austragungsortes am Tag vor der Veranstaltung 35 oder mehr beträgt und das Infektionsgeschehen nicht klar eingrenzbar ist, sind Zuschauer ausgeschlossen.
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Inwieweit eine Infektionsgefahr auf dem Spielfeld besteht, vermochte die Staatskanzlei auf Anfrage dieser Redaktion nicht zu beurteilen. Dort hieß es: „Von hier aus ist die Ansteckungsgefahr auf dem Spielfeld nicht einzuschätzen.“
Das sagt der Fußballverband
Wolfgang Jades, Vorsitzender des Verbandsfußballausschusses am Niederrhein, war auch am Tag nach der Entscheidung der Stadt Duisburg noch aufgebracht. „Das ist eine Entscheidung, die ich nicht verstehen kann. Hoffentlich folgen andere Städte diesem Beispiel nicht“, sagte Jades. Er betonte: „97 Prozent der gut 5500 Spiele im Niederrheinverband sind bisher ausgetragen worden. Legt man diese Spiele auf 11.000 beteiligte Teams mit mindestens 15 Spielern pro Team, dazu Funktionären und Zuschauern um, dann müssten wir ja angesichts von bestimmt 350.000 Beteiligter jede Menge Coronafälle im Fußballbereich haben. Dem ist aber nicht so.“
Dass es Einschränkungen für die Zuschauer geben soll, das kann er nachvollziehen. „Aber was tun wir dem Sport und der Gesellschaft mit dem Verbot an?“ Da in Duisburg am kommenden Wochenende keine Spiele stattfinden können, rät er den Vereinen zu einem Heimrechtausch. „Es gibt ja noch keine Grenzen zwischen den Städten“, so Jades.
Martina Ellerwald vom Mülheimer SportService sagt dazu: „Für den aktuellen Spieltag wäre das aufgrund der Kurzfristigkeit der Entscheidung machbar, langfristig kann das aber sicherlich nicht die Lösung sein.“ Auch bei den Vereinen regt sich Widerstand. Gerade die Duisburger Klubs befürchten eine Wettbewerbsverzerrung, da sie aktuell auch nicht trainieren dürfen. Deshalb haben sie sich auch für den anstehenden Spieltag gegen den Heimrechttausch ausgesprochen.
Das sagt der Handballverband
„Die Lage ist hoffnungslos“, sagte Klaus Küsters, Vorsitzender des Handballkreises Rhein-Ruhr bereits am Donnerstagmorgen. Am Abend war dann klar: Der Handball ruht in den kommenden Wochen. Der Handballverband Niederrhein (HVN) hat den Spielbetrieb bis einschließlich zum 15. November ausgesetzt.
„Wir werden in den kommenden Wochen hoffentlich weitere verlässliche Informationen sammeln und schauen, wie es danach weitergeht“, sagte Verbands-Präsident Ernst Wittgens. Zuvor hatten die Gremien getagt und sich letztendlich der Entscheidung des Handballverbandes Mittelrhein angeschlossen, der bereits am Mittag die Unterbrechung verkündet hat. Das Meinungsbild unter den Vereinen sei zuvor durchaus gemischt gewesen.
So reagiert der Hockeyverband
Eigentlich hätte am Samstag und Sonntag die Endrunde der weiblichen Jugend B beim Club Raffelberg in Duisburg ausgetragen werden sollen. Das geht nun freilich auch nicht, stattdessen wird das Turnier beim HTC Uhlenhorst ausgetragen. Am Samstag stehen die beiden Halbfinalpartien an, am Sonntag, um 17 Uhr, das Finale. Das Spiel um Platz drei entfällt.
„Wir haben dem WHV angeboten, die Endrunde bei uns auszutragen, damit die Mädchen so ihre Saison beenden können“, sagt Andrea Bosserhoff, Betreuerin der Uhlenhorster B-Jugend. Um 13 Uhr treffen am Samstag der Club Raffelberg und Rot-Weiss Köln aufeinander, um 15.30 Uhr spielt dann Uhlenhorst gegen den Kahlenberger HTC.
Das sagt die Stadt Mülheim
Zunächst einmal bleibt es bei den bisherigen Maßnahmen. „Nach aktuellem Stand müssen wir den Kontaktsport nicht einstellen“, sagt Martina Ellerwald, Leiterin des Mülheimer SportService. Auf den Mülheimer Sportanlagen und in den Hallen dürfen sich am kommenden Wochenende 100 Personen aufhalten – inklusive Spieler, Trainer und Offiziellen. Der HTC Uhlenhorst und der VfB Speldorf haben sich beispielsweise dafür entschieden, ihre Spiele ohne Zuschauer auszutragen.
Das sagt die Stadt Bottrop
„Wir verfolgen natürlich auch das Geschehen in Duisburg, haben das zur Kenntnis genommen und beobachten die Lage ganz genau. Wir Sind in Gesprächen mit den Vereinen, die im zuschauerrelevanten Bereich spielen, halten da den Draht kurz und tauschen uns aus“, sagt Henning Wiegert vom Sport- und Bäderbetrieb.
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„Natürlich beobachten wir auch die Inzidenz. Das macht auch der Krisenstab der Stadt Bottrop und von ihm gibt es noch keine Info, dass es Konsequenzen gibt. Solange sich der Wert einpendelt – und der liegt ja hier um die 50 – sehen wir aktuell keine weiteren Maßnahmen. Aber das ist natürlich nur eine Momentaufnahme. Wenn die Zahl weiter steigt, könnten auch Maßnahmen getroffen werden. Das ist der berühmte Blick in die Glaskugel“, Wiegert, der auch den vorsichtigen Umgang der Vereine lobte.
Als Beispiele nannte er den SV Vonderort, der zuletzt als Vorsichtsmaßnahme auf die Austragung von Spielen verzichtete, den VfL Grafenwald, der erst einmal keine Freundschaftsspiele mehr absolvieren möchte oder Fortuna Bottrop, dass sich schon Gedanken über verschiedene Lösungen in der Zuschauer-Frage macht.