Düsseldorf. Tim Oberdorf schaffte es von der TSG Sprockhövel in den Profifußball. Er redet im Interview auch über die TSG-Zeit, Zufälle und Fortuna.

Aus der Jugend der TSG Sprockhövel schaffte es Tim Oberdorf bis in die 2. Bundesliga bei Fortuna Düsseldorf. Im Interview verrät er, warum er sich das langfristige Planen abgewöhnt hat und warum er nicht mehr an den Profifußball glaubte.

Tim Oberdorf, ein Versprechen vorab. Heute kommt keine Frage zu ihrer Schwester Lena.

Okay (lacht). Ja, das passiert häufiger. Aber damit habe ich gar kein Problem, bin da ganz offen.

Mittlerweile sind Sie im Profifußball angekommen. Aber wie geht diese Geschichte überhaupt los?

Ich bin in Hagen geboren, aber in Gevelsberg aufgewachsen. Mit dem Fußball angefangen habe ich bei den Bambinis des TuS Ennepetal. Mein Papa war dort im Verein tätig, da war der Weg dahin kurz.

Tim Oberdorf: Vom TuS Ennepetal und der TSG Sprockhövel zum Profifußball

Bis 2010 blieben Sie in Ennepetal. Dann folgte der Wechsel zur TSG Sprockhövel. Warum?

Unsere Mannschaft beim TuS hatte sich aufgelöst. Über den Verbands-Stützpunkt hatte ich mitbekommen, wie es bei anderen Vereinen läuft und auch den Kontakt nach Sprockhövel. In der D-Jugend bin ich dann zur TSG gegangen.

Wenn Sie beim Stützpunkt trainierten, war ihr Talent also schon damals zu erkennen.

Ja, ich war wohl nicht ganz blind (lacht).

War dementsprechend auch der Glaube an eine Profikarriere groß?

Mit elf und zwölf Jahren träumt man schon davon, aber mit zunehmendem Alter hatte ich eigentlich relativ früh mit dem Gedanken abgeschlossen. Ich habe in Sprockhövel gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat. In der B- und in der A-Jugend haben wir auch nur in der Landesliga gespielt. Das ist schon etwas anderes als in den Nachwuchsleistungszentren.

2020 spielte Tim Oberdorf schon bei Fortuna Düsseldorf. Im Oktober war er aber bei einem Fußballferiencamp wieder in Sprockhövel zu Gast.
2020 spielte Tim Oberdorf schon bei Fortuna Düsseldorf. Im Oktober war er aber bei einem Fußballferiencamp wieder in Sprockhövel zu Gast. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Dennoch ist es ambitionierter Amateurfußball in Sprockhövel. Zur Saison 2015/2016 wechselten Sie aus dem Jugend- in den Seniorenbereich, spielten das erste Mal in der Oberliga und waren direkt Stammspieler und stiegen am Ende der Saison in die Regionalliga auf.

Ja, das war für uns eine sehr besondere Situation. Wir sind mit zwölf Spielern aus der U19 in die erste Mannschaft gekommen. Es war super, dass der Verein uns die Möglichkeit gegeben hat, mit einer halben U19 in der Oberliga zu spielen. Das ist nicht selbstverständlich. An den ersten Spieltag kann ich mich noch sehr gut erinnern.

Inwiefern?

Wir spielten gegen Arminia Bielefeld II und verloren mit 1:4. Da haben wir uns in der Kabine danach alle erstaunt angeguckt und uns gefragt, ob das nun jede Woche so läuft, ob die Oberliga nicht zu viel für uns ist. Aber zum Glück lief es danach ja viel besser und wir sind sogar aufgestiegen. Das war eine tolle Zeit.

Eins ließen Sie damals aber noch vermissen: das Toreschießen. Ihre ersten Seniorentore bei der ersten Mannschaft erzielten Sie erst in der Saison 2017/2018, als die TSG schon wieder Oberliga spielte.

Wirklich? Hat das so lange gedauert? Das ist ja Wahnsinn

Ja, wobei man sagen muss, dass sie 2016/2017 auch drei Mal in der zweiten Mannschaft in der Kreisliga A zum Einsatz kamen und dabei drei Tore geschossen haben.

Na also (lacht).

Als Fortuna Düsseldorf anrief, kannte Tim Oberdorf die Nummer gar nicht

Und in der darauffolgenden Saison waren es dann auch schon vier Treffer in der Oberliga. Vielleicht ist die zweite Mannschaft von Fortuna Düsseldorf auch deshalb auf Sie aufmerksam geworden. Mit 21 Jahren wechselten sie in die Landeshauptstadt. Wie kam der Kontakt zustande?

Über Frank Schäfer vom Nachwuchsleistungszentrum. Er meldete sich damals kurz vor Saisonende bei mir. Ich war in der Universität und bin erst gar nicht rangegangen. In der Pause habe ich dann zurückgerufen, ohne zu wissen, wer drangeht. Die Nummer kannte ich nicht. Einen Tag später haben wir uns getroffen und dann ging alles sehr schnell.

Was war der größte Unterschied im Vergleich zu Sprockhövel?

Mit Sprockhövel spielte ich in der Regionalliga zum Beispiel gegen Rot-Weiß Oberhausen und Rot-Weiss Essen. Damals sagte ich, dass ich das auf jeden Fall wieder erleben möchte. Und das ging in Düsseldorf. Zudem hatte ich plötzlich viel mehr Trainer und Physios. Und natürlich war da auch mehr sportliche Qualität.

Das Verteidigen lag Tim Oberdorf schon immer.
Das Verteidigen lag Tim Oberdorf schon immer. © Funke Foto Services GmbH | Fischer

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Verfolgen Sie ihre Ex-Vereine aus Ennepetal und Sprockhövel noch?

Ich kenne die derzeitige Tabellensituation und habe auch noch zu ein paar Spielern Kontakt. Zum Beispiel habe ich zuletzt ein paar Spiele von Finn Heiserholt beim FC Lippstadt oder von Robin Benz bei Rot-Weiß Oberhausen gesehen.

Zweieinhalb Jahre spielten Sie in der Regionalliga. Wie gelang dann – mit 24 Jahren – der Sprung zu den Profis?

Die Regionalliga ging damals länger als die Saison der Profis. Als wir mit der zweiten Mannschaft in die Sommerpause gingen, fingen die Profis wieder an. Ich bekam einen Anruf von Thomas Kleine, dem Co-Trainer des damaligen Coaches Christian Preußer. Sie sagten mir, ich soll ins Trainingslager mitfahren aufgrund von Personalmangel. Der eine oder andere war angeschlagen und es gab Transfers auf meiner Position, die noch nicht durch waren. Ich ging davon aus, dass es eigentlich nur dafür gedacht war, um den Kader aufzufüllen. Aber dann hat es so gut funktioniert, dass Christian Preußer mir gutes Feedback gab und sagte, dass wir es einfach mal laufenlassen.

Mittlerweile sind sie fester Bestandteil der Zweitliga-Mannschaft, haben am 1. Dezember 2021 ihren Profivertrag unterschrieben. Hat sich seitdem viel verändert in ihrem Leben?

Nein, überhaupt nicht. Das meiste ist gleich geblieben. Natürlich steht man in der Öffentlichkeit, das ist schon etwas anderes als bei der zweiten Mannschaft. Beim Training schauen viel mehr Leute zu. Aber mein Privatleben bestand ja schon deutlich länger und vor dem, was in den vergangenen eineinhalb Jahren passiert ist. Da hat sich nichts geändert.

Konstanz soll in der Rückrunde dazu sorgen, sich oben festzusetzen

Die Fortuna gehört zur breiten Verfolgergruppe im Aufstiegsrennen der 2. Liga. Und das trotz eines extrem engen Kaders. Was ist in dieser Saison noch drin?

Es ist wirklich alles sehr nah beieinander. Wir hatten eine Siegesserie in der Hinrunde, da hat man gesehen, dass es gut funktionieren kann. Dann hatten wir aber wieder Spiele wie gegen Kaiserslautern oder Hannover, in denen wir leer ausgegangen sind. Gerade gegen Kaiserslautern hätten wir uns belohnen können. Das zeigt, dass noch Luft nach oben ist. Für die Rückrunde haben wir uns vorgenommen, deutlich konstanter aufzutreten. Wenn es eine Chance gibt, sich oben festzubeißen, wollen wir die nutzen.

Sie selbst kamen dabei als Innenverteidiger, als rechter Verteidiger und als defensiver Mittelfeldspieler zum Einsatz. Haben Sie dort Präferenzen?

Ich habe immer sehr viel Lust, auf dem Platz zu stehen. Wo genau, ist mir egal. Ich habe in den letzten Jahren häufig Innenverteidiger gespielt, aber wenn ich rechts hinten gespielt habe, hat mir das auch immer Spaß gemacht. Das habe ich zum Beispiel in Sprockhövel ja auch viel gespielt.

Ein Traum wäre sicherlich die Bundesliga. Haben Sie noch weitere?

Ich habe einfach nach wie vor richtig Spaß an dem, was ich mache. Das möchte ich so lange wie möglich tun und investiere dafür viel. Die letzten eineinhalb Jahre lief alles positiv, das hatte ich ja gar nicht so geplant. Daher habe ich mir abgewöhnt, etwas langfristig zu planen. Ich genieße es gerade einfach.

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