Gladbeck/Pyeongchang. . Die Gladbecker Bob-Anschieberin geht mit Stephanie Schneider von Rang drei aus ins Finale. Der Auftakt Dienstag war aber alles andere als perfekt
5,35 Sekunden! Rätselraten beim ZDF-Reporter, fragende Gesichter an der Bahn – das ist nicht die Startzeit, die von Annika Drazek und Stephanie Schneider erwartet worden ist. Für den Bob Deutschland 3, dessen Explosivität und Antrittsstärke Trumpfkarte sein sollte, wird der Start plötzlich zur Hypothek. Bitter für die Gladbeckerin Drazek, die ihrer Pilotin Schneider den nötigen Schwung für die Fahrt zur Olympiamedaille verleihen sollte.
Die, und das ist die gute Nachricht, ist für Schneider/Drazek auch auf jeden Fall noch greifbar. Nach den ersten beiden Läufen liegen sie auf dem Bronzerang. Ausgereizt haben sie ihr Potenzial lange nicht, da ist noch Luft nach oben – allerdings sitzt den beiden auch die Konkurrenz im Nacken.
Abstände nach vorne sind größer als nach hinten
Denn auf Rang fünf, nur vier Hundertstel hinter Schneider/Drazek, liegt die kanadische Olympiasiegerin Kaillie Humphries, dazwischen noch die starke US-Amerikanerin Jamie Greubel Poser. Nach vorne sind die Abstände größer.
23 Hundertstel vor Schneider/Drazek liegt die US-Amerikanerin Elana Meyers Taylor. Und ganz oben steht überraschend ein weiterer deutscher Bob: Pilotin Mariama Jamanka mit Anschieberin Lisa Buckwitz. Und deshalb ist der dritte Rang für Schneider/Drazek durchaus zwiegespalten zu sehen.
Jamanka liegt überraschend ganz vorne
Denn hinter Meyers Taylor zu liegen, das war einzukalkulieren. Die US-Amerikanerin stellte in beiden Läufen jeweils Startrekord auf (5,21 / 5,22 Sekunden) und konnte sich dadurch sogar einige Fahrfehler erlauben.
Dass allerdings Jamanka drei Zehntel vor den Teamkolleginnen liegt, ist fast sagenhaft – auch wenn der Startvorteil durch Annika Drazek nicht so groß war wie erwartet, war die Startzeit von Jamanka und Buckwitz noch leicht schlechter. Der Rückstand entstand also nicht am Start, sondern weiter unten im Eiskanal.
Schwache Startzeit im ersten Lauf wirft Fragen auf
Für Mittwoch heißt das: Es ist alles noch drin für Annika Drazek, von Rang eins bis Rang acht. Im Herren-Zweier am Montag fuhren Friedrich/Margis von Rang fünf auf Gold – mit 0,29 Sekunden Rückstand vor Lauf drei.
Bevor es heute ab 20.40 Uhr Ortszeit (12.40 MEZ) um Edelmetall geht, ist aber Analyse angesagt. Mit Blick auf Drazek sind natürlich die Startzeiten interessant. Besonders die 5,35 Sekunden im ersten Versuch warfen am Dienstag Fragen auf.
Trainer Preute: „Der erste Start war schlecht“
Nicht bei Heiner Preute. Annika Drazeks Trainer beim TV Gladbeck war selber Bobfahrer. Er weiß, worauf es ankommt, und sagt: „Der erste Start war schlecht.“ Schneider und Drazek gaben den ersten Impuls nicht synchron. „Steffi Schneider war etwas später, Annika ist dadurch voll gegen den stehenden Bob gerannt.“
Die zweite Startzeit dagegen lag für ihn eher im Rahmen des Erwartbaren – angesichts der Tatsache, dass Drazek durch Erkältung und Fußverletzung zuletzt mehrere Einheiten verpasst hatte. „So konnte sie eben keine Überleistung wie Meyers Taylor zeigen, sondern ,nur’ eine normale“, sagt Preute. Durch den besseren zweiten Lauf rückte das Team Schneider/Drazek von Rang vier auf den Bronzeplatz vor.
„Zusammenreißen und auf Angriff fahren“
Dass beide nicht ganz fit waren, bestätigte Schneider: „Wir haben beide in dieser Woche an unseren Körpern laboriert, hoffen, dass wir es morgen besser hinkriegen.“ Ihre Einschätzung zum Rennen? „Der zweite Start war schon deutlich besser, aber wir haben noch Luft nach oben. Wir müssen uns zusammenreißen und auf Angriff fahren.“
Startzeiten hin, Verletzungen her. Die Medaille ist zum Greifen nah. Nach dem zweiten Lauf standen Drazek und Schneider im Zielbereich. Als klar war, dass sie auf Rang drei vorrücken würden, packte Drazek ihre Pilotin bei den Schultern, redete eindringlich auf sie ein. Die Worte waren am Fernsehbildschirm nicht zu verstehen, Drazeks Blick und Körpersprache sprachen aber Bände. Diese Chance will sich die Gladbeckerin auf keinen Fall entgehen lassen.
>> DAS IST DIE AUSGANGSSITUATION:
Zwischenstand nach 2 von 4 Läufen:
1. Jamanka/Buckwitz (GER / 1:41.26 min);
2. Meyers Taylor/Gibbs (USA / +0.13 sec.);
3. Schneider/Drazek (GER / +0.30 sec.);
4. Greubel Poser/Evans (USA / +0.32 sec.);
5. Humphries/ George (CAN / +0.34 sec.);
6. McNeill / Moore (GBR / +0.44 sec.);
7. Rissling/Moyse (CAN / +0.48 sec.);
8. De Bruin/Lotholz (CAN / +0.57 sec.) ...
12. Köhler / Nolte (GER / +1.15 sec.).
3./4. Lauf: Mittwoch ab 12.40 Uhr MEZ, live im ZDF.