Seit mehr als zehn Jahren träumt die Gladbeckerin von Olympia. Dienstag startet sie im Bob in Südkorea – auf ihr ruhen die deutschen Hoffnungen.

Die Tafel mit den Zeiten auf der Bobbahn von Pyeongchang sieht schon mal gut aus am Montagmittag. Schneider/Drazek steht ganz oben – Bob Deutschland 3 mit der Gladbeckerin Annika Drazek als Anschieberin hat die beste Zeit im Abschlusstraining. Wenn er das nächste Mal den Eiskanal hinabdonnert, geht es um Edelmetall.

Nicht, dass man Trainingszeiten überbewerten sollte. Viele Nationen nehmen nicht ihr bestes Material, legen noch nicht alle Karten offen. Dass der deutsche Bob trotzdem ganz vorne mitfahren soll, ist kein Geheimnis.

Sotschi-Debakel soll sich nicht wiederholen

Gelb mit schwarzen Flammen: Der Bob Deutschland 1.
Gelb mit schwarzen Flammen: Der Bob Deutschland 1.

Die Maßgabe für das Bobteam Deutschland im Olympic Sliding Centre war klar: Das Null-Medaillen-Debakel von Sotschi soll sich nicht wiederholen. Die Herren haben Montag schon Gold geholt. Jetzt dürfen die Frauen nachlegen.

Um die besten Medaillenchancen zu haben, hat Bundestrainer René Spies klargemacht: Die beste Pilotin fährt mit der besten Anschieberin. Letztere ist Annika Drazek. In Deutschland eindeutig, vielleicht sogar auf der ganzen Welt. Auch wenn keine deutsche Pilotin konstante Weltklasse-Leistungen zeigen kann wie Kaillie Humphries (Kanada) oder Elana Meyers Taylor (USA): Annika Drazek ist der X-Faktor, mit dem der gelbe Bob mit den schwarzen Flammen auf der Seite Medaillenchancen hat.

Schneider und Drazek als explosives Start-Duo

Annika Drazek mit Trainer Heiner Preute während der Sommervorbereitung
Annika Drazek mit Trainer Heiner Preute während der Sommervorbereitung

Drazek fährt mit Stephanie Schneider, die die explosivste, antrittsstärkste Pilotin ist. Sie ist dafür bekannt, „volle Pulle“ (Drazek) zu fahren, hohes Risiko zu gehen. Die beiden sind immer für einen Startrekord gut, oben sollte der Schlitten mindestens gleichauf mit den Nordamerikanerinnen liegen.

Die erste große Prüfung wartet dann in Kurve 2. Kritisch wird auch für die Bob-Fahrerinnen die in der ersten Olympia-Woche bei den Rodel-Wettbewerben berühmt-berüchtigte Kurve 9. An der Pilotin aus dem Erzgebirge liegt es, den Bob fehlerfrei nach unten zu bringen – und das gleich vier Mal.

Drazek hat schon Goldmedaillen mitgefeiert

Am Dienstag (20.50 Uhr Ortszeit/12.50 Uhr MEZ) wird die Basis gelegt, Mittwoch geht es um die Medaillen (ab 20.40/12.40 Uhr). So eine mit nach Hause zu bringen, ist Drazeks erklärtes Ziel.

Wie sich das anfühlt, das durfte Drazek in den vergangenen Tagen immerhin erahnen. Sie dekorierte im olympischen Dorf für die Party der Rodel-Doppelsiegerinnen Geisenberger und Eitberger. Am Wochenende holte Drazeks Arbeits- und Vereinskollegin und Freundin Jacqueline Lölling Silber im Skeleton. „Komplette Ausrastung!“, verkündete Drazek auf Instagram. Die Medaillenzeremonie kommentierte sie fast andächtig: „Ist das geil.“

Schon mit 10 Jahren träumte Drazek von den Spielen

Übrigens: Im Februar 2006 berichtete die WAZ Gladbeck zum ersten Mal groß über die damals 10-jährige Drazek. „Olympia soll es sein“, war der Bericht übertitelt. „Gegen internationale Athleten will ich antreten, nicht immer nur TV gegen VfL“, sagte Drazek.

Nach WM-Silber 2015 erklärte sie ganz selbstbewusst Pyeongchang zu ihrem Ziel, da saß sie gerade eine Saison lang im Bob.

Und jetzt ist sie dort. „Am Ende geht es um eine Medaille im Februar – die Olympischen Spiele sind der einzige Maßstab in dieser Saison“, sagte Drazek Anfang Dezember 2017, als sie auf ihre Ziele für diesen Winter angesprochen wurde. Eine ganze Saison, eigentlich eine ganze Karriere lang hat Annika Drazek auf diesen Tag hingearbeitet.

Es ist Zeit, noch mehr Träume wahr werden zu lassen.