Nach einem 2:3-Rückstand nach dem ersten Drittel drehen die Moskitos das Ergebnis im zweiten Abschnitt auf 5:3. Kurz vor Ende der Drittelpause sickert im VIP-Raum der Eissporthalle durch, dass in der Kabine der Eisbären sämtliche Wertgegenstände gestohlen worden sein sollen. Das ist etwa um 20.20 Uhr. Die Polizei wird gerufen, das Spiel bleibt nach Ablauf der zweiten Drittelpause unterbrochen.

Ab diesem Punkt gibt es intensive Gespräche und Diskussionen zwischen Vereinen, Schiedsrichtern und auch dem DEB. Kann oder muss das Spiel fortgesetzt werden? Währenddessen nimmt die Polizei den Fall auf, unter anderem die Personalia der geschädigten Eisbären-Spieler.

Um spätestens 21.05 Uhr soll es weitergehen, bis dahin haben die Hammer Spieler Zeit, auf das Eis zurückzukehren, um die Begegnung fortzusetzen. Die Moskitos-Mannschaft ist bereits fünf Minuten früher wieder bereit, auf die Eisbären warten Zuschauer und Schiedsrichter vergeblich. Dafür gibt es zunächst eine Zeitstrafe gegen die Bank wegen Spielverzögerung. Laut Spielbericht wird Hamm-Trainer Casey Fratkin aufgefordert, seine Mannschaft auf das Eis zu holen. Als das nicht passiert, brechen die Schiedsrichter das Spiel um 21.10 Uhr ab.

Wie waren die ersten Reaktionen auf den Abbruch?

Bei den Essener Fans herrschte Jubel über das Endergebnis - „Hey, wir wollen die Eisbären sehen“, hatten sie während der Spielunterbrechung gesungen. Die Fans feierten ihre Mannschaft, die Moskitos-Offiziellen wollten möglichst wenig zu den Vorkommnissen sagen. Trainer Albrecht meinte: „In der Gästekabine ist natürlich etwas Unschönes passiert, wozu wir uns aber noch nicht äußern können, weil es ein Sachverhalt für die Polizei ist.“ Er hoffe, dass alle Spieler ihre Sachen wiederbekämen.

„Erschüttert“ zeigte sich Moskitos-Geschäftsführer Thomas Böttcher. Die Punkte müssten aber die Moskitos bekommen. Umso größer war der Ärger auf Hammer Seite: In Sozialen Netzwerken äußerten sich viele Fans wütend über das Verhalten der Moskitos und auch darüber, dass in der Essener Halle offenbar geklaut werde.

Eisbären-Coach Casey Fratkin hielt auf der Pressekonferenz eine Wutrede. Unter anderem sagte der 35-Jährige: „Ich weiß nicht, ob sie sich hier in Essen kein Sicherheitspersonal leisten können, aber es wäre schön, wenn genug Ordner da wären, um die Kabine während des Spiels im Auge zu behalten.“ Er attackierte auch die Moskitos-Verantwortlichen scharf, sprach von einer „Schande“. Moderator Michael Witte verzichtete darauf, das Trainer-Statement zu übersetzen. Die Moskitos prüfen rechtliche Schritte gegen die Aussagen des Trainers.

Wie wird das Spiel nach dem Abbruch gewertet? DEB äußert sich

Das ist unklar - der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) muss bei diesem einmaligen Vorfall entscheiden. Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass die Moskitos die drei Punkte bekommen, da die Hammer Eisbären für den Abbruch verantwortlich sind. Die Schiedsrichter setzten den Gästen eine Frist, um zum Schlussdrittel auf das Eis zu kommen. Diese ließ Hamm verstreichen und erzwang so den Spielabbruch. Dafür spricht auch, dass der Schiedsrichter während der Unterbrechung mit der Liga-Leitung in Kontakt stand und danach entschied, das Spiel fortzusetzen.

Thomas Böttcher äußerte sich gegenüber der WAZ am Neujahrstag deutlich: „Aus meiner Sicht hat der DEB gar keine andere Möglichkeit, als das Spiel für Essen zu werten. Der Verband muss sich schließlich an seine eigene Spielordnung halten.“

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Panagiotis Christakakis, Kaufmännischer Leiter DEB-Ligen, erklärte am Dienstagvormittag auf Nachfrage dieser Redaktion: „Bei solchen Entscheidungen werden wir keinen Schnellschuss machen. Wir sammeln nun Stellungnahmen in schriftlicher Form ein. Alle Beteiligten bekommen die Möglichkeit sich zu äußern, damit wir uns ein gutes Gesamtbild verschaffen können.“ Am Donnerstag sagte Christakakis, dass mit einer Entscheidung hinsichtlich der Wertung in der kommenden Woche zu rechnen sei.

Grundlage für die Entscheidung wird neben der Spielordnung der Spielbericht sein, der unserer Redaktion vorliegt. Darin sind sowohl die Strafe für Hamm wegen einer Spielverzögerung als auch der Spielabbruch vermerkt. In dem bei einem Abbruch erforderlichen Zusatzbericht geben die Eisbären eine Begründung für ihre Entscheidung ab: Die Spieler seien nach dem Diebstahl nicht mehr auf das Spiel fokussiert gewesen, sondern hätten SIM- und Bankkarten sperren lassen müssen. Sie seien mental nicht in der Lage gewesen, auf das Eis zurückzukehren, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. Außerdem habe die Aufnahme der Personalia durch die Polizei bis 21.05 Uhr gedauert - als eigentlich das Spiel schon weitergehen sollte.

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Wie konnte es zu dem Diebstahl kommen? Wer trägt Verantwortung?

Darüber gehen die Meinungen weit auseinander zwischen den beiden Seiten. Hamms Trainer Fratkin beschuldigte auf der Pressekonferenz die Moskitos, keine Sicherheitskräfte und Schlüssel bereitgestellt zu haben. Im Zusatz-Spielbericht steht auch, dass den Gästen kein Schlüssel für die Kabine ausgehändigt worden sei - von Essener Seite heißt es, die Hammer hätten den Schlüssel nicht abgeholt.

Unklar ist noch, wie die Diebe sich Zutritt verschaffen konnten, ohne dem von den Moskitos beauftragten Sicherheitspersonal aufzufallen. Die Gästekabine hat allerdings nicht nur den Ausgang in die Halle, sondern auch einen direkte Tür nach draußen, die offenbar nicht bewacht wird. Nach Sicht der Eisbären hätte die Kabine besser gesichert sein müssen. Aus Essener Kreisen ist dagegen zu hören, dass Türen der Gästekabine offenstanden - dann hätten Diebe leichtes Spiel gehabt. In einem Interview gegenüber Radio Essen äußerte Moskitos-Vorstand Böttcher die Möglichkeit, eine Kabinentür sei nicht verschlossen gewesen - das gelte es nun herauszufinden.

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In einem Statement weisen die Moskitos am Tag nach dem Vorfall die Verantwortung von sich:

„Die Heimvereine sind laut Regelwerk für die Durchführung des Spielbetriebs verantwortlich. Eine Verpflichtung zur Absicherung der Gästekabine ist darin nicht vorgesehen. Während des Spielbetriebs trägt das jeweilige Gästeteam die Verantwortung für die eigene Kabine. Ein Kabinenschlüssel ist für Gästemannschaften beim diensthabenden Eismeister der Eissporthalle Essen-West erhältlich. (...) Der Zugang über den Innenbereich der Eissporthalle zum Kabinentrakt wird durch das ehrenamtliche Ordnungspersonal der Moskitos Essen überwacht. Auch bei besagtem Spiel waren alle Positionen durch Personal besetzt, teilweise sogar über die geltenden Vorgaben hinaus.“ Alles weitere sei Thema der laufenden Ermittlungen.

Was steht in der Eishockey-Spielordnung?

Am Ende läuft es auf die Frage hinaus, ob der Deutsche Eishockey-Bund der Ansicht ist, dass die Hammer Eisbären hätten weiterspielen können - oder ob die Essener möglicherweise ihre Pflichten als Gastgeber verletzt haben, die in der Spielordnung festgehalten sind.

Diese Paragraphen sind mit-entscheidend für die Spielwertung:

Unterbrechungen und Abbrüche: In Artikel 27, Absatz 1 ist festgelegt, dass ein aufgrund widriger Umstände unterbrochenes Spiel frühestens nach 45 Minuten abgebrochen werden darf. Bei Zuschauer-Ausschreitungen darf die Partie unterbrochen werden, aber: „Ein Spielabbruch soll nur erfolgen, wenn die Fortsetzung des Spiels, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten durch den Veranstalter unter tätiger Mithilfe des Gastclubs (...) nicht möglich ist.“

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Ordnungspersonal: In Artikel 26 heißt es unter anderem: „Der Veranstalter bzw. Ausrichter hat für ausreichendes Ordnungspersonal sowie für reibungslosen Zu- und Abgang der Mannschaften, Schiedsrichter und Offiziellen (von und zu den Kabinen und den Transportmitteln) zu sorgen.“ Wenn das nicht gegeben sei, dürfen die Schiedsrichter das Spiel nicht anpfeifen bzw. müssen es abbrechen. In diesem Fall soll das Spiel gegen den Heimverein gewertet werden (Art. 27). Eine Pflicht zur Bewachung der Gästekabine wird allerdings zumindest nicht explizit erwähnt.

Spielwertung: In Artikel 24, Absatz 3 der Spielordnung des Deutschen Eishockey-Bunds ist festgelegt, wie es nach einem Spielabbruch weitergeht. Ein Meisterschaftsspiel wird als verloren gewertet ...

• „bei Spielabbruch durch Zuschauerausschreitungen“ (3.1)
• „bei Spielabbruch durch eine Mannschaft oder bei Spielabbruch durch den/die Schiedsrichter, wenn eine Mannschaft oder ein Club oder einem der beiden Beteiligten eindeutig zuzuweisende Zuschauer diesen verschuldet“ (3.2)

Abgebrochene Spiele werden in der Regel mit dem Ergebnis 5:0 gewertet.

Wie ermittelt die Polizei?

Die Polizei wurde am Montagabend in die Halle gerufen, zwei Beamte waren vor Ort, bevor das Spiel abgebrochen wurde. Die Kriminalpolizei hat den Fall übernommen, einen Tatverdächtigen gibt es aber noch nicht. Demnach wurden mehrere Smartphones gestohlen. Die Strafanzeige wird aufgrund der anstehenden Silvesternacht vermutlich erst am Donnerstag von der Kripo bearbeitet.

Wie äußern sich die Vereine?

Beide Klubs waren nach dem Spiel zunächst mit der Aufarbeitung beschäftigt. Am Dienstagnachmittag meldeten sich beide Klubs mit Stellungnahmen zu Wort.

Die Moskitos haben am Dienstag um 14 Uhr auf ihrer Website und in den Sozialen Medien ein ausführliches Statement veröffentlicht, in dem sie Verantwortung für den Diebstahl von sich weisen.

Dort heißt es auch: „Etwaige Schuldzuweisungen und fehlerhafte Behauptungen tragen nicht zur Aufklärung bei. Dazu gehören auch verschiedene Aussagen des Gästetrainers Casey Fratkin, die der Verein entschieden zurückweist. Das Ordnungspersonal hat den Ablauf des Spielbetriebs reibungslos gewährleistet. Die Moskitos Essen halten sich strikt an das Regelwerk sowie an das für die laufende Saison optimierte Sicherheitskonzept. Die Sicherheit aller Gäste, der Mannschaften sowie deren Betreuungs- und Trainerstab, Fans und Mitarbeitenden hat für den Verein oberste Priorität.“

Der ESC distanziert sich aber auch von diffamierenden Fangesängen und ruft zu einem respektvollen Umgang in den Sozialen Medien auf.

In der Stellungnahme der Hammer Eisbären wird Geschäftsführer Martin Köchling zitiert: „Wir haben vollstes Verständnis für die Entscheidung der Mannschaft das Spiel nach den Vorfällen nicht fortsetzen zu wollen. Jeder Spieler hat in dieser Situation an alles gedacht, aber nicht an Eishockey. Wir stehen voll hinter dieser Entscheidung und werden nun abwarten wie der Verband entscheidet.“ Mit einer Wertung habe man sich nicht beschäftigt.

Weiter heißt es: „Es handelt sich aktuell um ein laufendes strafrechtliches Verfahren und wir werden uns als Verein nicht an möglichen Spekulationen beteiligen. Dazu gehören zum Beispiel auch die Umstände wie der oder die Täter in die Kabine gelangen konnten. Beide Vereine werden die Geschehnisse im Hintergrund versuchen gemeinsam aufzuarbeiten. Im Endeffekt handelt es sich um Kriminelle, die einen schönen Eishockeyabend zerstört haben.“

Wie geht es in der Eishockey-Oberliga weiter?

Eine lange Pause gibt es nicht. Schon am Freitag wird wieder gespielt: Die Moskitos sind dann zu Gast zum Revierderby beim Herner EV (20 Uhr/WAZ-Liveticker), der nach vier Niederlagen am Montag gegen Spitzenreiter Tilburg wieder einen Punktgewinn bejubeln durfte. Die Hammer Eisbären sind ebenfalls Freitag um 20 Uhr im Einsatz, dann bei den Rostock Piranhas. Die wiederum kommen dann am Sonntag (18.30 Uhr) zum nächsten Moskitos-Heimspiel an den Westbahnhof.

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