Essen. Essener Brustschwimmer ist an Olympia-Norm gescheitert. Nun überlegt er, wie es weitergehen soll. Ein Erfolg bei der EM könnte ihm helfen.

Der Fokus wird noch einmal neu ausgerichtet oder besser, nachjustiert. Max Pilger (25) von der SG Essen startet an diesem Mittwoch bei den Schwimm-Europameisterschaften in Budapest über die 200 Meter Brust und wird natürlich alles geben. Aber die Enttäuschung schwimmt mit. Am liebsten wäre er in Ungarn gar nicht erst dabei, sondern im Juli zu den Olympischen Spielen nach Tokio geflogen.

Max Pilger hat es nicht geschafft. Er war schnell, aber dennoch ein wenig zu langsam und ist an in der Qualifikation in Berlin an der Norm gescheitert. Nun erlebt er auch die Schattenseite der Medaille. Nach Jahren harter Arbeit fühlt es sich manchmal so an, als hätte man einige Zeit seines Lebens vergeudet.

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Tokio bleibt für Max Pilger ein Traum

Tag für Tag hat Pilger sich im Training gequält, hat Entbehrungen auf sich genommen. Einfach mal Party machen? Gibt’s nicht für einen Spitzensportler, bei dem es im Rennen auf Hundertstel-Sekunden ankommen kann. Alles nur, um einmal bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Tokio ist für den jungen Mann ein Traum geblieben.

„In den letzten Wochen ging es mir nicht so gut“, gibt Max Pilger zu. „Es war schon eine riesige Enttäuschung.“ Nun gilt es, diese bittere Niederlage zu verarbeiten, eine Niederlage, die sicher nicht mit der im sportlichen Alltag zu vergleichen ist. „Natürlich fällt man da in ein emotionales Loch, aber Max hat die Situation sehr professionell angenommen“, findet seine Trainerin Nicole Endruschat.

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Es ist wieder der Kämpfer gefordert

„Es geht schon wieder“, bestätigt Pilger, der sich aber schon einen Kopf macht. „Ich bin nicht der Typ fürs Frustsaufen.“ Obwohl er es wohl liebend gern getan hätte. Doch wieder ist der Kämpfer gefordert. „Ich gehe diesen Wettkampf mit einer gewissen Vorfreude an. Und eine EM ist ja bei weitem auch nicht das Schlechtes.“

Vor allem bietet sich ihm die Chance, den Frust möglichst schnell mit einem Erfolgserlebnis zu vertreiben. „Ich bin guter Dinge, ich fühle mich ganz gut.“ Die Form von der Olympia-Qualifikation Anfang April könne man in dieser relativ kurzen Zeitspanne noch ganz gut halten. Es war knapp in Berlin, Pilger gewann zwar das Rennen, aber gut sieben Zehntel fehlten ihm zur Norm. Die persönliche Bestzeit von 2019, als er später bei der WM im südkoreanischen Gwangju startete und danach Deutscher Kurzbahn-Meister wurde, hätte gereicht.

Pilger muss nach der EM nach vorn blicken

„Ich muss nach vorn blicken“,, macht sich Max Pilger Mut. Der BWL-Student kann nun die Klausurphase an der Uni mitnehmen und dürfte somit schon in einem Jahr seinen Bachelor machen. Doch die Kernprüfung steht ihm bei der EM noch bevor. Wie geht es weiter?

Macht die Schwimmerei überhaupt noch Spaß und schafft man es, sich noch einmal zu motivieren -möglicherweise bis zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris? „Ich werde mir nach der EM ein paar Wochen Zeit nehmen und dann eine Entscheidung treffen, hinter der ich zu 100 Prozent stehe.“ Sich nur noch über die Runden zu quälen, mache jedenfalls keinen Sinn. „Aber das Schwimmen ist ist auch von klein auf ein großer Teil seines Lebens.“ Seine Mutter hatte ihn schon als Baby regelmäßig mit ins Schwimmbad genommen.

Tokio bleibt ein Traum: Für Kathrin Demler von der SG Essen ist die EM-Teilnahme aber trotzdem ein Erfolg.
Tokio bleibt ein Traum: Für Kathrin Demler von der SG Essen ist die EM-Teilnahme aber trotzdem ein Erfolg. © Michael Gohl

Noch ist über die Richtung nicht entschieden

Mal sehen, wie es in Budapest läuft. Eine neue Bestzeit, die für Tokio gereicht hätte, womöglich eine super Platzierung, das alles könnte die Entscheidung puschen und beeinflussen. „Natürlich würde ich mich dann auch fragen, warum nicht vier Wochen früher? Aber ich wüsste zumindest, dass ich es draufhabe. Allerdings könnte es auch in die andere Richtung gehen.“

Kathrin Demler von der SG Essen hat wie ihr Teamkollege Max Pilger die Olympianorm knapp verpasst. Die Schwimmerin, die lange Zeit in den USA trainierte, hat sich nahezu sensationell entwickelt und diese Fortschritte auch auf den Punkt bei den Qualifikationswettkämpfen ins Wasser gebracht. Trotzdem hat es nicht gereicht.

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Der Anspruch bestimmt die Gemütslage

Über 200 Meter Lagen schrammte die Essenerin in 2:12,12 Minuten nur 2,2 Zehntel am Ziel vorbei. „Sie war mit einer Hand dran“, erinnert sich Trainerin Nicole Endruschat. Diese Leistung hatte man ihr vor ein, zwei Jahren kaum zugetraut, aber Demler hat bewiesen, dass sie hart an sich arbeiten kann.

Der Anspruch beeinflusst die Gemütslage. Trotz Enttäuschung über die verpasste Chance, hat sie auch Grund, happy zu sein. Für sie ist die EM in der offenen Klasse der erste internationale Titelkampf überhaupt, sieht man einmal von der Teilnahme an der Universiade ab.

„Den EM-Start kann man bei ihr eher als Erfolg bewerten“, meint Endruschat. Kathrin Demler startet an diesem Mittwoch über die 200 Meter Schmetterling, verzichtet dafür auf die 200 Meter Freistil, die am gleichen Tag laufen. Am Freitag finden die 200 Meter Lagen statt.