Kirchhellen. Bei einem Bezirksligaspiel in Bottrop kommt es zu Sachbeschädigungen und Handgreiflichkeiten. Zuschauer sollen rassistisch geworden sein.

Das 1:1 zwischen dem VfB Kirchhellen und dem SC Hassel wurde am Sonntag nach dem Schlusspfiff durch Ausschreitungen überschattet. Es kam zu Körperverletzungen, Beleidigungen und Sachbeschädigungen. Der VfB Kirchhellen erhebt jetzt schwere Vorwürfe gegen Spieler, Offizielle und Zuschauer des SC Hassel. Der Gelsenkirchener Verein wirft seinem Gegner Rassismus vor.

Lambert Bergemann ahnte, dass der Schlusspfiff nicht das Ende bedeuten würde. In der hitzigen Schlussphase seien eine Handvoll Gelsenkirchener Zuschauer einige Male wild gestikulierend und brüllend Richtung Spielfeld gelaufen. „Es war hitzig, ich wollte, dass unsere Ordner nach dem Schlusspfiff die Sicherheit des Schiedsrichters sicherstellen“, erklärt der Vorsitzende des VfB Kirchhellen.

Schiedsrichter macht nur einen einzigen Zusatzeintrag in den Spielbericht

Das sei auch gelungen. Doch die Wut der Hasseler über die verlorene Tabellenführung habe sich nach dem Spiel auf die Fußballer des VfB entladen. Spieler und ein gutes Dutzend Zuschauer, aber auch Offizielle des SC Hassel wie Co-Trainer Salih Türkgeldi seien auf die Kirchhellener Mannschaft losgegangen. „Es wurde geschlagen und getreten. Das habe ich genau gesehen“, sagt Bergemann.

Türkgeldi räumt ein: „Ich habe einen Kirchhellener weggeschubst, der einen unserer Spieler anging. Das war ein Fehler. Das gebe ich zu. Mehr war da aber nicht.“ Dem Vorwurf, er sei auch mit Kirchhellens Trainer Martin Stroetzel aneinander geraten, widerspricht er jedoch: „Das ist einfach nicht wahr.“

„Ich habe einen Kirchhellener weggeschubst, der einen unserer Spieler anging. Das war ein Fehler. Das gebe ich zu. Mehr war da aber nicht.““

Salih Türkgeldi
Co-Trainer des SC Hassel

Was Bergemann kurz nach Spielende überhaupt nicht nachvollziehen konnte: „Der Schiedsrichter hatte die gleiche Sicht wie ich. Er stand direkt neben mir, wollte von diesen Szenen aber nicht viel gesehen haben. Er hat am Ende nur ein einziges Vergehen zusätzlich in den Spielbericht aufgenommen.“ Bergemann habe dagegen genau gesehen, wie Spieler des VfB Schläge kassierten, merkte sich die Rückennummern der Angreifer.

Spieler des SC Hassel demoliert Plexiglasscheibe der Ersatzbank

Bergemann registrierte schon während des Spiels, wie ein Hasseler Spieler mit einem Schlag die Plexiglasscheibe der Ersatzbank demolierte und konfrontierte direkt vor Ort Hassels Vorsitzenden Jörg Böving: „Er hat das ebenfalls gesehen und es auch eingeräumt. Er hat mir gesagt, ich solle ihm die Rechnung dafür schicken“, so Bergemann.

Die Verantwortlichen des SC Hassel schilderten die Szenen nach dem Schlusspfiff anders. Es sei schon während der Partie zu rassistischen Äußerungen aus dem Zuschauerraum gekommen, erklärte Enis Ayyildiz. Der Trainer sagt: „Ich bin direkt nach dem Spiel zu meinem Trainerkollegen Martin Stroetzel gegangen und habe mich für dieses mitreißende Fußballspiel bedankt. Aber dann ist es um uns herum eskaliert.“

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Ayyildiz weiter: „Wir können uns nicht davon freisprechen, dass sich einige unserer Spieler und Zuschauer falsch verhalten haben, aber zur Wahrheit gehört auch, dass auch der VfB Kirchhellen daran beteiligt war. Ich habe gesehen, wie ein Ordner einen meiner Spieler mit dem Ellbogen gestoßen hat, ein Spieler des VfB hat einen meiner Jungs an den Hals gefasst und zu Boden gedrückt.“

„Jeder Kirchhellener weiß, was ihm blüht, wenn so etwas passiert. Das tolerieren wir nicht. Wer in dieser Form ausfallend wird, fliegt direkt von unserer Sportanlage.“

Lambert Bergemann
Vorsitzender des VfB Kirchhellen

Ayyildiz habe während des Tumultes alles in seiner Macht Stehende getan, um zu deeskalieren: „Mir ist bewusst, dass ich als Trainer eine Vorbildfunktion habe. Und der bin ich auch nachgekommen.“ Das bezieht Ayyildis auch auf die Äußerungen, die schon während des Spiels von Zuschauerseite gekommen seien: „Ich bin das ganze Spiel über ruhig geblieben und habe auch meine Mannschaft aufgefordert, ruhig zu bleiben. Ich will nicht wörtlich wiederholen, was da gesagt wurde. Das wäre nur Salz auf die Wunde. Aber wir wurden rassistisch angepöbelt, das ist Fakt.“ 

VfB Kirchhellen widerspricht Rassismus-Vorwürfen entschieden

Dem Rassismus-Vorwurf widerspricht Bergemann entschieden: „Ich war das ganze Spiel über vor Ort und ganz in der Nähe der Hasseler Bank. Es kamen Sprüche von der Tribüne, aber keine rassistischen Beleidigungen. Jeder Kirchhellener weiß, was ihm blüht, wenn so etwas passiert. Das tolerieren wir nicht. Wer in dieser Form ausfallend wird, fliegt direkt von unserer Sportanlage. Hätte es rassistische Äußerungen gegeben, dann wären wir mit unseren Ordnern eingeschritten.“

Die Rassismus-Vorwürfe von Ayyildiz gegen Zuschauer des VfB Kirchhellen kann Jörg Böving nicht bestätigen. Der Vorsitzende des SC Hassel erklärt: „Ich habe solche Äußerungen am Sonntag nicht wahrgenommen. Es gab nach dem Spiel Tumulte, an denen sich Zuschauer und Spieler beider Vereine beteiligt haben. Das streite ich nicht ab. Aber wer wen beleidigt oder geschlagen haben soll, dazu kann ich nichts sagen. Das habe ich nicht gesehen.“

Als die Polizei eintrifft, hat sich die Lage schon wieder beruhigt

Eine unglückliche Figur gab am Sonntag Schiedsrichter Bekir Karagöz ab. In diesem Punkt waren sich beide Vereine einig. Karagöz sah sich während des Spiels, aber auch nach dem Schlusspfiff mit erheblicher Kritik konfrontiert. „Er hätte viel früher eingreifen müssen“, moniert Lambert Bergemann. Die beteiligten Trainer Martin Stroetzel und Enis Ayyildiz gingen in ihren Einlassungen sogar so weit, ihm eine Mitschuld an den Vorkommnissen nach Spielende anzukreiden. Er habe Linie vermissen lassen und nicht rechtzeitig eingegriffen. Karagöz wollte sich am Montag nicht zu diesen Vorwürfen äußern.

Schon während der Partie hatte jemand die Polizei gerufen. Polizeisprecher Andreas Lesch bestätigte den Einsatz an der Loewenfeldstraße auf WAZ-Anfrage. „Ein Anrufer hat seine Befürchtung gemeldet, die Spieler beider Mannschaften könnten aufeinander losgehen. Deshalb sind die Kollegen mit dem Einsatz-Stichwort ,Randalierer‘ angefordert worden. Beim Eintreffen vor Ort hatte sich die Lage aber wieder beruhigt.“ Es seien keine Anzeigen aufgenommen worden.

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