Bottrop. Der VfB Bottrop jubelt dank der individuellen Qualität über einen Kantersieg. Der Weg dorthin war aber holprig und mit Stolpersteinen gepflastert.
Mit dem Selbstbewusstsein des ungeschlagenen Tabellenführers reiste der VfB Bottrop zum bisher in der Bezirksliga heillos überforderten Schlusslicht SC Blau-Weiß Oberhausen. Das Vorzeichen-Pendel schlug also ganz deutlich in Richtung der Gäste aus Bottrop aus, bei denen sowohl Gino Pöschl als auch der bisher klare Stammspieler Chris-Evan Pieritz nur in der zweiten Mannschaft spielten. Am Ende siegte der VfB klar und deutlich mit 9:3 (3:2 zur Pause) - das Ergebnis täuscht aber über viele Probleme hinweg.
Mit diesem Gefühl der Stärke im Rücken, begann der VfB äußerst druckvoll. Mit Tempo über außen und flachen Hereingaben erspielte sich Bottrop in den ersten zwei Minuten gleich drei Tormöglichkeiten. Doch noch hatten weder Samet Kanoglu noch seine Offensivkumpanen das Visier richtig eingestellt, ließen die frühe Schockmöglichkeit somit liegen und den Gegner in der Partie ankommen.
Der machte das in der Folge gut, zeigte sich griffig in den Zweikämpfen, schaffte es aber nicht, die im eigenen Defensivdrittel teils leichten Ballverluste des VfR durch Keeper Joel-Andre Frenzel oder Innenverteidiger Sercan Istek auszunutzen. Die beste Möglichkeit in dieser Phase hatte Oberhausens Baris Karacali, der den Ball im Zentrum gut herunterpflückte, sich um die eigene Achse drehte und aus 18 Metern nur knapp über Frenzel und das von ihm gehütete Tor lupfte.
VfB Bottrop schlägt in 90 Sekunden doppelt zu
Der VfB musste wieder mehr investieren, tat das und zeigte sich eiskalt. Samet Kanoglu wurde mit einem einfachen, langen Ball auf der rechten Seite geschickt, bat seinen Gegenspieler mit zwei Übersteigern zum Tanz, ehe er einen satten Schuss flach ins lange Eck zur Führung setzte (23. Minute).
Nur 90 Sekunden später schien die Partie dann auch schon entschieden. Oberhausens Innenverteidiger Roland Osabutey versuchte im eigenen Strafraum gegen Bottrops Murat Berbero zu klären. Der kam zu Fall und Schiedsrichter Ibrahim El Miri blies in seine Pfeife. Den Strafstoß verwandelte Kudret Kanoglu nach kurzer Verzögerung beim Anlauf sicher links unten.
Doch das Innehaben der roten Laterne machte sich bei Blau-Weiß auf dem Platz noch nicht bemerkbar. Der Mut war nicht gebrochen, der Tatendrang mit den beiden Torstreichen nicht gebannt. Ganz im Gegenteil. Als Oberhausens Stanley Andrud im Bottroper Sechzehner in einer Situation gleich zwei Mal zum Abschluss kam, hätte es eigentlich bereits 1:2 stehen müssen.
Oberhausens Pressing bereitet dem VfB arge Probleme
Das tat es dann ein paar Minuten später, nachdem Kudret Kanoglu mit einem Freistoß ans Lattenkreuz das 3:0 kurz zuvor verpasst hatte. Blau-Weiß presste das Bottroper Mittelfeldzentrum - das sich nicht erst in dieser Situation etwas unkonzentriert zeigte – gewann den Ball, schaltete schnell um und hatte eine doppelte Überzahlsituation vor dem Bottroper Tor. Die brauchte Karacali aber gar nicht, denn sein Flachschuss von links zischte vorbei an Frenzel ins rechte Eck zum Anschlusstreffer (32.).
Ein höchst unnötiges Gegentor aus VfB-Sicht, das Trainer Patrick Wojwod an der Seitenlinie auch zur Weißglut brachte. „Spielt doch einfach die Bälle nach vorne, einfach vorne rein“, brodelte es aus ihm heraus. Das Kurzpassspiel im Zentrum wollte er nicht sehen.
Sein Team folgte und offenbarte mit diesem laut angekündigten Mittel tatsächlich große Probleme beim Schlusslicht. Samet Kanoglu tauchte nach einem solchen langen Schlag völlig frei im Oberhausener Strafraum auf, setzte den Schuss aber am Tor vorbei.
Dem VfB misslang es einfach, dem Gegner schnell den Stecker zu ziehen, die Möglichkeiten dafür waren ja da. Doch eigene Fehler machten Oberhausen stark und die Bottroper selbst nervös – was sich auch an der gelben Karte für Kudret Kanoglu zeigte, der seinem eigenen Mitspieler Marvin Stanczyk ein „Halt die Fresse“ entgegenschleuderte.
Nach dem 2:2 bringt die individuelle Klasse den VfB ins Spiel zurück
Oberhausen indes fühlte sich im Aufwind, teils wohl selbst überrascht über die klaffenden Lücken in der Ordnung des Tabellenführers. Karacali überlupfte die letzte Kette des VfB und bediente so Andrud, der den Ball aus spitzem Winkel in die Mitte drosch. Dort lauerte ein Oberhausener schon auf das 2:2, Istek klärte aber ganz knapp vor der Linie.
Zwei Minuten später war es dann aber doch so weit. Erneut schenkte der VfB Karacali mehr als nur 1,5 Meter Sicherheitsabstand. Der nutzte das für einen Schuss aus 18 Metern, der abgefälscht zum 2:2 ins Tor kullerte (43.).
Das einzige, was der VfB den Blau-Weißen in den ersten 45 Minuten voraus hatte, war die individuelle Qualität. Diese sorgte dann doch noch für einen einigermaßen versöhnlichen Abschluss des ersten Spielabschnitts, als Kudret Kanoglu einen Freistoß unmittelbar vor der Strafraumlinie – der Schiedsrichter hatte ein Klammern gepfiffen - fabulös ins obere Eck zum 3:2 setzte und dem VfB so erneut einen Vorteil brachte (45.).
Sehr zum Unmut der Oberhausener Bank und des Publikums, welches auch schon den Strafstoß zum 2:0 als nicht gerechtfertigt angesehen hatte und sich El Miri gegenüber beim Gang in die Kabine unflätig und vulgär zeigte.
Blau-Weiß Oberhausen schafft erneut den Ausgleich
Im zweiten Spielabschnitt nahm die Partie zunächst eine kleine Pause. Die Hausherren verschenkten einen guten Teil ihrer Energie daran, sich über Entscheidungen von El Miri aufzuregen, was auch zur absolut gerechtfertigten gelben Karte für Keeper Donald Islami führte.
Weil der VfB zunächst aber ebenfalls nicht Kollektiv funktionierte und zwei Distanzschüsse nur den Weg neben das Tor fanden, gelang BWO erneut der Ausgleich. Ein Flankenball von rechts, der gefühlt ähnlich lang in der Luft war, wie Felix Baumgartner bei seinem Stratosphärensprung 2012 im All, prallte auf den Kopf von Oberhausens Ömer Ceylan und von da im hohen Bogen hinter Frenzel ins Tor zum 3:3 (62.).
Zweiter Strafstoß für den VfB Bottrop entscheidet die Partie endgültig
Doch auch diesmal brachte sich BWO unmittelbar nach dem Erfolgserlebnis selbst um den hart erarbeiteten Lohn. Zunächst scheiterte Bottrops Danny Steinmetz mit seinem Kopfball aus spitzem Winkel knapp, dann war Kudret Kanoglu nach einem weiteren langen Ball auf und davon und hob die Kugel über Islami an die Latte. Von da prallte er zu seinem Bruder, dessen Schuss von BWOs Kosta Moraitis kurz vor der Linie mit der Hand abgewehrt wurde. Die logische Folge: Rot, Elfmeter, Kudret Kanoglu, 4:3 (63.).
Es war der letzte große Aufreger der Partie. Der VfB spielte nun seine Überzahl aus und brachte mit David Fojcik zudem noch einen Akteur, der die Partie nun an sich riss und entschied, als er über rechts geschickt wurde, bei seinem Versuch eigentlich erst an Islami scheiterte, den mit Glück zu ihm flippernden Ball aber clever in die Mitte legte, wo Samet Kanoglu nur noch zum 5:3 einschieben brauchte (69.).
BWO streikt sich fast zur zweistelligen Niederlage
Danach zerfiel Blau-Weiß Oberhausen in alle Einzelteile, haderte mit dem eigenen Schicksal und streikte in der Defensive komplett. Der VfB hatte nun leichtes Spiel und einen nur noch physisch anwesenden Gegner. Die Bottroper störten sich daran freilich nicht und nutzten die Schlussphase eifrig, um etwas für das eigene Torverhältnis zu tun.
Samet Kanoglu machte seinen Hattrick in der 70. Minute perfekt, Kudret Kanoglu stellte in der 82. Minute auf 7:3 und auch Joker Fojcik und Marius Dyballa durften noch ran (87./90.).
Schlussendlich kann dem VfB völlig egal sein, wie das Ergebnis zustande kam und auch, dass der Gegner sich am Ende zu einem nicht unerheblichen Teil selbst geschlagen hat. Wichtig ist nur, dass der Spitzenreiter das kassierte blau-weiße Auge wahrnimmt und die sich offenbarten Aufgaben annimmt. Nun steht aber erst einmal die Feiertags-Pause an - mit dem Gefühl der Tabellenführung.
Info: Unsere Berichte müssen bis auf Weiteres ohne Stimmen aus dem Umfeld des VfB Bottrop auskommen. Der Verein hat seinem Trainer und seinen Spielern den Informationsaustausch mit dieser Zeitung untersagt. Der Vereinsvorsitzende Gündüz Tubay begründet diesen Schritt mit der Berichterstattung zum Derby beim SV Fortuna Bottrop am 11. Oktober.
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