Wattenscheid. Wattenscheids Firat spielt nicht nur Oberliga, sondern auch in der Influencer-Hallen-Liga. Das hat sportliche, aber auch finanzielle Aspekte.

Den Montagvormittag nach der 1:4-Niederlage bei Tabellenführer ASC nutzte Berkan Firat zur ausgiebigen Erholung. 72 Minuten hatte der Zehner der SG Wattenscheid 09 gegen die Dortmunder im offensiven Mittelfeld gespielt. Am Abend aber ging es nach Köln: Einsatz für Beton Berlin in der Baller League. Und damit für jenen neumodischen Spielbetrieb, der selbstbewusst auf seiner Homepage behauptet, dass der ursprüngliche Fußball eher dort zu finden sei: „Der neue alte Fußball, denn alles begann auf den Bolzplätzen.“

Ob echte Heimat des Fußballs oder nicht: Für einige ambitionierte Amateurkicker ist die „Baller League“ zu einer zweiten Heimat neben dem Verein geworden. „Bin ich kein Fan von“, sagt Wattenscheids Trainer Engin Yavuzaslan über das Indoor-Fußball-Turnier, das Montag für Montag in Köln ausgespielt wird. Zwei Hälften à 15 Minuten, mit zum Teil irren Regeln. In jedem Fall garantiert: Spannung, Spektakel, Kuriositäten. Und Verletzungen?

Wattenscheid 09: Coach findet den Termin am Montagabend schwierig

Berkan Firat, hier beim Spiel gegen Türkspor Dortmund, im Trikot der SG Wattenscheid 09.
Berkan Firat, hier beim Spiel gegen Türkspor Dortmund, im Trikot der SG Wattenscheid 09. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

„Die Spieler kommen aus der Belastung von den Meisterschaftsspielen am Sonntag. Da gehst du normalerweise nicht mehr volle Pulle in einen Zweikampf“, sagt Trainer Yavuzaslan, der findet: „Wer den Fußball liebt, spielt draußen. Fertig.“

Im Fall von Firat, der Mitte Januar vom Regionalligisten Rot Weiss Ahlen nach Wattenscheid gekommen war, kann er mit dessen Sonderregelung so gerade leben: „Es ist schon bei einem Spieler schwierig, das zu verpacken. Wenn es mehrere aus unserer Mannschaft gewesen wären, hätte ich ein Veto eingelegt.“

Firat aber habe „große Abstriche“ gemacht, um bei Wattenscheid 09 spielen zu können, deshalb gönnt ihm sein Trainer die Finanzspritze von der Baller League: 250 Euro bekommen die Kicker pro Spieltag. Macht bei vier Terminen im Februar 1.000 Euro brutto.

Bonner Verein warf sechs Spieler wegen der Baller League raus

Dass ein Spieler in dieser Liga auf Zusatz-Kohle schaut, ist nicht verwerflich. Solange er weiter zum Verein steht. Ein Beispiel, wie es anders laufen kann, hat der Mittelrhein-Ligist Bonn-Endenich gezeigt. Sechs Spieler stellte der Klub vor die Wahl: Entweder Baller League oder der Verein. Fünf Spieler verließen den Tabellenletzten, der nichts anderes als den Klassenerhalt schaffen will.

„In dieser Situation hätte ich mich klar für den Verein entschieden“, betont Berkan Firat. „Wir repräsentieren einen Traditionsverein. So viele Leute hängen an Wattenscheid 09. Wenn die Baller League dem im Weg stehen würde, würde ich darauf verzichten.“

Gleichwohl gibt er zu, dass das Indoor-Event eine besondere Rolle für ihn spielt: „So etwas gab es in Deutschland noch nie. Es ist ein cooles Gefühl, dabei sein zu dürfen.“ Rund 16.000 Fußballer hatten sich beworben, in einem der zwölf Teams dabei zu sein. Gespielt wird im Liga-System, am Ende der Saison tragen die vier bestplatzierten Mannschaften im „Final Four“ ihren Sieger aus.

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Teammanager sind Kontra K und Felix Lobrecht

Felix Lobrecht (l), Comedian, und Kontra K, Rapper, stehen als Team-Manager des Teams Beton Berlin an der Bande des Spielfeldrands in der Motorworld.
Felix Lobrecht (l), Comedian, und Kontra K, Rapper, stehen als Team-Manager des Teams Beton Berlin an der Bande des Spielfeldrands in der Motorworld. © DPA Images | Rolf Vennenbernd

Rund fünf bis sechs Stunden pro Woche opfere er für die Baller League, betont Firat, der für „Beton Berlin“ kickt. Verantwortliche Teammanager sind der Rapper Kontra K sowie der Comedian Felix Lobrecht. Den Fachfremden gehört also ein Teil des neuen, aber doch ursprünglichen Fußballs.

Der kommt offenbar gut an. Rund 900.000 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgen die Spieltage (einer dauert immerhin rund sechs Stunden) im Internet. Auch Wattenscheids Sportvorstand Hartmut Fahnenstich gehört nach eigenen Angaben dazu: „Das ist schon ganz witzig, wenn plötzlich nur noch drei Mann auf dem Platz stehen. Aber mir kommt das Ganze doch etwas amerikanisch vor.“

Trainer Yavuzaslan bekennt sich als Freund des Hallenfußballs, spielte auch Turniere mit den Traditionsteams von VfL Bochum und Wattenscheid 09, etwa beim Event in Mülheim: „Das NRW-Traditionsmasters ist natürlich was anderes. Da darf die Liebe zum Fußball an der frischen Luft auch mal ruhen.“ Die Baller League schaltet er deutlich seltener ein als sein Boss in Wattenscheid: „Wenn, dann nur um zu gucken, ob Berkan sich verletzt.“

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