St. Leonhard. . In wenigen Wochen startet die Fußball-Weltmeisterschaft. Die Vorfreude wird seit Tagen von Verletzungssorgen überschattet. Doch Bundestrainer Joachim Löw hat keine Lust auf schlechte WM-Laune. Er bewertet die bisherige Vorbereitung im Trainingslager positiv und lobt den Gladbacher Kramer.

Draußen war es grau, als der Bundestrainer sich am sechsten Tag der Vorbereitung auf den Kampf um den Welttitel erstmals öffentlich zu Wort meldete. Für eine Stimmungseintrübung bei Joachim Löw hatten Regen und tief in den Südtiroler Bergen hängende Wolken aber nicht gesorgt. Wie ist der Stand der Dinge bei der Nationalmannschaft? Er ist viel besser, als es das deutsche Volk der Fußballgrübler bisher angenommen hat. Im Einzelnen:

Humpeln wir nach Brasilien?

Nein. Der Bundestrainer ist zufrieden, weil „ein Großteil der Spieler absolut belastbar ist“. Es gibt die bekannten Problempersonalien. Doch Bastian Schweinsteiger hat ständig „im Ausdauerbereich gearbeitet“. In den nächsten Tagen sollte er ins Mannschaftstraining einsteigen können. Für Marcel Schmelzer ist die Rückkehr in den Kreis der Kameraden für Mittwoch geplant. Kapitän Philipp Lahm wird am Dienstag „eine Laufeinheit“ absolvieren.

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Von Frank Lamers

Dann dürfte auch schon Sami Khedira (musste nach langer Verletzungspause noch eben mit Real Madrid die Champions League gewinnen) am Frühstück teilgenommen haben. Prognose: Appetit gut, 100 Prozent leistungsfähig trotzdem erst, wenn es ernst wird.

Manuel Neuers Schulter benötigt allerdings weiterhin Ruhe, Ruhe, Ruhe. Doch die Mediziner versichern glaubwürdig: Bei allen, auch beim Torhüter Nummer eins, lässt sich alles kurzfristig beheben.

Wen lassen wir daheim?

Bei idealen Umständen (außer für die Betroffenen) einige von denen, die als natürliche Streichkandidaten gelten. Am 2. Juni muss Löw den 27er Kader auf einen 23er reduzieren. Sollte es Christoph Kramer oder Erik Durm oder Shkodran Mustafi oder Matthias Ginter oder Kevin Volland treffen, fährt aber jeder Einzelne mit höchstem Löw-Lob im Gepäck in den Urlaub.

Dabei bleiben darf mit höherer Wahrscheinlichkeit als bei den anderen der Mönchengladbacher Kramer („gute Chancen“), weil er für die Rolle des Ersatzmannes in der defensiven Mittelfeldzentrale qualifiziert ist. Sollte jedoch Schmelzer zum Beispiel nicht fit erscheinen, steigt auch der Wert seines Dortmunder Vereinskollegen Durm. Und so weiter im Wenn-dann-Modus.

Von wem erwarten wir viel?

Weil Fußball ein Mannschaftssport ist, muss von allen viel erwartet werden. Löw setzt vor allem auf Entwicklungssprünge bei einem Lieblingsschüler. Toni Kroos sei in den letzten anderthalb Jahren „reifer und verantwortungsbewusster geworden“, hat er verkündet: „Ich erwarte von ihm, dass er bei der WM eine ganz andere Rolle spielt als bei der EM 2012.“

Das DFB-Team im Trainingslager

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Um demonstrieren zu können, dass er bedeutendes Talent nun auch mit bedeutender Willenskraft kombinieren kann, muss für den Bayer aber erst einmal ein Platz im Ensemble gefunden werden. Gleiches gilt für André Schürrle, bei dem der Bundestrainer beobachtet hat, dass ihm das Jahr bei Chelsea „sehr, sehr gut getan hat“.

Wer hat sein Pöstchen sicher?

Die üblichen Verdächtigen. Wenn sie gesund sind: Neuer, Lahm, Schweinsteiger, Khedira natürlich. Mit Lahm will der Bundestrainer noch ein Gespräch über das Jobprofil führen. Rechtsverteidiger? Doch Mittelfeld? Der Gesprächsausgang hängt stark von den Entwicklungen in den Fällen Schweinsteiger und Khedira ab – und davon, wie druckvoll Löw sein Ziel verfolgt, Kroos auf das WM-Feld zu werfen.

Die offensive Dreierkette zumindest wird (wahrscheinlich) aus den Gliedern Marco Reus, Mesut Özil, Thomas Müller zusammengefügt werden. Und nur wenn einer von diesen Dreien ins Auge des Sturmes gerückt würde, könnte Kroos seine Tätigkeit tatsächlich nach bayerischer Art aufnehmen.

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Spielen wir denn bayerisch?

Nein. Wir spielen wieder mehr wie bei der WM 2010 in Südafrika, weil dem Bundestrainer nicht gefallen hat, dass seine Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren „ein bisschen mehr auf Ballbesitz gespielt und manche gute Chance verpasst“ hat. Gearbeitet wird aktuell am „Spiel im letzten Drittel“, „an der defensiven Organisation“ und „am Zweikampfverhalten“.

Und nicht nur, weil die meteorologischen Bedingungen in Brasilien schwierig sein werden, formulierte Löw seine Ansprüche etwas altdeutsch: „Wir brauchen widerstandsfähige, willensstarke Spieler.“

Und wie kann man helfen?

Es krachen lassen. Bei der vorbildlichen WM 2010 hat Löw nämlich den Spielern immer wieder Bilder aus der Heimat gezeigt: „Und diese Bilder haben uns immer viel Kraft gegeben.“