Bochum. Heiko Herrlich hat seine Arbeit beim VfL Bochum aufgenommen und wird sich ab Donnerstag in einem Kurz-Trainingslager vor den Toren Frankfurts intensiv mit der Mannschaft vertraut machen.

Er strahlt nicht zum Steinerweichen in die Kameras, wie der Kollege Jürgen Klopp, dem gerade die gute Laune etwas abhanden gekommen ist, das für gewöhnlich tut. Er hat auch nicht dessen rasante Sprechgeschwindigkeit, aber er ist offen und um keine Antwort verlegen: Heiko Herrlich scheint sich, nimmt man seinen ersten Arbeitstag in Bochum zum Maßstab, nicht in die Floskelhaftigkeit des eigentlich Auskunftsunwilligen zurückziehen zu wollen. Was für das geneigte Publikum schon einmal ein Hoffnungsschimmer ist.

Hat Herrlich die nötige Power?

Der 37-Jährige hat bei seinem Debüt viele Fragen beantwortet, im Gespräch mit den Medienschaffenden und mit seinem Auftreten auf dem Platz. Man weiß ja nie, was das denn für ein Trainer ist, wenn man ihn zuvor nicht hat arbeiten sehen. Und dann schaut man sich die schmale, ja hagere Gestalt an und denkt: Hat er denn die nötige Power?

Herrlich hat. Er schreit zwar nicht, ist aber auch nicht zu überhören bei seinem Kennenlern-Programm, das im Rekordtempo absolviert werden muss. Denn bis Sonntag soll die Verbindung Trainer/Mannschaft so gut funktionieren, dass ein Erfolg in Frankfurt zumindest möglich ist. Dort, wo der neue VfL-Trainer einen Gegner „auf Augenhöhe” verortet hat - und an denen will er sich künftig in erster Linie „orientieren”. Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Frankfurt auf Augenhöhe signalisiert den Bochumer Spielern: Ihr seid nicht schlechter als die, und wenn ihr es richtig anstellt, holt ihr euch die Punkte.

Vertrauensbildende Maßnahmen

Mittwochabend ist Heiko Herrlich in die hessische Metropole gefahren, um sich die Eintracht im Pokalspiel gegen die Bayern anzuschauen. Eigentlich hätte er, was er nicht tat, gleich dort bleiben können, denn ab dem frühen Donnerstag schlägt der VfL-Tross ohnehin seine Zelte vor den Toren Frankfurts auf - Herrlich will so schnell wie möglich „Zugang” zu seinem neuen Team finden und „Vertrauen” bilden; schließlich, sagt er, „arbeitest du mit Menschen”. Einige Trainer hat er in seiner Laufbahn erlebt, aber in diesem Punkt, so der 37-Jährige, „war Ottmar Hitzfeld für mich überragend”.

Es wird sich einiges ändern beim VfL

Einfühlungsvermögen bedeutet für den gebürtigen Mannheimer aber keineswegs Nachgiebigkeit oder Laschheit. „Ich kritisiere meine Kinder und erziehe sie hart, aber irgendwann sind sie einem dankbar”, sagt er und verweist damit auf einen anderen Weggefährten, den heutigen DFB-Sportdirektor Matthias Sammer. Der war als Spieler schon nicht einfach, galt als unbequem und dickköpfig auch im Umgang mit seinen Mitspielern. Der Erfolg gab ihm schließlich Recht. So hitzköpfig wie einst Sammer wirkt Herrlich nicht, doch er möchte in Bochum ein „kritikfähiges Klima” erzeugen. Was ja im Kern nichts anderes bedeutet, als sich ernsthaft und ohne Vorbehalte mit seinem Beruf auseinander zu setzen.

Auch die kleinen Dinge werden wichtig

Es wird sich einiges ändern beim VfL, und vermutlich werden nicht wenige Spieler erst einmal wenig amüsiert sein. Herrlich, in Andeutungen schimmert es durch, will sich um vieles kümmern, einiges sogar reglementieren. Er wird sich mit Ernährungsfragen beschäftigen und auch kleinen Dingen, die ihm auffallen, Gewicht beimessen. Stanislav Sestak, der bislang ohne Schienbein-Schoner trainiert hat, fragte er, ob er ihm ein Schild anheften soll mit der Aufschrift „Bitte nicht berühren”. Für Herrlich ist das eine Frage der Professionalität. Und genau darum geht's ihm.