Bochum. Seine erste Amtshandlung als Trainer des VfL Bochum meisterte Bundesliga-Neuling Heiko Herrlich schonmal: Bei der Pressekonferenz am frühen Dienstagabend gab er sich selbstbewusst und souverän. Der 37-Jährige will dem VfL eine neue Philosophie bescheren - von der Jugend bis zu den Profis.

Beim FC Barcelona hat Heiko Herrlich auch gelernt. Ein paar Wochen nur, als Hospitant. Hat erfahren, wie vernetzt ein Verein arbeiten kann, der eine Philosophie vertritt, die er durchzieht, von der Nachwuchs- bis zur Profiabteilung.

Jetzt sitzt Heiko Herrlich, bis gestern Morgen noch U 19-Bundestrainer des DFB und ab heute Bundesliga-Trainer, auf dem Gelände an der Castroper Straße, auf dem Podium bei der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am frühen Dienstagabend. Beim VfL Bochum, einem Klub, der mit Barca exakt eine, allerdings wesentliche Sache verbindet: Fußball. Diesen Fußball, sagt Herrlich und wirkt dabei so selbstbewusst wie realistisch, kann er natürlich „nicht neu erfinden”. Und natürlich weiß er nur zu genau, dass es beim VfL keinen Puyol, Xavi, Iniesta oder Messi gibt.

Herrlich ist begeistert von Barcelonas Philosophie

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    Doch wenn der 37-Jährige von der Philosophie spricht, die dahinter steckt beim spanischen Weltklub, spürt man förmlich seine „totale Begeisterungsfähigkeit”, die VfL-Sportvorstand Thomas Ernst in den „vielen Gesprächen” mit ihm so überzeugt hatte. „Oft sind es die einfachen Dinge, die Spieler gut machen”, sagt Herrlich. Und betont nochmal zum Mitschreiben: „Das muss man denen vermitteln, die einfachen Dinge.” Basis aller Marschrouten – darin unterscheidet sich Herrlich nicht von den Kollegen seiner Zunft – seien „Leidenschaft und harte Arbeit”, die er verlangt von den Profis, „verpflichtend”. Erstmals an diesem Mittwoch, wenn er im Training damit beginnt, sich „ein genaues Bild von der Mannschaft” zu machen, von „der Mentalität der einzelnen Spieler”. Und am Sonntag feiert er Premiere, in Frankfurt.

    Herrlich ist als Ex-Profi lange genug im Geschäft, um seine erste Prüfung in neuer Funktion auch vor zahlreichen blitzenden Kameras zu meistern: nicht als mitreißender Redner wie Jürgen Klopp, der ständig lacht und lächelt; aber als kluger Stratege, der seine Message souverän und ernsthaft rüberbringt. Dass er dabei auch selbstbewusste Töne, die im lauten Bundesliga-Gepolter-Geschäft nicht untergehen, anschlagen kann, hat er ebenfalls bewiesen: „Im Fußball ist es wie in der Natur”, sagte Herrlich. „Starke Tiere fressen schwache Tiere schnell weg. Laut Tabelle gehören wir gerade zu den schwachen Tieren, und ich werde nicht gerne gebissen.” Also „werden wir zusehen, dass wir bald zu den starken Tieren gehören und schon in Frankfurt zurückbeißen.”

    Ob dies kurzfristig gelingt, wird sich erst zeigen – Herrlich und die Führung des Vereins jedenfalls sind davon überzeugt, dass „der sicherlich dornige Weg”, so Aufsichtsrats-Vorsitzender Werner Altegoer, „im Rahmen unserer Möglichkeiten zum Erfolg führen wird”. Und dieser Weg, den man mit Herrlich und seinem bevorzugten Co-Trainer Iraklis Metaxas („Er ist eine absolute Bereicherung”, so Herrlich) bestreiten will, ist ja langfristig angelegt: Bis 2012 läuft der Vertrag, er gilt auch für die 2. Liga, und Ernst erklärte die Wahl Herrlichs auch damit, dass er konzeptionell „klare Vorstellungen” hat, die „mit Sicherheit im Lizenzbereich tragfähig sind” – und darüber hinaus. Von der „Vernetzung” mit der U 23 und der U 19 sprach Ernst. Barcelona im Kleinen, sozusagen.

    Dass Herrlich von Beginn an, wie berichtet, ein Topkandidat war, bestätigte Thomas Ernst nun. Ob er sich wirklich nur wegen seiner Überzeugungskraft durchsetzte gegen andere wie etwa Ede Becker (Ernst: „Wir haben mit vielen gesprochen, da waren auch viele Sympathische dabei”), blieb branchenüblich offen.

    Umgekehrt allerdings kann man fragen, warum sich Herrlich zum Einstieg ins Trainergeschäft jenseits der Junioren einen Abstiegskandidaten antut? Na, das sei ja, sagt Herrlich, der von einer „gewinnbringenden”, aber wohl nicht erfüllenden Zeit beim DFB spricht, „selbstverständlich” angesichts „der riesengroßen Chance, zur täglichen Arbeit mit einer Mannschaft zurückzukehren”. Und, so der Ex-BVB-Stürmer, aufgrund dieser Vergangenheit von einigen VfL-Fans mit Skepsis betrachtet: „Ich lebe seit 14 Jahren im Ruhrgebiet, und der VfL war mir immer sympathisch.”

    DER NEUE TRAINERSTAB

    Iraklis Metaxas (42), zuletzt DFB-Stützpunkttrainer des Mittelrhein-Verbandes, ist neuer Co-Trainer des VfL. Frank Heinemann, bei dem sich die Vereinsführung ausdrücklich bedankte, gehört nicht mehr zum Profi-Trainerstab, seine künftige Rolle beim VfL ist noch offen. Dariusz Wosz wird wieder ausschließlich U-19-Trainer. Bei den Profis bleiben Torwart-Trainer Peter Greiber und zunächst VfL-II-Coach Nico Michaty als weiterer Co-Trainer.