Bochum. Heiko Butscher hat im ersten Spiel als neuer VfL-Trainer ein 1:1 geholt. Kolumnist Michael Eckardt ordnet ein, worauf es für Bochum ankommt.

Der VfL Bochum hat in den vergangenen Wochen viele Chancen liegen lassen, den letzten Schritt in Richtung Klassenerhalt zu gehen. Fünf Spieltage vor dem Saisonende ist die Situation bedrohlich. Aber was stimmt nach dem Trainerwechsel und dem 1:1 gegen Heidenheim positiv, was nicht? Eine Einordnung.

Positiv I: Vorhandene Stärken werden wieder sichtbar

Ein Trainerwechsel in der Krise ist kein Allheilmittel. Niemand weiß, ob Heiko Butscher in ein paar Wochen als Retter in die Geschichte des VfL eingehen wird oder nicht. Aber seine Haltung ist so eindeutig, wie es der Auftritt des VfL gegen den schwer zu bespielenden Aufsteiger Heidenheim war. „Wir wissen, was wir gut können. Und ich würde einer Mannschaft nie ihre Stärken wegnehmen“, sagte Butscher nach seiner Bestellung zum Cheftrainer.

VfL Bochum gewinnt wieder nicht, spielt aber nicht wie ein Absteiger

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    Heißt: Intensität muss auf den Rasen, Pressing, Mut und kompromissloses Zweikampfverhalten – das alles ist schließlich seit dem Wiederaufstieg der Markenkern der Bochumer und – immer noch - ihr Erfolgsrezept. Butscher will nicht das Rad neu erfinden, sondern setzt auf das, was zuletzt zusehends verloren gegangen war: eine klare Zuordnung und Positionierung, eine konkrete Aufgabenverteilung und nachvollziehbare Ein- und Auswechselungen. Und das Team scheint mitzuziehen.

    Negativ I: Vielen Stammspielern droht eine Sperre

    Gleich fünf Spielern droht bei der nächsten Gelben Karte eine Sperre. Erwischt es Bernardo, Losilla (beide 9), Osterhage, Antwi-Adjei und Broschinski (alle 4), dann fällt jeder aus diesem Quintett für ein Spiel aus. Es ist zudem nicht ganz unwahrscheinlich, dass es auch mal zwei Spieler aus diesem Kreis gleichzeitig treffen kann. Kommt es ganz übel, dann muss sogar noch Schlotterbeck ein zweites Mal zwangsweise pausieren, er ist mit acht Gelben Karten notiert. Sicher eine Hypothek, doch das muss die Mannschaft jetzt ausblenden.

    Positiv II: Das Problem hinten rechts scheint gelöst zu sein

    Zwar könnten etwaige Sperren das Aufgebot schwächen und damit auch die taktischen Möglichkeiten reduzieren, dagegen dürfte der absolute Schwachpunkt der letzten Wochen, was das Personal angeht, behoben sein. Tim Oermann scheint wieder gesund und fit zu sein, und Felix Passlack ist offenbar sehr spät, aber hoffentlich nicht zu spät, zu dem Spieler mutiert, den die Verantwortlichen wohl im Kopf hatten, als sie ihn im letzten Sommer aus Dortmund holten.

    Felix Passlack (l.) erhielt auch von Neu-Trainer Butscher beim Spiel gegen Heidenheim das Vertrauen von Beginn an.
    Felix Passlack (l.) erhielt auch von Neu-Trainer Butscher beim Spiel gegen Heidenheim das Vertrauen von Beginn an. © imago/Revierfoto | IMAGO/Revierfoto

    Heiko Butscher hat jetzt auf der Position des rechten Außenverteidigers die Wahl zwischen einem defensiv starken Talent und einem so genannten Schienenspieler mit Drang nach vorne und wachsendem Selbstvertrauen. Der zuletzt sowohl defensiv wie offensiv viel zu unbelebten rechten Seite kann das nur guttun.

    News und Hintergründe zum VfL Bochum

    Negativ II: Drei Spiele auf fremdem Platz für den auswärtsschwachen VfL Bochum

    Das neben Mainz 05 schlechteste Auswärtsteam der Bundesliga muss drei der noch anstehenden Saisonspiele in der Fremde bestreiten. Klingt nach einer aussichtslosen Angelegenheit, bietet jedoch auch Chancen. Denn zwei der drei Gegner sind Tabellennachbarn und stehen derzeit genauso unter Druck wie der VfL Bochum.

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    Kann die Mannschaft von Heiko Butscher sich auch ohne das eigene und von allen Gegnern gefürchtete Stadion im Rücken dazu aufraffen, so mutig, engagiert und druckvoll zu agieren wie an der Castroper Straße, dann ist alles möglich, auch ein Happy End. Aber nur dann.

    In dem Fall müsste aber ab sofort Schluss sein mit der Pleiten-, Pech- und Pannen-Serie, die in Mönchengladbach ihren Anfang nahm und über kuriose Elfmeter, einen krabbelnden Torwart mit etwas später offensichtlich viel zu glatten Händen und zum Schluss übel nach hinten losgegangenen Abwehraktionen in die Tabellen-Misere führte. Und der eine oder andere gelungene Abschluss zwischendurch wäre sicher auch nicht schlecht.

    Der VfL Bochum benötigt jetzt überragend starke Nerven

    Überragend starke Nerven braucht der VfL jetzt – und alles an Mentalität, was diese Mannschaft, die es so in der kommenden Saison nicht mehr geben wird, aufzubieten hat. Und das fünfmal.