Bochum. Mit extremer Linkslastigkeit hatte der VfL Bochum RB Leipzig lange im Griff. Vier Minuten reichten den Gästen aber zum Sieg.

Die Fans des VfL Bochum hatten am Samstagnachmittag ein feines Gespür. Statt ihre Mannschaft einfach abziehen zu lassen nach einer 1:4-Pleite gegen RB Leipzig, spendeten sie aufmunternden Applaus. Sie feierten sie sogar für einen anständigen Auftritt gegen den Champions-League-Teilnehmer, der am Mittwoch bei Real Madrid im Achtelfinal-Rückspiel antritt. Das Ergebnis drückte einen Unterschied zwischen beiden Mannschaften aus, der die 90 Minuten zuvor nicht richtig zusammenfassen würde. „Wir haben das über 85 Minuten sehr gut gemacht“, lobte Thomas Letsch seine Mannschaft. Aber: nur fünf Minuten reichten Leipzig, um das Spiel eben doch zu entscheiden.

Zwischen der 68. und der 72. Minute traf die Mannschaft von Marco Rose dreimal, der VfL war nicht griffig genug, kam nicht in die Zweikämpfe. Zudem hatte der ehemalige BVB-Trainer den Sieg quasi eingewechselt. Lois Openda und Yussuf Poulsen bekamen die Bochumer in einer kurzen, aber entscheidenden Phase des Spiels nicht unter Kontrolle. Die Geschwindigkeit des einen, die Abgeklärtheit des anderen machten am Ende den Unterschied. Und dass Leipzig in der 65. Minute drei Spieler mit einem Marktwert von zusammen rund 100 Millionen Euro einwechseln konnte, während beim VfL Bochum der Sauerländer Philipp Hofmann und Moritz-Broni Kwarteng, der letztes Jahr noch 2. Bundesliga gespielt hat, zum Einsatz kamen. „Die Qualität müssen wir akzeptieren“, sagte Andreas Luthe.

Leipzigs David Raum adelt den VfL Bochum

Von Klassenunterschied war am Samstagnachmittag im Ruhrstadion aber nichts zu sehen. Mit dem Selbstvertrauen von acht Heimspielen ohne Niederlage – und Siegen unter anderem gegen den VfB Stuttgart und den FC Bayern – gingen die Bochumer auch die Partie gegen Leipzig an. „Kompliment an Bochum für die Art und Weise, wie ihr Fußball spielt und arbeitet. Das ist maximal unangenehm“, sagte Rose nach dem Spiel anerkennend. Auch die Sachsen wussten, wie schwer es an der Castroper Straße werden kann. Bezeichnend die Einschätzung von Leipzigs Nationalspieler David Raum: „So gewinnt man eklige Auswärtsspiele, so kann man auch in Madrid gewinnen.“

Maximilian Wittek traf in der siebten Minute zur Führung.
Maximilian Wittek traf in der siebten Minute zur Führung. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ein taktischer Kniff von Letsch die Leipziger über weite Strecken des Spiels etwas limitierte. Wie in jedem Spiel konzentrierte sich der VfL Bochum auf eine Linkslastigkeit des eigenen Spiels. Dafür brachte Letsch Maximilian Wittek als linken Mittelfeldspieler, der stark spielte. Zudem rückte Rechtsverteidiger Noah Loosli extrem weit nach innen. „Wir wollten den Gegner auf unsere linke Seite bringen, was uns in den ersten 70 Minuten zu 85 Prozent gelungen ist“, sagte Letsch nach der Partie. „Wir wollten mit Noah einen Spieler haben, der ins Zentrum reinschiebt. Immer, wenn wir das geschafft haben, war es gut.“

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Wenn nicht, wurde es allerdings durch die schnellen Leipziger brandgefährlich. Weil der VfL Bochum extrem nach vorn presste und Loosli reingerückt war, bot sich etwa nach drei Minuten viel Raum für den Niederländer Xavi Simons. Dieser scheiterte aber an einer sensationellen Fußabwehr von Luthe. Bochum aber blieb beim eigenen Plan und profitierte von einem Freistoßtreffer von Wittek nach sieben Minuten. In Führung liegend schaffte der VfL es immer wieder, Leipzig auf der linken Seite zu binden, nur selten gelang den Gästen das Umschalten. Wenn doch, stand Simons im Abseits (14.).

Vier Minuten reichen Leipzig zum Sieg gegen Bochum

Es dauerte eine halbe Stunde, bis Leipzig den Raum auf der eigenen linken Angriffsseite ausnutzen konnte und Dani Olmo den Ball in den Winkel zirkelte. „Den Ball habe ich erst gesehen, als er wieder raus kam“, sagte Luthe. Loosli sah bei diesem Gegentor, wie bei den dreien in der zweiten Halbzeit, nicht gut aus. Wenngleich Letsch sich schützend vor ihn stellte: „Wenn Dani Olmo den Ball am Fuß hat und auf unsere großen Innenverteidiger zugeht, dann ist das nicht so einfach zu verteidigen.“

Bochums Trainer Thomas Letsch während der Partie gegen Leipzig.
Bochums Trainer Thomas Letsch während der Partie gegen Leipzig. © dpa | Bernd Thissen

Und dennoch schafften es die Bochumer lange. Erst als Rose wechselte, hatte der VfL Probleme, sich auf Openda und Co. einzustellen. „Mit ihm hat sich das Spiel geändert“, sagte Luthe. Und es war nach Toren von Openda (68.), einem Eigentor von Ivan Ordets (71.) und einem Treffer von Poulsen (71.) entschieden, bevor die Bochumer wussten, wie ihnen geschieht. „Wir haben es in der Phase nicht geschafft, die immense Qualität des Gegners in den Griff zu kriegen“, sagte Letsch.

Es war die zweite deftige Niederlage binnen einer Woche. Mit dem 2:5 in Mönchengladbach hatte diese Partie aber wenig gemein. Der Auftritt machte durchaus Mut für die kommenden Partien gegen den SC Freiburg, Mainz 05, Darmstadt 98 und den 1. FC Köln. In diesen Wochen muss und kann der VfL Bochum die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen. Und die Leistung gegen Leipzig zeigte, dass der schlechte Auftritt in Gladbach wohl doch nur ein Ausrutscher war.