Bochum. VfL Bochums Trainer Thomas Letsch spricht über Probleme der Kadertiefe, Winterzugänge, Paciencia und seinen Musterprofi, der nicht viel spielt.

Im zweiten Teil unseres großen Interviews spricht VfL Bochums Trainer Thomas Letsch über den Kader, Neuzugänge wie Bernardo und Loosli, die Probleme eines tiefen Kaders, Winterzugänge und eine Stammplatzgarantie für den Kapitän.

Herr Letsch, es gab Kritik, Sie würden zu viel rotieren, die Mannschaft könne sich so nicht einspielen.

Wir haben in den ersten Partien eher mit den gleichen Spielern gespielt. Die Ergebnisse stimmten insgesamt aber nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben, wir haben zu viele Gegentore kassiert, und nach dem 1:3 gegen Mönchengladbach haben wir etwas verändert. Wir haben uns defensiv stabilisiert, sechs Gegentore in den vergangenen fünf Partien sind okay. Wir haben viele Spieler im Kader, die auf einem ähnlichen Niveau sind. Wir können uns auf den Gegner einstellen, wir haben Optionen. Die nutzen wir, das ist mein Job. Manchmal geht der Plan auf, manchmal nicht.

Es bedarf keiner Verstärkung im Winter?

Ich bin mit dem Kader sehr zufrieden. Ein Matus Bero und Ivan Ordets werden nach ihren Verletzungen noch zurückkommen. Ich habe nichts dagegen, neue Spieler zu holen. Aber ich sehe zurzeit keinen Bedarf. Wir haben einen Kader, mit dem ich sehr zufrieden bin und mit dem wir den Klassenerhalt erreichen werden. Davon bin ich fest überzeugt.

Bernardo überzeugt als Innenverteidiger, als Außenverteidiger: „Er ist ein Glücksfall“ für den VfL Bochum, sagt auch Trainer Thomas Letsch.
Bernardo überzeugt als Innenverteidiger, als Außenverteidiger: „Er ist ein Glücksfall“ für den VfL Bochum, sagt auch Trainer Thomas Letsch. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Sie konnten Einfluss nehmen auf den Kader dieser Saison. Wie zufrieden sind Sie mit den Zugängen?

Wir haben keinen Spieler geholt wie Harry Kane beim FC Bayern, der uns auf ein anderes Level hievt. Das können wir nicht. Wir haben versucht, bei der Mannschaft einen Umbruch einzuleiten. Die Mannschaft ist ein Stück jünger geworden. Wir haben Moritz-Broni Kwarteng und Lukas Daschner aus der 2. Liga verpflichtet, wir haben Noah Loosli aus der Schweiz geholt. Wir haben Matus Bero und Maxi Wittek aus den Niederlanden geholt. Dazu mit Felix Passlack einen Spieler, der in den letzten Jahren nicht so viel gespielt hat bei Borussia Dortmund. Wir haben außer Bernardo keine Spieler geholt, die viel Bundesligaerfahrung haben. Aber wir haben Spieler geholt, die uns in der Tiefe verbessern, die alle auf einem ähnlichen Level sind, mit unterschiedlichen Facetten. Das sorgt für viel Konkurrenz, eine hohe Trainingsqualität. Es hat den negativen Effekt, dass wir viele Spieler auf der Bank haben, die den Anspruch haben, Startspieler zu sein. Das birgt auch eine gewisse Gefahr und Brisanz. Einerseits brauchen Spieler Vertrauen. Andererseits haben wir verschiedene Optionen. Es ist nicht immer einfach, das zu erklären. Ich bin froh, die Wahl zu haben.

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Sie mussten zum Beispiel Goncalo Paciencia erklären, dass er nach seinem Tor in Freiburg auf die Bank muss gegen Mainz….

Ich spreche viel mit den Spielern. Goncalo hat in Leipzig, als wir einen etwas anderen Ansatz gewählt haben, und in Freiburg von Beginn an gespielt. Er hat ein Traumtor geschossen. Gegen Mainz wollten wir vorne eine andere Intensität reinbringen, Goncalo hat andere Qualitäten. Deshalb habe ich mich für Moritz Broschinski entschieden. Er hat es auch gut gemacht. So wie jetzt wieder Philipp Hofmann die Nase vorn hat, weil er sich angeboten hat im Training, ein sehr gutes Spiel gegen Köln gezeigt hat. Moritz-Broni Kwarteng bringt wieder eine andere Komponente mit, Christopher Antwi-Adjei hat in der vergangenen Saison fast immer gespielt, war zuletzt nicht erste Wahl. Lukas Daschner hat gegen Köln zum ersten Mal von Anfang an gespielt und gezeigt, dass er eine Komponente ins Spiel bringt, die wir so noch nicht haben. Er hat vielleicht etwas länger gebraucht, sich an die größere Härte in der Bundesliga zu gewöhnen, hatte aber schon viele Einsätze.

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Auch in der Defensive kamen einige neu hinzu. Bernardo etwa, er ist Stamm. Noah Loosli nicht, um zwei Beispiele zu nennen.

Bernardo ist ein Glücksfall, dass wir ihn holen konnten von RB Salzburg. Er ist klasse, ein überdurchschnittlicher Verteidiger in der Bundesliga, egal ob als Innenverteidiger oder als Linksverteidiger. Noah ist top. Ich habe noch nie so einen Musterprofi erlebt wie ihn. Er ist ein positiv Verrückter, der Tag und Nacht an sich arbeitet. Eigentlich müsste er mehr spielen….

Mit Losilla in Heidenheim - Standards sind eine Waffe des Aufsteigers

Vielleicht ja in Heidenheim. Wie Patrick Osterhage. Der 23-Jährige hat jetzt für den erkrankten Anthony Losilla, 37, als Sechser gespielt. Und überzeugt. Ist die Zeit reif für die Wachablösung?

In den Spielen davor haben Patti und Toto gemeinsam gespielt. Jetzt, nach dem sehr starken Spiel von Patti zu sagen, das war es für Toto, würde ihm nicht gerecht werden. Manche sagen seit fünf Jahren, dass es Totos letzte Saison sein wird. Aber ich sehe keinen Grund, warum Anthony Losilla in Heidenheim nicht auf dem Platz stehen sollte. Er war in der vergangenen Saison mit der konstanteste Spieler, er spielt jetzt eine sehr gute Runde. Er ist mein Kapitän und ein ganz wichtiger Spieler für unser Team.

Heidenheim hat zehn Punkte, ist heimstark. Was macht Mut, dass der VfL dort gewinnt?

Wir sind in den letzten fünf Spielen stabiler geworden, haben wenig zugelassen. Wir können uns Chancen erarbeiten und haben auch auswärts gezeigt, dass wir punkten können – immer wohl wissend, wie stark der Gegner ist. Heidenheim hat zuhause zuletzt Stuttgart 2:0 geschlagen. Das ist eine sehr unangenehm zu bespielende Mannschaft auf der rauen Ostalb, es wird ein heißer Fight. Bei Standards ist Heidenheim überragend, Jan-Niklas Beste spielt sensationelle Standards, da brannte es gegen Stuttgart immer lichterloh. Aber wir fahren dahin, weil wir gewinnen wollen. Wenn sich das Spiel in eine bestimmte Richtung entwickelt, kann ein Remis aber auch okay sein.