Bochum. Torwart Manuel Riemann hat beim VfL Bochum bisher eine Stammplatzgarantie. Doch ihm unterlaufen immer wieder Fehler. So auch gegen Schalke 04.
Ein paar Jugendliche verfolgten am Montag das Training des VfL Bochum. Einer rief das, was Tausende Fans im Ruhrstadion rufen, wenn die Nummer eins des Bundesligisten als Erster den Rasen betritt zum Aufwärmen. „Manuel Riemann!“ Nach dem 0:2 gegen Schalke 04 aber hatte sich der Frust vieler Anhänger entladen. Auf die Mannschaft allgemein, weil sie zu wenig Feuer zeigte. Auf Manuel Riemann speziell.
VfL Bochum: Manuel Riemann leitet Niederlage gegen Schalke ein
Nicht zum ersten Mal polarisiert der Torwart auf extreme Art. Die einen lieben ihn, weil er den ehrgeizigen VfL-Malocher-Typen vorlebt wie kein Zweiter. Riemann ist seit 2015 im Verein, er hat seinen Vertrag im vergangenen Sommer trotz anderer Angebote verlängert bis 2025. Das verzeiht auch Fehler. Andere sehen in ihm einen in sich verliebten Alleindarsteller, der dem Erfolg im Weg steht. Als Typ – und sportlich. Fakt ist: Riemanns Eigentor brachte Schalke auf die Siegerstraße. Erst unterlief er Rodrigo Zalazars Flanke, dann bugsierte er den Ball mit dem Arm selbst über die Linie. Alle sprechen über Riemann. Er selbst spricht öffentlich nicht, lehnte eine Interview-Anfrage dieser Redaktion am Montag ab.
Trainer Thomas Letsch kündigte nach vier Niederlagen und 0:10 Toren vor der Partie am Freitag in Köln an, „alles auf den Prüfstand zu stellen“. Also auch im Tor? Der Trainer wich am Montag aus: „Es ist nicht der Moment, öffentlich einzelne Namen zu diskutieren. Wir machen uns intern unsere Gedanken. Es gibt für keinen Spieler eine Einsatzgarantie.“ In den letzten beiden Spielen allerdings vertraute er Riemann als Kapitän, weil Anthony Losilla gesperrt war. „Das war auch die richtige Entscheidung“, betonte Letsch. Und: In „Aktionismus“ zu verfallen, wäre jetzt „völlig falsch“.
Manuel Riemann an acht Gegentoren des VfL Bochum beteiligt
Doch es gibt auch den Fehler-Riemann. In Hoffenheim, gegen Bayern, in Freiburg und auf Schalke war er noch unter Trainer Thomas Reis an vier Gegentoren maßgeblich beteiligt. Unter Letsch kamen vier entscheidende Patzer hinzu. Seine Ausflüge Richtung Mittellinie wurden zwei Mal mit Gegentoren bestraft: in Stuttgart, in Dortmund. Und im Pokal gegen den BVB (1:2) lud er mit einem verunglückten Pass weit vor dem eigenen Strafraum in die Füße von Emre Can den Dortmunder zum 50-Meter-Schuss zum 0:1 ein. „Wir wollen, dass er offensiv spielt. Diesmal ging es schief“, sagte Letsch damals. Das Spiel des VfL ist auf Riemann, den elften Feldspieler, zugeschnitten. Riemann kann präzise Bälle auf die Außen, auf Zielstürmer Philipp Hofmann spielen. Kritikern sind die ständigen weiten Schläge ein Graus. In Bochum zählt seine Art des Aufbaus zur Taktik. Letsch sagt: „Manu hat seine Qualitäten in der Spieleröffnung.“
Zur Wahrheit gehört auch: Dank seiner vorderen Positionierung fängt Riemann immer wieder Konter ab. Und dass er stark im Eins gegen Eins und auf der Linie ist, hat er vor allem in der Vorsaison, als er von den Fans zum Spieler der Saison gewählt wurde, aber auch in dieser Spielzeit bewiesen. Mit 90 gehaltenen Torschüssen ist Riemann laut DFL-Statistik die Nummer eins vor Augsburgs Rafael Gikiewicz.
Ein Torwart-Wechsel würde die Statik des VfL-Spiels verändern, jahrelang gewachsene Hierarchien ins Wanken bringen. Riemann ist als Führungsspieler im Team anerkannt, weil er zu 100 Prozent an den Erfolg denkt. Er kann zwar mit Mitspielern schimpfen wie ein Rohrspatz, manchmal schießt er über das Ziel hinaus. Er kann sie aber auch pushen, antreiben.
VfL Bochum: Auch Michael Esser ist hoch anerkannt
Die Alternative? Michael Esser, Bochums Bundesliga-erprobte Nummer zwei (35), ist mit 1,98 Metern deutlich größer als Riemann (1,86), hat Vorteile in der Strafraumbeherrschung. Der Castrop-Rauxeler hat seine Emotionen deutlich besser im Griff, kann auf dem Platz aber auch lautstarke Kommandos geben. Er ist im Team ebenfalls hoch anerkannt, auf der Linie ähnlich stark – mit dem Fuß nicht.
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Ein Torwartwechsel nach dem Sturz auf Rang 18 – Aktionismus oder sinnvoller neuer Reiz? Klar ist: Als Kapitän wird Riemann in Köln nicht mehr auflaufen. Anthony Losilla kehrt nach seiner Sperre zurück. Der 36-Jährige spielt seit neun Jahren mit Riemann zusammen. Das Eigentor, sagt Losilla, wird Riemann nicht umwerfen. „Im Gegenteil: Manu wird gestärkt daraus hervorgehen. Wir wissen, wie wichtig er für die Mannschaft ist.“