Bochum. Sebastian Schindzielorz hat am Mittwoch seinen offiziell letzten Arbeitstag beim VfL Bochum. Er erklärt, wie es zunächst weitergehen soll.
Nach rund viereinhalb Jahren als Sport-Geschäftsführer ist Schluss: Sebastian Schindzielorz, Ex-Profi, Ex-Assistent der Geschäftsführung und ab Donnerstag Ex-Sportgeschäftsführer des VfL Bochum, packt sprichwörtlich seine Sachen. Am Mittwoch, 31. August, ist offiziell sein letzter Arbeitstag, danach ist er bis zum Vertragsende am 31. Dezember freigestellt.
Patrick Fabian, sein bisheriger Assistent und Team-Manager, übernimmt den Posten. Und Schindzielorz nimmt sich eine Auszeit, erklärte er im Gespräch mit dieser Redaktion.
Dass diese nötig sein wird, erklären nicht nur die letzten Wochen mit vielen Transfers, mit seiner bereits im Mai kommunizierten Kündigung seines Vertrages zum Jahresende, der lange Zeit zumindest nach außen unklaren Nachfolge-Regelung und dem Wirbel um die zunächst gescheiterten Verhandlungen mit Trainer Thomas Reis um dessen Vertragsverlängerung.
164 Spiele als Sportchef, 147 als Spieler für den VfL Bochum
Schindzielorz, auch familiär fest verwurzelt in Bochum, trug in den letzten Jahren, ja: in seinem halben Leben den VfL in seinem Herzen. Das darf man mal so romantisch schreiben, auch wenn es im Fußball-Business selten um Herzensangelegenheiten geht. Geld, Macht, Karriere bestimmen das Geschäft. Allein 164 Pflichtspiele hat der gebürtige Pole als Sportchef des VfL begleitet, in 147 Partien hat der einstige Mittelfeldmann selbst für den VfL Bochum gespielt.
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43 Jahre ist Schindzielorz nun alt und steht als Manager am Anfang seiner Karriere. Nach Jahren als Assistent von Sport-Chef Christian Hochstätter übernahm er am 7. Februar 2018 dessen Amt. Ein Neuling, der kritisch beäugt wurde im Umfeld des VfL. Und der es schaffte, gemeinsam mit dem fast zeitgleich inthronisierten Finanz-Geschäftsführer Ilja Kaenzig den Verein zu beruhigen, durch die Corona-Krise zu führen, zum Aufstieg nach elf Jahren Zweitklassigkeit zu verhelfen und zum Klassenerhalt im ersten Bundesliga-Jahr.
Schindzielorz sorgte mit Kaenzig für Ruhe im Verein
Schindzielorz ist nicht der Typ, der extern polarisiert. Seine Sätze waren stets wohl bedacht und ließen selten tief blicken. Für die nach Schlagzeilen kreischende Medienwelt mag das eher spröde daherkommen. Doch genau das hat dem Verein gut getan. Genau das schreibt sich Schindzielorz (auch) auf seine Fahnen. Mit Ilja Kaenzig sorgte er bis zum Klassenerhalt im Mai für Ruhe, interne Meinungsverschiedenheiten waren nach außen selten bis nie ein Thema.
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Ein Manager wird aber nicht an Ruhe und Worten, sondern an Erfolgen gemessen wie ein Trainer auch. Gibt es Erfolg, waren seine Transfers in Summe gut. Bleibt er aus, waren sie mindestens nicht gut genug – die Rahmenbedingungen fallen dabei oft unter den Tisch. Fair ist das mitunter nicht. Oft hat sich Schindzielorz über eine zu einfache Betrachtungsweise der Öffentlichkeit mindestens geärgert.
Beide Trainer – Dutt und Reis – waren kluge Verpflichtungen
Schindzielorz hat auf zwei Trainer gesetzt. Robin Dutt kam in der größten Krise des letzten Jahrzehnts zur rechten Zeit, führte das Team zum existenziell wichtigen Klassenerhalt in der 2. Liga. Nach der Folgesaison mit Auf und Abs wollte Dutt neue Hierarchien bilden, servierte Führungskräfte wie Stefano Celozzi und Robert Tesche ab. Das ging gründlich schief. Letztlich stellte sich Dutt nach dem 3:3 gegen Wehen-Wiesbaden im August 2019 selbst ins Abseits.
Schindzielorz bewies Mut: Er verhalf seinem Ex-Mitspieler Thomas Reis, auch ein Ur-Bochumer mit der VfL-DNA, zu seinem ersten Job als Cheftrainer eines Profiteams. Ein Glücksgriff. In den ersten Monaten aber wehte auch Reis und damit Schindzielorz ein kräftiger Gegenwind ins Gesicht. Die Transfers von Robert Zulj und Vasileios Lampropoulos Anfang 2020 zum Beispiel flogen dem Manager in den (sozialen) Medien wochenlang um die Ohren. Seine Appelle an die Geduld und den Zusammenhalt verhallten weitgehend. Später mussten die Kritiker klein beigeben.
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Egal war und ist Schindzielorz beim VfL Bochum nichts
Der steile Aufstieg nach dem ersten Lockdown legte die Basis für den Erfolg der letzten zwei Jahre. Schindzielorz blieb auch in der Geisterspiel-Coronaphase bei sich, moderierte sie sachlich, seine Emotionen behielt er meist für sich. Der gebürtige Pole arbeitete dabei stets mit viel Energie. Er wirkte mitunter durchaus gestresst, was nachvollziehbar ist und auch für ihn spricht: Egal war – und ist – ihm beim VfL nichts.
Dabei musste er stets mit wenig bis gar keinem Geld Spieler verpflichten. Seine Transferbilanz lässt sich auch deshalb mehr als sehen. In diesem Sommer bescherten die Verkäufe von Sebastian Polter, Armel Bella Kotchap und Maxim Leitsch dem Verein zwar sportlich einen Verlust, bieten wirtschaftlich aber eine nach der Corona-Krise wesentliche Grundlage für die Zukunft – den Abstiegsfall bereits absichernd eingerechnet. Rund 15 Millionen Transferüberschuss, Stand jetzt, das gab es in der Vereinsgeschichte noch nie.
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Ob seine in diesem Sommer verpflichteten Spieler, von denen bisher nur Kevin Stöger vollends überzeugt hat, einschlagen, ist noch offen. Für eine abschließende Bewertung ist die Saison noch zu jung.
Schindzielorz appelliert auch zum Abschied an die Gemeinschaft
Die letzten beiden Partien auf der VfL-Bank hat Schindzielorz hinter sich. „Die Partie in Freiburg war für mich weniger emotional als mein letztes Heimspiel als VfL-Geschäftsführer: gegen die Bayern, in unserem Vonovia Ruhrstadion, vor unseren Fans“, sagt Schindzielorz. „Trotz des 0:7 war die Stimmung hervorragend. Nach dem Abpfiff habe ich versucht, die Atmosphäre noch einmal aufzusaugen.“
Typisch für ihn, dass er seinen so oft geäußerten Appell der Gemeinschaft auch zum Abschied betont: „Ich bin sehr glücklich, dass unsere Arbeit der letzten Jahre hier Früchte getragen hat. Wir funktionieren wieder als Gemeinschaft, die Fans versuchen alles, um uns zu unterstützen. Dieses hohe Gut gilt es zu bewahren und zu erhalten, wir müssen auch zukünftig als Gemeinschaft funktionieren. Mein großer Dank an alle Zuschauerinnen und Zuschauer, an alle Fans, die mich, die uns bis hierhin begleitet haben.“
Schindzielorz zu Gerüchten und seinen Plan für die nächsten Wochen
Der Zusammenhalt auf der Entscheider-Ebene allerdings bröckelte zuletzt. Schindzielorz kündigte seinen im Dezember auslaufenden Vertrag im Mai, nach dem Klassenerhalt. Er hätte sich sonst automatisch verlängert, darauf hat wohl das dafür zuständige Präsidium gesetzt. Von mangelnder Wertschätzung hörte und las man viel, öffentlich gesagt hat Schindzielorz das nie.
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Offen ist auch, ob der ehrgeizige Ex-Profi bei einem verbesserten VfL-Angebot in Bochum geblieben wäre. Karriere schlägt mitunter Herz. Schließlich gab es früh Gerüchte, er könnte beim VfL Wolfsburg einsteigen.
Ob es dazu kommt oder Schindzielorz sich einer anderen neuen Herausforderung stellen wird, wird sich zeigen. „Im Fußball wird immer viel spekuliert, es ist ein schnelllebiges Geschäft“, erklärt Schindzielorz. „Ich werde mir aber jetzt definitiv eine Auszeit nehmen, um mich auch emotional von meiner Aufgabe beim VfL Bochum zu lösen. Daher werde ich beim nächsten Heimspiel gegen Bremen nicht im Stadion sein, um damit anzufangen, langsam eine emotionale Distanz aufzubauen. Die wird nötig sein, wenn man meine Biografie kennt. Ich habe eine spezielle Verbindung zur Stadt, zum Klub, zu den Menschen, die für den VfL arbeiten oder ihn als Fan unterstützen. Ich werde wir einige Wochen Zeit nehmen, um emotional Abstand zu nehmen, den Kopf freizukriegen, die Emotionen in den Griff zu bekommen. Da habe ich keinen fertigen Plan in der Schublade. Danach sehen wir, wie es weitergeht.“
Schindzielorz will für Patrick Fabian immer erreichbar sein
Am Donnerstag wird Patrick Fabian (34) auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Wie Schindzielorz damals ein Neuling. Sein Ex-Chef will ihn weiter unterstützen, wenn er darum gebeten wird: „Ich kenne Patti ja schon lange, wir haben gut zusammengearbeitet“, sagt er. „Ich werde selbstverständlich eine gute Übergabe vorbereiten und alle meine Informationen weitergeben, wenn Patti mich anruft, bin ich immer bereit zu unterstützen. Ich bin jederzeit erreichbar, um Input zu geben.“