Gelsenkirchen. Über 70.000 Fans sind bei der „Mutter aller Pokalschlachten“ zwischen Schalke und Bayern dabei. Nach 120 Minuten steht es 6:6. wer erinnert sich?

Am 2. Mai jährt sich zum 40. Mal die „Mutter aller Pokalschlachten“ zwischen Schalke 04 und dem FC Bayern München. Vor über 70.000 Zuschauern trotzte Zweitligist Schalke dem großen Favoriten Bayern ein sensationelles 6:6 ab. Für den gerade 18 Jahre alt gewordenen S04-Youngster Olaf Thon geht im Ruhrpott-Matsch der Stern auf. Schalkes Eigengewächs Thon, der später zu Bayern wechselt und 1990 in Italien Weltmeister mit der Deutschen Nationalelf wird, erzielt drei Treffer im Pokal-Halbfinale. „Meine Spieler haben den kleinen Kerl gar nicht ernst genommen“, sagt der damalige Bayern-Trainer Udo Lattek fast als Entschuldigung für die indiskutable Defensivleistung. Erst im Halbfinal-Rückspiel setzen sich die Bayern knapp durch und besiegen Schalke 3:2.

Schalke 04: Dramatische Szenen auf den Rängen

Bestritt am 2. Mai 1984 das Spiel seines Lebens im Schalke-Trikot: Olaf Thon.
Bestritt am 2. Mai 1984 das Spiel seines Lebens im Schalke-Trikot: Olaf Thon. © rs | RS

Was viele beim 6:6 zwischen den Königsblauen und den Bayern gar nicht mitbekommen: Im Parkstadion spielen sich nicht nur auf dem Rasen, sondern auch auf den Rängen dramatische Szenen ab. Theo Grütter (67), heute Leiter des Ruhr-Museums in Essen, war im Mai 1984 als Sanitäter im Parkstadion im Einsatz. Der gebürtige Gelsenkirchener ist - wie sollte es anders sein - eingefleischter Schalke-Fan. An dem legendären Pokal-Abend hat Grütter aber kaum eine Chance, auf das Spielfeld zu schauen, obwohl er live im Stadion dabei ist. „Ich habe von den sechs Schalker Toren nur einen einzigen Treffer gesehen“, sagt Grütter im Rückblick.

Theo Grütter, Leiter des Ruhrmuseums, war beim legendären Pokal-Hit zwischen Schalke und Bayern als Sanitäter im Einsatz.
Theo Grütter, Leiter des Ruhrmuseums, war beim legendären Pokal-Hit zwischen Schalke und Bayern als Sanitäter im Einsatz. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Grütter war auf Schalke als Sanitäter im Einsatz

Warum das so war? Theo Grütter ist als Sanitäter im Parkstadion mehr gefordert als ihm lieb sein konnte. „Beim Spiel hatten wir drei Herzinfarkte zu versorgen“, erinnert er sich. Das waren aber nicht die einzigen Vorkommnisse. Grütter: „Im Stadion lief plötzlich jemand herum, dem ein Finger fehlte. Alle Leute, die zur Verfügung standen, sind ausgeschwärmt und haben diesen fehlenden Finger gesucht.“ Mit Erfolg. Das - aus welchen Gründen auch immer - abgetrennte Körperteil wurde gefunden und dem Besitzer wieder zugeführt. Alles ging gut aus. Grütter: „Der Finger ist im Gelsenkirchener Bergmannsheil wieder angenäht worden.“

Emotionale Achterbahnfahrt auf Schalke

Nach Abpfiff des emotionalen Schleudergang-Spiels, das mit einem 4:4 in die Verlängerung einbiegt, wird der junge S04-Pokalheld Thon nach seinem Treffer zum 6:6-Endstand von Dutzenden freudetrunkenen Schalke-Fans auf Schultern über das umgepflügte Spielfeld getragen. Wenn das Flutlicht nicht ausgeschaltet worden wäre, würde Thon vermutlich heute noch im Innenraum verweilen. In einem Interview mit ZDF-Reporterlegende Rolf Töpperwien verrät Talent Thon sogar, als Jugendlicher in Bayern-Bettwäsche geschlafen zu haben. Geschichten, die man sich nicht ausdenken kann. Theo Grütter bekommt auch von diesen Szenen nichts mit. Er hat genug als Sanitäter in der Schalker Kurve zu tun.