Dublin. Sead Kolasinac gewinnt mit Atalanta Bergamo die Europa League und spricht über Norbert Elgert und erinnert an Schalkes Sieg 1997.

Die goldene Medaille baumelt um seinen Hals, der Blick ging stolz darauf. Sead Kolasinac, der ehemalige Profi des FC Schalke 04, gewann am Mittwochabend mit Atalanta Bergamo den Titel in der Europa League in einem einseitigen Finale gegen Bayer Leverkusen. Im Gespräch nach dem Triumph sprach er mit dieser Redaktion über besondere Gedanken an einen Erfolg des S04, einem Telefonat mit Norbert Elgert und Feierlichkeiten mit seiner italienischen Mannschaft.

Doch das Gespräch begann etwas anders, als man es sonst gewohnt ist. Die erste Frage stellte nämlich Kolasinac - und überraschte damit den Reporter.

Was war gestern vor 27 Jahren?

(Der Autor überlegt kurz) Da gewann Schalke 04 den Uefa Cup.

Richtig.

Haben Sie tatsächlich vor Ihrem vielleicht wichtigsten Spiel der Karriere an den Uefa-Cup-Sieg des FC Schalke gedacht?

Sead Kolasinac: Ja, ich habe gestern noch daran gedacht. Deshalb bin ich unheimlich stolz, dass ich heute diesen Pokal in die Höhe recken durfte.

Was bedeutet Ihnen dann vor diesem Hintergrund dieser Titel?

Es bedeutet mir sehr viel. Die ganze harte Arbeit, die ich investiert habe, hat sich heute ausgezahlt. Ich vernachlässige für meinen Job sehr viel, lasse meine Frau und meine Tochter, meine Familie häufig allein. Deshalb war es mir enorm wichtig, denen heute auch etwas zurückzugeben. Es war für mich ein ganz besonderes Spiel. Ich bin sehr, sehr happy, dass wir hier gewonnen haben.

Was haben Sie als erstes nach dem Abpfiff getan?

Ich habe meine Familie per Facetime angerufen und ich wusste nicht, ob ich lachen oder heulen soll. Es waren sehr verrückte Emotionen heute Abend.

Sead Kolasinac spricht über Schalkes Norbert Elgert

Wie feiern Sie nun diesen Titel?

Relativ entspannt. Ich habe schon mit meiner Frau telefoniert und sogar meine Kleine war noch wach. Wir werden im Hotel noch etwas feiern - was heute auch erlaubt ist. Aber wir haben noch zwei Spiele in der Serie A, mit denen wir den dritten Platz in der Liga holen können. Das wird nun das nächste große Ziel. Das wäre für uns als Verein ein weiterer großer Erfolg. Richtig realisiert man das eh erst, wenn ich im Sommer mit der Familie im Urlaub ausspanne. Ich kann meine Emotionen gar nicht greifen. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.

Sead Kolasinac wurde beim FC Schalke 04 groß - und ist noch immer Schalker.
Sead Kolasinac wurde beim FC Schalke 04 groß - und ist noch immer Schalker. © Jürgen Fromme/firo Sportphoto/POOL | Jürgen Fromme

Als Sie beim FC Schalke zum Profi wurden - haben Sie sich je solch eine Karriere ausgemalt?

Ich habe heute noch mit Norbert Elgert telefoniert. Er hat mir das immer prophezeit, dass ich als Leader vorangehen kann. Ich habe mich an seinen Ratschlag gehalten. Ich weiß, dass ich nicht der beste Fußballer bin, aber ich bin mit Herz und Leidenschaft in jeder Sekunde dabei. Mit der richtigen Einstellung kann man viel kompensieren. Deshalb hat mich meine Entwicklung nicht so sehr überrascht. Norbert Elgert liegt mit seinen Einschätzungen bekanntlich selten daneben (lacht).

Was hat Norbert Elgert Ihnen denn vor dem Finale gesagt?

Dass ich bei mir bleiben soll. Wir hören uns regelmäßig, haben einen engen Kontakt. Er ist mein Mentor und ich bin mit ihm täglich im Austausch. Er hat mir gesagt, dass es extrem wichtig ist, das umzusetzen, was der Matchplan ist. Er hat mir gesagt, dass wir ausblenden sollen, dass die 51 Spiele ohne Niederlage waren. Zudem meinte er, dass er die Qualitäten in unserer Mannschaft sieht, Leverkusen zu schlagen. Er verfolgt uns schon die ganze Saison. Ich bin sehr froh, dass er recht hatte.

So denkt Sead Kolasinac über den FC Schalke

Die Fans haben Sie gefeiert, sie scheinen auch bei Atalanta Bergamo ein Fanliebling zu sein.

Ja, ich bin hier sehr gut angekommen. Das hätte ich mir in meiner ersten Saison gar nicht so ausgemahlt. Ich habe mich vom ersten Moment an sehr wohl gefühlt und wurde super aufgenommen. Ich glaube, ich passe in dieses Team und denke, dass ich den Jungs etwas zurückgeben kann mit meiner Spielweise.

Noch kurz ein Blick auf Ihren Herzensverein FC Schalke 04. Wie nehmen Sie die aktuelle Situation wahr?

Ich habe die Saison verfolgt und auch mitbekommen, was dort passiert. Die Entscheidungen treffen die Verantwortlichen. Ich drücke dem FC Schalke die Daumen, dass sie sich fangen und die nächste Saison nicht so turbulent wird, wie die letzte. Das wäre wichtig. Ich bin immer mit Herz dabei und hoffe, dass es schnell wieder bergauf geht. Das verdient die Region, das verdienen die Fans, das verdienen alle Leute, die mit Schalke zu tun haben.