Gelsenkirchen. Schalkes Knappenschmiede-Direktor verrät, welches Argument bei der Kozuki-Verpflichtung zog – und was Talente wie Hannovers Ndiaye überzeugt.

Für Mathias Schober ist die Talentförderung beim FC Schalke 04 eine Herzensangelegenheit. Seit eineinhalb Jahren fungiert der ehemalige Bundesliga-Torwart als Direktor Knappenschmiede und Entwicklung. Spieler, die sich mit Schober zum Gespräch in den Knappenschmiede-Räumlichkeiten treffen, sehen das königsblaue Vereinsgelände auf Bildern in drei verschiedenen Phasen. Links hängt eine Luftaufnahme vom früheren Areal, in der Mitte hängt ein Bild aus der aktuellen Zeit – und ganz rechts ist die Vogelperspektive mit geplanter neuer Geschäftsstelle, einem zusätzlichen Trainingsplatz, kleiner Parkstadion-Tribüne und dem „Tor auf Schalke“ angebracht.

Auch interessant

Auch interessant

Das macht Eindruck, ist aber längst nicht alles, was die Knappenschmiede an Argumenten in die Waagschale werfen kann. Im WAZ-Interview spricht der 46-Jährige über den Profi-Aufstieg von Soichiro Kozuki, welches Argument bei der Verpflichtung zog und Spieler-Werdegänge, die ihn stolz machen.

Herr Schober, mit Soichiro Kozuki hat zu Jahresbeginn ein Spieler aus der U 23 den Sprung nach oben zu den Profis geschafft und nach seinen Einsätzen bisher gute Kritiken erhalten. Wie schwer ist es, solche Spieler überhaupt ins Netz zu bekommen?

Dank eines Tipps ist Soichiro Kozuki beim FC Schalke 04 gelandet

Mathias Schober: Wir haben unser Netz in allen Altersstufen immer ausgeworfen. Unsere Scouts sind ständig unterwegs. In diesem speziellen Fall waren unsere U 23-Scouts Manni Dubski und Holger Floßbach aktiv. Bei Kozuki haben wir einen Tipp bekommen. Da hieß es, wir können ihn ins Training bekommen. Das ist für uns natürlich immer gut. Neben den sportlichen Fähigkeiten des Fußballers lernen Trainer, Mitspieler und Verantwortliche auch den Charakter kennen. Es war so, dass wir mit der Kaderplanung schon sehr weit waren und eigentlich auch gar keinen Platz übrig hatten. Wir waren von Soichiro so überzeugt, dass wir gesagt haben: Den müssen wir unbedingt dazunehmen!

Soichiro Kozuki ist beim FC Schalke 04 vom U-23-Spieler zum Bundesliga-Profi aufgestiegen.
Soichiro Kozuki ist beim FC Schalke 04 vom U-23-Spieler zum Bundesliga-Profi aufgestiegen. © Getty Images | Dean Mouhtaropoulos

Auch interessant

Wie schwierig war es, Kozuki von Kyoto Sanga, wo er bereits im Profibereich gespielt hatte, loszueisen?

Das lief alles per E-Mail. Der abgebende Verein war ein schwieriger Verhandlungspartner. Für den Jungen wäre es schade gewesen, wenn es nicht geklappt hätte. Letztendlich haben wir für alle Seiten eine gute Lösung gefunden. Kyoto hatte sich am Anfang quergestellt, aber wir haben ihnen ganz klar gesagt: Verbaut dem Jungen nicht die Chance. Für ihn ist es ein Riesentraum, in Europa Fuß zu fassen. Bitte lasst ihn doch auf Schalke, bei diesem Traditionsverein, spielen. Auf dieser menschlichen Schiene gab es dann eine Verhandlungsbasis. Darauf hat sich Kyoto dann zum Glück eingelassen.

Muss der FC Schalke 04 für Kozuki-Tore Nachschläge zahlen?

Schalke 04 muss jetzt aber nicht für jedes Kozuki-Tor in der Bundesliga Nachschläge zahlen, oder?

(lacht) Nein, das müssen wir nicht. Wir haben ja gesehen, dass Soichiro in der Regionalliga viele Tore geschossen hat. So eine Vereinbarung wäre für uns finanziell gesehen nicht so gut.

Auch interessant

Wie viele Kozukis muss Schalke 04 pro Jahr finden?

Ob das jetzt ein Kozuki oder ein Niklas Castelle ist, der vor seinem Wechsel zu uns noch nie ein Nachwuchsleistungszentrum von innen gesehen hatte: Am liebsten hätte ich es als Direktor der Knappenschmiede, wenn ein Spieler aus unserer U 8 bis zu den Profis durchgeht – also ein richtiges Eigengewächs. Das wäre die Idealvorstellung, die leider selten vorkommt. Malick Thiaw zum Beispiel, der jetzt beim AC Mailand unter Vertrag steht, haben wir aus der U 15 von Borussia Mönchengladbach in die Knappenschmiede geholt. Wenn so ein Junge dann hier durchgeht und in der Veltins-Arena spielt, ist das ein Erfolg für den Gesamtverein. Das macht mich stolz!

Stürmer Keke Topp bekommt das Schalke-Gen eingeimpft

Es gibt noch andere Beispiele für Spieler, die in jungen Jahren zu Schalke kamen und es bis zu den Profis geschafft haben.

Memo Aydin zum Beispiel – ihn haben wir auch aus Mönchengladbach geholt. Er hat es bei uns ebenfalls in die Lizenzmannschaft geschafft. Malick und Memo sind für uns definitiv Knappenschmiede-Spieler. Keke Topp spielt im zweiten Jahr in unserer U 19. Er kam von Werder Bremen zu uns. Ihn sehe ich dann auch als Knappenschmiede-Spieler, weil er hier das Schalke-Gen eingeimpft bekommt. Wir würden uns natürlich freuen, wenn in der Profi-Mannschaft pro Saison zwei, drei Spieler aus der Knappenschmiede ankommen. Es gab vor einigen Jahren mal ein Champions-League-Spiel, bei dem acht ehemalige Schalke-Talente in der Startelf standen. Wenn so etwas irgendwann noch mal funktioniert, wäre das natürlich super und würde heute wie damals für die sehr gute Arbeit der Knappenschmiede sprechen.

Mit Jean Paul Ndiaye wurde vor wenigen Tagen ein 16-jähriger Nationalspieler aus Hannover verpflichtet. Wie schwer ist es, solche Talente abzuwerben?

Auch interessant

Mathias Schober nennt auch andere als Leroy Sané, Julian Draxler und Manuel Neuer

Die Konkurrenz ist groß, und wir haben mehrere Vereine ausgestochen, das wissen wir definitiv. Wenn wir so einen Spieler auf unserem Zettel haben, dann kennen die anderen Vereine ihn natürlich auch. Wir kämpfen um so ein Talent. Ndiaye wollten wir bereits für unsere U 15 holen, aber das hat seinerzeit nicht geklappt. Wir fanden ihn gut und haben ihn weiterhin beobachtet – auch bei einem Einsatz in der DFB-Nationalelf. Da haben wir gesagt: Das ist ein Spieler, der bei uns durchgehen könnte. Wir haben ihn mit seinem Berater eingeladen, ihm das Gelände und das Internat gezeigt. Wenn es nur um das Finanzielle gehen würde, hätten wir im Vergleich zu anderen Nachwuchsleistungszentren kaum eine Chance. Da werden teilweise Wahnsinns-Summen bezahlt. Wir können nicht immer nur sagen, bei uns waren mal Leroy Sané, Julian Draxler und Manuel Neuer.

Auch interessant

Sondern?

Es gibt viele weitere Spieler, die es in letzter Zeit bei uns nach oben geschafft haben: Neben Thiaw auch Weston McKennie oder Kerim Çalhanoğlu und Levent Mercan. Die vergisst man in solchen Aufzählungen oft. Sie haben nicht die ganz große Strahlkraft, haben aber bei uns trotzdem über die Knappenschmiede den Sprung in den Lizenzfußball geschafft. Diese Argumente bringen wir in den Vertragsgesprächen ein. Hinzu kommt die menschliche und familiäre Komponente. Für uns besitzen die Spieler einen großen Stellenwert. Die Unterbringung der Jungs findet nicht in irgendwelchen Hotels statt, wo sie für sich allein sind, sondern bei zwei Gastfamilien, bei denen sie in den Alltag eingebunden werden. Auch da können wir sicherlich punkten. Und natürlich mit Trainer Norbert Elgert, der den Jungs in der U 19 den letzten Schliff gibt.