Gelsenkirchen. Nach der abgebrochenen Schalker Mitgliederversammlung muss Jens Buchta vorerst im Amt bleiben. Mit einigen abgerechnet hat er jetzt schon.

Die Frage, die aus dem Off in die Arena geschickt wurde, war gut. „Alles gut?“, wollte Schalke-Mitglied Martin Kulig einfach mal wissen. Und weil man unter Schalkern ja ohnehin per Du ist, sprach er auch gleich den Chef an, also Jens Buchta. Alles gut?

Nun ja. Am Sonntag um 15.09 Uhr musste Jens Buchta die digitale Schalker Mitgliederversammlung abbrechen, es lag an den Tücken der Technik. Schalke bekam es nicht hin, dass die Mitglieder von zu Hause ihre Stimme abgeben konnten – schon bei der Probeabstimmung kurz nach Beginn der Versammlung am Morgen ging nichts. Dreieinhalb Stunden werkelte Schalke an der Technik, um 12.47 Uhr verkündete Buchta, dass die technischen Probleme kurzfristig nicht lösbar seien: „Ich muss leider sagen, dass wir die richtigen Abstimmungsergebnisse nicht zu 100 Prozent gewährleisten können.“ Bei den Tests in den Tagen zuvor soll nach Klub-Angaben alles funktioniert haben.

Schalke: Keine Wahlen, aber Aussprache

Wie es jetzt weitergeht, konnte Schalke zunächst nicht sagen: Wenn die Corona-Zahlen weiter nachlassen, könnte es zu einem späteren Zeitpunkt eine Präsenz-Veranstaltung geben. Möglich aber auch, dass Schalke noch einen zweiten digitalen Versuch wagt. „Ich bitte alle Mitglieder um Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten“, sagte Buchta als Versammlungsleiter. Eigentlich wollte er am Sonntag im Anschluss an die Versammlung aus dem Schalker Aufsichtsrat zurücktreten – nun muss er bis auf Weiteres im Amt bleiben.

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Was Schalke am Sonntag unfallfrei über die Bühne brachte, waren die Berichte der Gremien und die Aussprache mit den digital zugeschalteten Mitgliedern. Buchta ging in seinem Bericht für den Aufsichtsrat zunächst auf den Niedergang ein, der im Abstieg aus der Bundesliga mündete: „Es wäre zu einfach, die Schuld bei einem Verantwortlichen allein zu suchen“, sagte der 58-Jährige: „Den Schuldigen gibt es nicht – es summieren sich die Fehler in den letzten vier bis fünf Jahren“. Womit auch Christian Heidel, der 2016 nach Schalke kam, ganz sicher mit im Boot sitzt. Mehr auf seine eigene Verantwortung bezogen, sagte Buchta: „Wir müssen uns kritisch hinterfragen, ob wir einige Entscheidungen schneller hätten treffen müssen – ob wir zu lange gewartet haben und uns schneller hätten trennen müssen von Plänen und Personen.“ Die Antwort gab er selbst: Wahrscheinlich ja.

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„Wissentlich den Verein der Lächerlichkeit preisgegeben“

Als Buchta betonte, „für Egoismen und vereinsschädigendes Verhalten wird kein Platz sein“, ging er auf die Ereignisse am 12. März ein. Da war die Gruppe Tradition und Zukunft, im Schalker Volksmund auch „Rangnick-Gruppe“ genannt, parallel zu einer Schalker Aufsichtsratssitzung mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit gegangen, dass Ralf Rangnick angeblich zu einer Rückkehr nach Schalke bereit wäre. Ohne die Gruppe direkt zu erwähnen, bezeichnete er diese Aktion als „Peinlichkeit“ und sagte: „Man gibt wissentlich unseren Verein der Lächerlichkeit preis.“

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„Der Aufsichtsrat wurde hintergangen“

Auch mit Stefan Gesenhues, der damals noch im Schalker Aufsichtsrat saß, aber zugleich mit der Rangnick-Gruppe in Kontakt stand, rechnete Buchta ab, ohne dessen Namen zu nennen: „Ein Aufsichtsrat hat dazu beigetragen, dass unser Verein in der schwersten Krise weiter Schaden genommen hat und der Aufsichtsrat hintergangen wurde.“

Gesenhues wollte sich am Sonntag ja eigentlich wieder in den Aufsichtsrat wählen lassen, aber dieser Vorgang fiel der Technik zum Opfer.

Buchta wurde auch bei der anschließenden Aussprache von den Mitgliedern auf die gescheiterte Rangnick-Verpflichtung angesprochen. Als „definitiv falsch“ bezeichnete er den kolportierten Vorwurf, er wäre für die Rangnick-Gruppe nicht erreichbar gewesen. Auch Buchtas Rolle in der Zeit seines Amtsvorgängers Clemens Tönnies wurde thematisiert.

Es war kein leichter Tag für Buchta, aber es gab ja auch Zuspruch für den nun erst demnächst scheidenden Schalke-Boss. „Alles gut?“