Gelsenkirchen. Ex-Schalke-Trainer Domenico Tedesco wurde in Russland mit Spartak Moskau Vizemeister. Er verlässt den Traditionsverein nun als gefeierter Mann.
Ein Helden-Video hatte die Social-Media-Abteilung von Spartak Moskau schon vor dem abschließenden Saisonspiel in der russischen Liga bei Achmat Grosny gedreht. Tedescos abgedrehteste Jubelszenen waren in einem Twitter-Video zur Musik von "Holding out for a hero" zu sehen, der Kommentar: "Ready for the Boss' Last Dance." Und in der Tat: Tedesco, der seinen auslaufenden Vertrag in Moskau nicht verlängert, verlässt Moskau als Held: Sein Team holte einen 0:2-Rückstand auf. Und der 2:2-Endstand genügt zur Vizemeisterschaft. Spartak nimmt an der Qualifikation zur Champions League teil. "Ich bin sehr stolz auf unsere junge Mannschaft", sagte Tedesco dieser Redaktion. "Die Jungs haben eine sehr gute Entwicklung durchgemacht und sich diesen zweiten Platz wirklich verdient."
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Die Verehrung von Tedesco hatte in den vergangenen Wochen immer heftigere Züge angenommen. Die Fans verabschiedeten ihn auf Plakaten emotional, auch von den Vereinsbossen gab es nur Lobeshymnen. Normal ist das nicht - denn Spartak hat im russischen Fußball die größte Fanbasis und stets höchste Erwartungen an seine Trainer. Viele scheiterten daran - denn die goldenen Jahre, in denen Spartak regelmäßig Meister wurde (zehnmal russischer Meister plus zwölfmal sowjetischer Meister) liegen lange zurück. Seit 2001 gab’s nur noch einen Meistertitel in der Saison 2016/17.
Ex-Schalke-Trainer: Tedescos Vertrag endet im Juni 2021
Nun kehrt Spartak immerhin in die Champions-League-Quali zurück - auch dank Tedesco. "Es war eine intensive, wahnsinnig tolle Zeit. Spartak ist ein fantastischer Verein, Moskau eine unglaubliche Stadt. Es war mir eine Ehre, hier Trainer sein zu dürfen", sagte Tedesco dieser Redaktion.
Im Oktober 2019 hatte er Spartak auf dem neunten Tabellenplatz übernommen - der Vorsprung vor den Abstiegsplätzen war nicht groß. Er formte eine ganz junge Mannschaft - zwischenzeitlich war das Durchschnittsalter niedriger als bei der eigenen U23.
Sportlich ging es meist bergauf, Spartak wollte den Vertrag frühzeitig zu besseren Bezügen verlängern. Doch Tedesco wollte wieder näher bei seiner Familie sein, die in Deutschland geblieben war. Und außerhalb des Rasens lief nicht alles rund. Oft sah er die Gelbe Karte - und fühlte sich nicht immer gerecht behandelt. In einem Spiel in Sotschi wurde Tedesco fremdenfeindlich beleidigt. „Mir wurde von der gegnerischen Bank gesagt, das sei ihr Land und ich solle es verlassen. Ich bin schockiert. Solche Aussagen haben im Sport und in unserer Gesellschaft nichts zu suchen“, sagte Tedesco. Sein Assistent Andreas Hinkel wurde getreten.
Nun gibt es ein Happy End als Held - und der Fußball, den er spielen ließ, war attraktiv. Nur Meister Zenit St. Petersburg erzielte mehr Tore als Spartak. Einige Schalke-Fans hatten dem Trainer immer die defensive Spielweise vorgeworfen.
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Tedesco, mit 35 Jahren noch immer ein sehr junger Trainer kehrt nach Deutschland zurück. Einen neuen Klub hat er noch nicht gefunden - es kann auch sein, dass er nach der nervenaufreibenden Zeit in Russland erst einmal eine Pause einlegt. Bereits drei Profivereine hat er trainiert - vor seiner Zeit in Moskau und auf Schalke war er für Erzgebirge Aue zuständig.
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Tedesco: Immer noch Schalke verbunden
Eins ist klar: Seinem Ex-Klub Schalke ist er immer verbunden geblieben. Schon bei seiner Vertragsunterschrift in Moskau hatte er gesagt: „Ich identifiziere mich zu 100 Prozent mit Schalke 04 und werde es nach wie vor tun." Bei seiner Vertragsauflösung hatte er auf vier bis fünf Millionen Euro verzichtet. Und in Moskau schaute er, wann immer es die Zeit erlaubte, jedes Spiel der Königsblauen. Und er litt mit.