Gelsenkirchen. Viele Trainer, die Schalke in den vergangenen Jahren betreut haben, sind heute ohne Verein – ist das Zufall? Einer startet jetzt ein Comeback.
Dimitrios Grammozis musste am Donnerstag, als er seine erste Pressekonferenz nach mehr als zwei Wochen und dem Schalker Bundesliga-Abstieg gab, viele Fragen beantworten – die nach seiner persönlichen Zukunft wurde ihm nicht gestellt. Denn eigentlich ist dazu alles gesagt: Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel hat den festen Vorsatz, mit Grammozis in die Zweite Liga zu gehen – ob es am Ende auch so kommt, wird man im Sommer sehen. Dass viele Beobachter dies im Moment lieber noch mit einem Fragezeichen versehen, liegt an Schalkes Gesamtsituation.
Obwohl die in der vergangenen Dekade niemals so schlecht wie heute war, konnten sich die Trainer auf Schalke ihrer Sache niemals sicher sein. Seit Felix Magath vor zehn Jahren gefeuert wurde, haben sich elf verschiedene Trainer an Schalke versucht, Huub Stevens sprang in dieser Zeit sogar dreimal ein. Aber selbst wenn man Stevens, der seine Karriere ja offiziell für beendet erklärt hat, herausnimmt, fällt auf: Fast alle ehemaligen Schalker Trainer sind heute ohne Verein.
Die meisten hatten nach ihrem Abschied von Schalke zwar noch den einen oder anderen Klub, aber richtig Karriere gemacht hat von ihnen nur Ralf Rangnick (auf Schalke zuletzt von März bis September 2011) – und das bei RB Leipzig vorwiegend in anderer Funktion. Für viele entpuppte sich Schalke dagegen als Karriere-Knick. Von den Trainern, die Königsblau in den vergangenen zehn Jahren hatte, haben aktuell nur Domenico Tedesco (Spartak Moskau) und Markus Weinzierl (FC Augsburg) einen Trainer-Job.
Weinzierl startet an diesem Freitag mit dem Auswärtsspiel beim VfB Stuttgart sein Bundesliga-Comeback auf der Bank des FCA. Eigentlich ist er jedoch das Parade-Beispiel für den Karriere-Knick auf Schalke.
Als die Königsblauen Weinzierl im Sommer 2016 aus Augsburg holten, galt der Niederbayer als der kommende Mann auf dem deutschen Trainermarkt – zu seiner Zeit beim vergleichsweise kleinen FCA war er sogar einmal zum Trainer des Jahres gewählt worden. Schalkes damaliger Manager Christian Heidel war sich seiner Sache so sicher, dass er Weinzierl für drei Millionen Euro aus dem Vertrag in Augsburg herauskaufte – damals die höchste Ablösesumme, die in Deutschland für einen Trainer gezahlt wurde.
Teuer bezahlt und falsch eingeschätzt
Doch nach einem Jahr stellte Heidel fest, dass Weinzierl eben doch nicht der Richtige war, und zu dem gleichen Ergebnis kam in der Saison 2018/19 auch der VfB Stuttgart, der Weinzierl ebenfalls vor Vertragsende feuerte. Als der Trainer nun nach zwei Jahren ohne Job wieder in Augsburg anheuerte, sagte er kleinlaut: „Es ist kein Geheimnis, dass ich es bereut habe, damals wegzugehen und froh bin, wieder hier zu sein.“
Weinzierl auf Schalke hatte auch deswegen nicht gepasst, weil der Trainer intern kein besonders großer Kommunikationskünstler gewesen sein soll: Wahrscheinlich, dieser Schluss liegt zumindest nahe, war er aber auch nicht so gut, wie Schalke ihn vorab eingeschätzt hatte. Und das war kein Einzelfall.
Erst Schalke, dann nicht mehr gefragt
Auf jeden Fall haben sich viele Trainer, die mit großen Hoffnungen geholt wurden, nach ihrem Abschied von Schalke schwer getan. Der Italiener Roberto di Matteo, das Missverständnis aus der Saison 2014/15, bekam danach nur noch einmal einen Job bei Aston Villa – seit 2016 ist er ohne Verein. 2012 hatte er mit Chelsea noch die Champions League gewonnen. Auch Jens Keller, der sich knapp zwei Jahre auf Schalke hielt, hatte danach nur noch überschaubaren Erfolg bei Union Berlin (eineinhalb Jahre), dem FC Ingolstadt (vier Monate) und dem 1. FC Nürnberg (sieben Monate). Und selbst André Breitenreiter, der ein schwieriges Jahr 2015/16 auf Schalke mit Platz fünf abschloss, fand danach nur noch einmal eine Trainer-Anstellung bei Hannover 96 (bis Januar 2019).
Von David Wagner, Manuel Baum und Christian Gross, die Schalke durch die laufende Saison steuerten, muss man nicht groß reden – über Dimitrios Grammozis ist das abschließende Urteil noch nicht gesprochen. Aber auch der 42-Jährige muss befürchten, dass Schalke seiner noch jungen Karriere nicht besonders gut getan hat.
Nur Tedesco kam unbeschadet raus
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Von den Trainern der jüngeren Vereinsgeschichte hat einzig Domenico Tedesco Schalke mehr oder weniger unbeschadet überstanden: Dass der Deutsch-Italiener im März 2019 scheiterte, wurde eher der Mannschaft und dem Verein zugeschrieben, als dem Trainer Tedesco, der bis zum Sommer noch bei Spartak Moskau arbeitet. Für die Zeit danach hat er bis jetzt aber auch noch keinen neuen Verein.