Sinsheim. Absteiger Schalke 04 diskutiert schon wieder über den Trainer. Soll Dimitrios Grammozis auch in der 2. Bundesliga bleiben? Ein Kommentar.

Als Dimitrios Grammozis am 2. März das Amt des Cheftrainers bei Schalke 04 übernahm, wusste er, wie riskant seine Entscheidung sein könnte – und dass er sogar einen Knick seiner noch jungen Trainerkarriere riskiert. Vorbilder dafür gibt es genug: Trainer wurden zuletzt oft gesucht im deutschen Profifußball – die Ex-S04-Trainer David Wagner, Manuel Baum und Christian Gross waren nicht einmal in der erweiterten Auswahl.

Nun ist das eingetreten, was sich Grammozis bei Amtsantritt zwar nicht erhoffte, aber doch befürchten musste. Auch er scheitert an dieser schlecht zusammengestellten Mannschaft, an dieser Mischung aus hoffnungsvollen Talenten und launischen Ego-Profis mit sehr wechselhafter Tagesform. Vier Punkte aus acht Spielen bei einem Torverhältnis von 4:19 sind eine schlechte Bilanz. Viermal kassierte Schalke unter Grammozis‘ Regie mindestens drei Gegentore, ging zweimal sogar unter.

Schalke: Auch Ex-Trainer Wagner war vorbelastet

Sollte sich Schalke schon jetzt dafür entscheiden, den Neuaufbau mit einem gänzlich unbelasteten Trainer anzugehen? Vor genau einem Jahr wäre das die korrekte Lösung gewesen. Auch Ex-Trainer Wagner hatte eine schlechte Rückrunde hinter sich, ihm wurde das Vertrauen ausgesprochen – so wie es jetzt Sportvorstand Peter Knäbel mit Grammozis macht. Schalke setzte unter Wagner aber den Start in den Sand und wechselte schon nach zwei Spielen den Trainer. Ein Szenario, das Schalke diesmal unbedingt vermeiden will.

Ist der Trainerwechsel also eine logische Folge? Nein, ganz so einfach ist das nicht – und das aus fünf Gründen.

Erstens: Drei Spiele sind noch zu absolvieren. Möglich, dass Grammozis sein Team noch zu mindestens einem überzeugenden Sieg führt.

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Zweitens: Die klare Zusage von Knäbel aus dem Interview mit dieser Zeitung steht. Da sprach er davon, Grammozis sei „definitiv“ in der 2. Bundesliga Schalkes Trainer. Knäbel müsste sich schon eine sehr gute Begründung einfallen lassen, um von diesem Satz abzurücken.

Drittens: Grammozis ist schon an der Kaderplanung beteiligt. Er spricht mit möglichen Neuen wie Sebastian Schonlau (Paderborn), spricht mit Knäbel seine Spielidee ab. Ein neuer Mann könnte nicht mehr wirklich in die Planung eingreifen.

Viertens: Die Alternativen auf dem Trainermarkt fehlen. In der Bundesliga suchen Eintracht Frankfurt und der 1. FC Köln, möglicherweise bald auch der VfL Wolfsburg und Werder Bremen. In der 2. Bundesliga hat der Hamburger SV noch keinen Trainer für die kommende Saison gefunden. Schalke ist inzwischen ohnehin nicht mehr die erste Adresse für ambitionierte Trainer.

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Und es gibt noch einen fünften Grund: Wagner arbeitete im vergangenen Sommer mit der Mannschaft weiter, die in der Rückrunde zuvor schlecht gespielt hatte. Grammozis muss mit der aktuellen Mannschaft nur noch 14 Tage zusammenarbeiten. Wenn Mitte Juni die Saisonvorbereitung beginnt, sieht der Kader ganz anders aus – dann sind viele Ego-Profis weg, aber die Talente noch da. Und neue Spieler, die Grammozis wollte. Dann kann der Trainer wirklich zeigen, was in ihm steckt.

Sollte er bleiben dürfen, auch wenn die verbleibenden drei Liga-Spiele verloren gehen, dürfte Grammozis und Knäbel aber klar sein, dass der Start gelingen muss. Sonst droht die Zweitliga-Saison gleich nach wenigen Spieltagen wieder in eine ganz falsche Richtung zu laufen. Und da in der kommenden Saison wohl wieder Fans zugelassen sein werden, wären die Proteste diesmal umso lauter.