Gelsenkirchen. Ralf Rangnick lässt verlauten, er würde gerne Bundestrainer werden. Auf Schalke wird hinter den Kulissen viel schmutzige Wäsche gewaschen.

Es bleibt spannend beim FC Schalke 04. Die Zeit rennt den Verantwortlichen davon, während die Mannschaft der Zweiten Liga entgegentaumelt. Nachdem eine Interessengemeinschaft möglicher künftiger Funktionsträger die amtierende Vereinsführung mit Ralf Rangnicks Bereitschaft zur Rückkehr als Sportvorstand überrumpelt hatte, kam es zu einer heftigen Konfrontation. Aber: Auch der Aufsichtsrat bestreitet nicht, dass Ralf Rangnick ein hochinteressanter Kandidat ist. „Der Aufsichtsrat des FC Schalke 04 hat bereits Kontakt zum Berater von Ralf Rangnick aufgenommen. Zum weiteren Vorgehen werden wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Angaben machen“, teilte der Verein am Montag mit. Ein erster Schritt war damit getan.

Doch ob dieser zu einem guten Ende führen wird, ist seit Montagabend äußerst fraglich. Denn Rangnicks Berater Marc Kosicke gab Sport1 ein Interview, aus dem hervorgeht, dass sich der Wind aktuell gedreht haben könnte. „Ralf Rangnick ist interessiert am Job des Bundestrainers“, sagte Kosicke. „Er ist Anfang 60 und topfit, das wäre die Krönung seiner Karriere.“ Den „sehr leidenschaftlichen Menschen aus dem Schalker Umfeld“, die auf ihn mit dem Wunsch nach einer Rückkehr zugekommen seien, habe er gesagt: Wenn alle Rahmenbedingungen stimmen, könne er sich das vorstellen. „Mehr an Austausch gab es da nicht.“ Das wird von der Gruppe, die mit Rangnick sprach, bestritten. Es sei „über Zahlen und mehr“ geredet worden.

Im Machtkampf auf Schalke wird mit harten Bandagen gekämpft

Für Schalke sieht es nun düster aus. Das hatte in dieser Zerreißprobe gerade noch gefehlt.

Einige Schalke-Mitglieder aus Wirtschaft, Politik und Vereinsumfeld hatten sich zusammengefunden, um die Zukunft aktiv mitzugestalten. Einige von ihnen drängt es in den Aufsichtsrat, fünf von elf Mandaten werden bei der Mitgliederversammlung am 13. Juni zur Wahl stehen. Dass diese Gruppe von aktuellen Amtsinhabern als Bedrohung empfunden wird, ist keine Überraschung. Es geht ja tatsächlich um Machterwerb auf der einen und Machterhalt auf der anderen Seite. Und zu diesem Zweck wird gerade mit harten Bandagen gekämpft: mit Grätschen von hinten, mit Ellbogenchecks und mit vielen anderen schmerzhaften Fouls.

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Es wird schmutzig auf Schalke. Behauptungen hier, Gerüchte dort. Ein Theater der Eitelkeiten.

Schalke dementiert „Voreinigung“ mit Ralf Rangnick

Genau das, versichert die Interessengemeinschaft, habe sie nicht beabsichtigt. Sie betont, sie sehe sich auch nicht als Opposition. Sie möchte schon gar nicht als verschwörerischer Geheimbund wahrgenommen werden, hat aber genau diesen Ruf selbst zu verantworten, weil sie bisher Anonymität bevorzugt. Einer aus dem Führungszirkel des Vereins sprach sogar von einem „Putsch-Versuch“.

Die neue Gruppe hat den Aufsichtsrat extrem in die Enge getrieben. Sie hatte über persönliche Drähte Kontakt zu Ralf Rangnick und dessen Berater aufgenommen. Als Rangnick in der vergangenen Woche seine grundsätzliche Bereitschaft signalisierte, musste es schnell gehen, denn am Freitag stand eine Sitzung des Aufsichtsrates an, und es musste damit gerechnet werden, dass dessen Vorsitzender Jens Buchta seine Lösung für den Sportvorstand präsentieren würde – im Gespräch war Leipzigs Sportdirektor Markus Krösche. Deshalb schaltete die Gruppe einen Mittelsmann ein: Stefan Gesen­hues, Mitglied des Aufsichtsrats, wurde kontaktiert, um den Plan zu überbringen. Die anderen Aufsichtsratsmitglieder fühlten sich brüskiert, die Sache eskalierte.

In einer Mitteilung dementierte der Aufsichtsrat eine „Voreinigung“ zwischen Schalke 04 und Ralf Rangnick, die es zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht geben konnte. Die Mitteilung endete mit einer bemerkenswerten Formulierung: „Unabhängig von den Vorgängen ist und bleibt Ralf Rangnick ein hochgeschätzter Fachmann und gern gesehener Ex-Schalker.“ Ex-Schalker. Eine Spitze, die von der Interessengemeinschaft als Unverschämtheit ausgelegt wurde, weil auch Rangnick sie als Botschaft gedeutet haben könnte: Von wegen „Einmal Schalker, immer Schalker“.

Einflussreiche Gruppe hatte schon im Januar Kontakt zu Schalke Jens Buchta

Buchta und seine Vertrauten sind total sauer, weil sie bloßgestellt wurden. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung warf er der „nicht legitimierten Gruppe“ vereinsschädigendes Verhalten vor. In der Gruppe hingegen wird betont, Buchta habe seine Chance verstreichen lassen, direkt von ihren Verbindungen zu Rangnick zu erfahren. „Er hätte als Held dastehen können, wenn er es geschafft hätte, nach unserem Anschub Rangnick zu verpflichten“, sagt einer der Köpfe der Gruppe, dessen Anrufe Buchta ignorierte.

Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Jens Buchta.
Schalkes Aufsichtsratsvorsitzender Jens Buchta. © Ingo Otto / FUNKE Foto Services

Warum? Buchtas Ablehnung hat eine Vorgeschichte. Er wusste von der Existenz der Gruppe, es gab nämlich schon im Januar eine Kontaktaufnahme. Drei Mitglieder, darunter verdiente Alt-Schalker, hatten sich mit dem Aufsichtsrats-Chef kurzgeschlossen. Dort, heißt es, sei angekündigt worden, dass ein Machtwechsel angestrebt werde, außerdem seien klare Forderungen vorgetragen worden: Eine Ausgliederung der Profiabteilung noch in diesem Sommer, um Kapital zu gewinnen. Und: Die Entlassung des kompletten Vorstands. Als neuer Sportchef sollte Erik Stoffelshaus installiert werden. Schalkes Aufsichtsrat lehnte den Plan mit Stof­felshaus ab, weil er mit zwei anderen Kandidaten in Kontakt war.

Ein Mitglied der Interessengemeinschaft bekräftigt nun, es sei lediglich gefordert worden, dass es mit dem damals noch im Amt befindlichen Jochen Schneider als Sportvorstand nicht mehr weitergehen dürfe. Und es sei der Gruppe sehr wohl bewusst, dass das Thema Ausgliederung bei Mitgliedern des Vereins so hochsensibel ist, dass eine schnelle Umsetzung total unrealistisch sei. Schalke sei derzeit nicht attraktiv genug, um viel Investorengeld erzielen zu können. Interessant: In diesem Fall verfolgt der Verein das gleiche langfristige Ziel.

Sponsor Veltins begleitet Schalke auch in die 2. Bundesliga

Ansonsten wird vieles erzählt. So sei von außen massiv Druck auf aktuelle Schalker Sponsoren ausgeübt worden. Unter anderem sei Veltins kontaktiert worden – mit der Botschaft: Man hätte durchaus Verständnis, wenn die Brauerei als Arena-Sponsor ihr Engagement nun überdenken wolle. Wenn neue Köpfe auf Schalke am Werk seien, könnte man dann ja wieder reden. Dieser Anruf soll von einem früheren Schalker Spieler gekommen sein.

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Der Ex-Profi, um den es sich handeln soll, versicherte unserer Redaktion, das sei eine blanke Lüge, er sei fassungslos. „Ich würde dazu stehen, wenn ich so etwas machen würde“, betonte er. „Aber das wäre doch unterirdisch.“ Er gehöre auch nicht zu der sogenannten Opposition – was die Gruppe bestätigte.

Die Brauerei Veltins erklärte auf Nachfrage, dass sie Schalker Interna nicht kommentieren wolle, dass sie den Verein aber auch in die Zweite Liga begleiten werde. Immerhin dies: eine gute Nachricht.