Essen. Nach den glanzvollen Achtzigern mit dem legendären 7:3-Sieg gegen Dresden sorgt der KFC Uerdingen nach langer Zeit mal wieder für positive Schlagzeilen. Rot-Weiss Essen ist daher vor dem Fünften der Regionalliga West auf der Hut.
Krasser könnte das Kontrastprogramm für Rot-Weiss Essen nicht ausfallen: Verbrachte das Team letzten Sonntag noch eine Art Naherholung auf dem Lande in Hennef, atmet es am Sonntag einen Hauch Bundesliga-Geschichte: In der altehrwürdigen Grotenburg (-Kampfbahn) wartet der KFC Uerdingen (14 Uhr) zu einem immergrünen Duell der Langzeit-Weggefährten.
Als der KFC noch unter dem finanziellen Schutzschirm des Bayer-Kreuzes firmierte, waren die Treffen natürlich von anderer Güteklasse. Ihre Bundesliga-Premiere in der Saison 1975/76 erlebte die kleine Bayer-Filiale ausgerechnet an der Hafenstraße. 2:1 siegten die Rot-Weissen damals dank zweier Tore von Horst Hrubesch, den Anschlusstreffer erzielte noch ein gewisser Friedhelm Funkel.
Danach trennten sich eher die Wege der beiden Klubs. Während RWE den Fahrstuhl nach unten nahm, sorgten die Tuchstädter noch in den Achtzigern für Furore. Wer heute die Katakomben der Grotenburg betritt, sieht noch die Zeugnisse einer ruhmreichen Vergangenheit an den Wänden: Allen voran das vielleicht irrste Europapokal-Spiel aller Zeiten, 1986, das „Wunder von der Grotenburg“, das 7:3 gegen Dynamo Dresden, nach 1:3-Pausenrückstand. Auch dass ein gewisser Brian Laudrup hier einst seine Weltkarriere startete, davon zeugen vergilbte Fotos.
Uerdingen überrascht mit gelungenem Relaunch
Alles Glanz von gestern, was die beiden Klubs heute allenfalls auszeichnet, sind Nehmerqualitäten und eine Stehaufmännchen-Qualität. In der vergangenen Saison hielt der KFC nur die Liga, weil Fortuna Köln der Sprung in die 3. Liga gelang. Danach begannen die Aufräumarbeiten. Trainer Murat Salar trennte sich von großen Namen mit kleiner Motivation und legte einen Relaunch hin, der das Team um Top-Torjäger Aliosman Aydin (acht Saisontore) bis auf Rang fünf hochspülte. Und das, obwohl die sogenannten Experten die Uerdinger vor der Saison eher erneut auf einem Abstiegsplatz gesehen haben.
Doch nun ist das Team des 37-jährigen Coaches erst einmal auf den Geschmack gekommen: Mit einem Heimsieg gegen RWE könnten sich die Rheinländer so richtig in den Top 5 festsetzen und mit den Gästen aus dem Revier gleichziehen. Umgekehrt würde das Fascher-Team feststellen, dass der Platz in der absoluten Spitze noch keineswegs zementiert ist. Doch das sind alles keine Gedanken, die den RWE-Coach umtreiben: „Für uns ist es nur wichtig, auf Tuchfühlung zu bleiben. Das geht ja alles so schnell, die Liga ist ja Wahnsinn, jeder kann jeden schlagen.“ Ansonsten gelte das Motto: Konzentrier dich auf dich selbst, die anderen können wir eh nicht beeinflussen.
Und da hat Fascher durchaus ein Luxusproblem, kann er auch nach dem Freitagtraining weiter aus dem Vollen schöpfen. So wird es weiter Härtefälle geben. Beispielsweise Tobias Steffen: „Ich habe mit ihm gesprochen, er freut sich für die Mannschaft, ist natürlich angefressen, weil er nicht spielt. Aber so muss es auch sein, das ist die perfekte Mischung,“ so Fascher, der Pädagoge.