Düsseldorf/ Maria Alm. . Gegen Griechenland vergeigte die Elfenbeinküste um Mathis Bolly von Fußball-Zweitligist Fortuna in der Nachspielzeit die sicher geglaubte Achtelfinalteilnahme bei der WM. Erfolgsdruck und Riesenenttäuschung liegen nah beieinander.
Mathis Bolly isst Nüsse und Müslikörner mit etwas Milch, dazu eine Banane. „Zwei Monate“, sagt der 23-jährige Angreifer, selber etwas erstaunt, „bin ich nicht mehr bei Fortuna gewesen. Es ist wirklich an der Zeit, wieder anzugreifen.“ Im Trainingslager zu Maria Alm im Salzburgerland hat der gebürtige Norweger am Sonntagvormittag die Ballarbeit aufgenommen. Und tauscht damit die alpenhafte Ruhe des Gebirges mit dem heißblütigen WM-Riesenreich Brasilien.
„Es war eine supergroße Erfahrung für mich, bei der Weltmeisterschaft dabei zu sein. Verantwortung für die Elfenbeinküste und ihre Menschen zu tragen, sich in der Gruppe mit Topspielern aufs Ziel zu fokussieren“, zählt Bolly auf. Natürlich gab es auch Erfolgsdruck. Und am Ende eine Riesenenttäuschung.
„Wir waren selber Schuld“
„Wir waren selber Schuld“, bekräftigt der Norweger, der auch einen ivorischen Pass besitzt, weil sein Papa von der Elfenbeinküste stammt. Gegen Griechenland vergeigten die Westafrikaner in der Nachspielzeit die sicher geglaubte Achtelfinalteilnahme. Celtic Glasgows Torjäger Georgios Samaras versenkte einen Elfmeter zum 2:1-Sieg der Hellenen. Was aus Sicht der Ivorer zu wenig war. Auf den 2:1-Sieg über Japan folgte eine 1:2-Niederlage gegen den Viertelfinalisten Kolumbien. „Alles war für uns bereitet. Wir hätten im Achtelfinale gegen Costa Rica eine enorm große Chance aufs Weiterkommen gehabt“, betont Bolly. Und kritisiert: „Wir waren nicht mutig und diszipliniert genug, um in der Schlussphase das 1:1 gegen die Griechen über die Zeit zu bringen.“
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Der Frust am Ende saß tief. „Vor der Kamera hat niemand geheult, wie es die Brasilianer andauernd gemacht haben. In der Kabine sah das schon anders aus. Auch unser Premierminister, der in der Umkleide nach dem Griechenland-Spiel war, konnte uns nicht wirklich trösten.“
Die Rückreise in die westafrikanische Heimat schenkte sich Bolly. „Bei einem Erfolg wäre ich sicher hingefahren, um die Euphorie im Land zu spüren. Doch die Gefühle vieler Ivorer sind extrem. Wenn du gut bist, bist du gleich Gott. Und wenn du schlecht bist, weiß man nie, was passiert.“ Bolly behielt lieber den Kopf oben. Gönnte sich noch eine Woche in Rio de Janeiro: „Ich war beim Elfmetersieg Brasiliens im Achtelfinale gegen Chile am Copacabana-Strand beim Public Viewing. Da war nach dem letzten Elfmeter für Chile gegen den Innenpfosten wirklich der Teufel los.“
"Man steht während einer WM wochenlang unter Strom“
Abschalten vom Fußball konnte Bolly aber erst im heimatlichen Oslo. „Das war vor allem für meinen Kopf enorm wichtig. Man steht während einer WM schon wochenlang unter Strom.“ Der Fußballprofi besuchte Mama Britt Karin. Und auch seine Freunde im malerischen Fjordland, mit denen er früher auf steinigen Bolzplätzen kickte. Und mit denen er Musik gemacht hat. Black Diamonds nannte sich die Crew. Bolly spielte Schlagzeug.
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Ob die Geschwindigkeit an den Stöcken mit jenen in den Beinen dauerhaft mithält? Die Fans von Fortuna Düsseldorf dürfen sich jedenfalls auf einen fitten Mathis Bolly freuen. „Meine erneut lange Verletzungsphase war für mich auch ein Lernprozess. Das Problem ist der Hüftbeuger zum Oberschenkel gewesen. Aber das haben wir jetzt im Griff“, verspricht der Angreifer, der in der zweiten Bundesliga sicher der schnellste Sprinter ist.
Für die Heilung bis nach Doha
Die stetigen Besuche bei Ärzten und Physiotherapeuten waren kein Spaß. Bis in die katarische Hauptstadt Doha, Noch-Ort der Fußball-WM 2022, ging’s sogar. Auf Betreiben des ivorischen Fußballverbandes. Dort hatten sich zuvor schon Yaya Toure (Manchester City) und Landesheld Didier Drogba (Galatasaray Istanbul) erfolgreich behandeln lassen.
Ob die drei Wochen im arabischen Wüstenstaat die medizinische Wende gebracht haben, darüber sind Urteile schwierig. Bolly jedenfalls ist derzeit schmerzfrei. „Von mir wird natürlich einiges erwartet. Ich denke aber, ich werde besser als im Vorjahr der Mannschaft helfen können.“ Nach dem Saisonziel braucht man einen WM-Fahrer nicht zu fragen. „Wir wollen das große Ding machen.“ Heißt: Rückkehr in die Bundesliga.