Essen. Nach dem Chaosspiel am Dienstag wirbt „Tote Hosen“-Sänger Campino um Verständnis für die Fortuna-Fans. Als diese noch vor dem Abpfiff den Platz stürmten, sei ihm auch „das Herz in die Hose gerutscht“, sagte er am Tag danach in einem Radio-Interview. Kritiker sollten aber „die Kirche im Dorf lassen“.

Er ist seit Jahrzehnten glühender Fortuna-Fan, hat mit den „Toten Hosen“ und „Tage wie dieser“ die Hymne zum Aufstieg seines Vereins geliefert - und das Chaosspiel am Dienstagabend live im Stadion verfolgt. Von der Tribüne aus fieberte Campino mit, feierte anschließend auf dem Rasen und die Nacht durch. Er klingt heiser, aber zufrieden, als am Mittwochmorgen die junge WDR-Welle EinsLive zum Interview anruft.

Was bleibt vom umstrittenen Skandal-Spiel? Freude über den Aufstieg - oder Taubheit ob der Spielunterbrechung? „Natürlich überwiegt die reine Freude", sagt Campino im Radio-Interview und findet: „Man muss die Kirche mal im Dorf lassen.“ Ja, da seien Situationen außer Kontrolle geraten - „aber das hat nichts mit irgendeinem destruktiven Geist bei den Fortuna-Fans zu tun gehabt.“

„Das hat mit Aggression nichts zu tun“, findet Campino

Gleichwohl habe auch er während der Platz-Stürmung Sorge gehabt: „Das war 'ne wacklige Situation, die war natürlich unangenehm für uns alle“, sagt er im EinsLive-Interview und räumt ein, dass ihm da „natürlich auch das Herz in die Hose gerutscht“ sei.

Bange Minuten während der Spielunterbrechung: Campino, Sänger der „Toten Hosen“ verfolgte das Chaos-Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC Berlin live im Stadion.
Bange Minuten während der Spielunterbrechung: Campino, Sänger der „Toten Hosen“ verfolgte das Chaos-Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC Berlin live im Stadion. © Imago Sportfotodienst

Der Sänger stellt sich jedoch hinter die Fortuna-Fans, die noch vor dem Abpfiff zügellos auf den Rasen drängten. „Das war Doofheit, hat aber mit Aggression überhaupt nichts zu tun und ich hoffe, dass man das bei der Beurteilung im Nachhinein bedenken wird.“ Die Stadionsprecher seien in dem Chaos kaum mehr zu hören gewesen - trotzdem sei es gelungen, „durch reines, gutes Zureden jeden Einzelnen da wieder runterzuholen vom Platz“.

Sicherlich sei es nicht in Ordnung, „dass die Zuschauer jetzt bei jedem Spiel meinen, auf den Platz laufen zu dürfen“, sagt der Musiker am Nachmittag in einem weiteren Interview mit WDR2. Das sei „eine Unsitte“ - habe aber nichts mit dem Aufstieg der Fortuna zu tun.

Lange Nachspielzeit ausgelöst durch Raketen aus dem Hertha-Block

Im EinsLive-Gespräch gibt's auch noch Kritik an den gegnerischen Fans: Das „Missverständnis“ habe doch nur durch die sieben Minuten lange Nachspielzeit aufkommen können, argumentiert Campino - und für die hätten die Fortuna-Fans nichts gekonnt. „Das sind alles die Leuchtspur-Geschichten und Raketen der anderen gewesen, sonst wär’ das doch alles gar nicht passiert.“

Ob er denn zu irgendeinem Zeitpunkt Angst vor den feiernden Massen gehabt habe, fragen die EinsLive-Moderatoren noch: „Überhaupt nicht“, sagt Campino. „Da gab’s nirgendwo ’nen bedrohlichen Moment.“ Sein Fazit: „Es war Euphorie, es ist zu früh gekommen, das war ein Versehen, und ich würde mal sagen: jetzt langsam Schwamm drüber. Es ist nichts passiert.“ (shu)