Essen. . Die Diskussion über TV-Kommentatoren gehört zum Fußballgucken dazu wie Senf zur Bratwurst. Auch bei der Fußball-EM 2021. Eine Kolumne.

Wenn die Nationalmannschaft Fußball spielt, verwandelt sich Deutschland ins Land der 83 Millionen Bundestrainerinnen und Bundestrainer. Nun ist das deutsche Team bei der Europameisterschaft ausgeschieden. Die Bundestrainer haben frei. Die Fußball-EM 2021 aber geht weiter. Jetzt rücken noch mehr jene in den Fokus, an denen sich die deutschen Zuschauerinnen und Zuschauer vor dem Fernseher mindestens genauso gerne abarbeiten wie am Bundestrainer: die Männer und Frauen auf den Kommentatoren-Plätzen.

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Man muss Respekt vor dieser Berufsgruppe haben. Denn noch bevor die erste Szene analysiert, die erste Torchance beschrieben ist, beginnen nicht nur in den Sozialen Medien die Diskussionen über die Menschen am Mikrofon. Dass sie sich davon nicht aufhalten lassen, ist nur durch tiefe Liebe zum Spiel, dem Drang, erklären zu wollen, oder einer gehörigen Portion Masochismus zu erklären.

TV-Kommentatoren bei der EM: Vieles ist eine Frage des Geschmacks

Das gemeinsame Meckern über TV-Kommentatoren gehört mittlerweile zur Fußballübertragung dazu wie Senf zur Bratwurst. Fair geht es dabei längst nicht immer zu. So wird einem Kommentator während eines Spiels gerne mal gleichzeitig zu viel und zu wenig Emotion vorgeworfen. Was ist da nur richtig?

Kennen die Diskussionen über ihre Auftritte: Gerd Gottlob, Tom Bartels und Steffen Simon (von links) gehörten 2018 zum WM-Kommentatoren-Team der ARD und sind auch 2021 bei der EM dabei.
Kennen die Diskussionen über ihre Auftritte: Gerd Gottlob, Tom Bartels und Steffen Simon (von links) gehörten 2018 zum WM-Kommentatoren-Team der ARD und sind auch 2021 bei der EM dabei. © dpa

Eine Frage, auf die es keine leichte Antwort gibt. Natürlich sollte ein Kommentator die Dinge, die er sieht, fachkundig beschreiben, erklären und kritisch einordnen können. Auch sollte er nicht übermäßig parteiisch sein. Wie nah er dem Geschehen emotional aber kommt, wie flapsig, aufgeregt oder nüchtern er formuliert, wie laut, hoch oder tief die Stimme ist – all das ist Sache des Geschmacks, der sich im Wandel der Zeit auch noch verändert.

Von Hansch über Reif bis Buschmann

Typen wie Werner Hansch, Gerd Rubenbauer oder Marcel Reif haben eine Generation Fußballgucker geprägt. Auch ein aufgeregt Brüllender wie Frank Buschmann hat seine Spuren hinterlassen. Weil jeder seine Fans hat, kann man sich die Diskussionen in den TV-Redaktionen förmlich vorstellen: Müssen wir lauter sein? Brauchen wir mehr Emotionen? Müssen wir lustiger werden? Der richtige Weg ist schwer zu finden.

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Dabei kann es so einfach sein. Unvergessen ist die Radio-Reportage von Herbert Zimmermann bei dem WM-Finale 1954 gegen Ungarn: „Aus dem Hinterhalt müsste Rahn schießen. Rahn schießt. Tor. Tor. Tor. Tor.“ Bald war das Spiel „aus, aus auuuus“ und „Deutschland ist Weltmeister“. Ganz simpel: Die Situation vorhergesagt, sie beschrieben, angemessen ausgerastet.

Ernst Huberty wurde schweigend zur Legende

Der Höhepunkt der Nicht-Ekstase kam 1970 von Ernst Huberty beim WM-Halbfinale Deutschland gegen Italien, bei dem Italien-Legionär Karl-Heinz Schnellinger mit seinem Tor zum 1:1 die Verlängerung erzwang, in der Deutschland 3:4 unterlag. Huberty kommentierte: „Ausgerechnet Schnellinger“. Mehr nicht. Sein Schweigen machte ihn zur Legende.