München. Italien steht im Halbfinale der Fußball-EM. In einem hochklassigen Spiel setzt sich die Squadra Azzurra gegen Belgien durch.
Jeremy Doku trieb den Ball nach vorne und passte auf Kevin De Bruyne, der querlegte auf Romelu Lukaku. Doch Belgiens Stürmer gelang nach einer guten Stunde das Kunststück, aus einem Meter Entfernung eine Chance zu vergeben, die statt im Tor ihr Ende am Hintern von Italiens Leonardo Spinazzola fand. Es war eine kuriose Szene eines spektakulären und teilweise atemlosen Viertelfinals, das fußballerisch mit das Beste zu bieten hatte, was bei dieser EM zu sehen war.
Am Ende stand Lukakus vergebene Chance symbolisch für den Ausgang dieses gefühlt vorgezogenen Endspiels. Italien gewann 2:1 (2:1) gegen Belgien und zog ins Halbfinale gegen Spanien am Dienstag in London ein. Nicolo Barella (31.) und Lorenzo Insigne (44.) hatten für Italien getroffen, Lukaku gelang per Foulelfmeter das 2:1 (45.+2). Doch zu mehr reichte es nicht, weshalb Belgiens goldene Generation erneut ungekrönt bleibt. Italien aber darf auf den ersten Titel seit der WM 2006 hoffen.
De Bruyne nach Oberschenkelproblemen wieder fit - und gut im Spiel
Um die Oberschenkelblessuren der Kapitäne war es vor dem Spiel viel gegangen, um die bei Belgiens Eden Hazard und bei Italiens Giorgio Chiellini. Und während der 36 Jahre alte Innenverteidiger nach zweieinhalb Spielen Pause zurückkehrte in Italiens Startformation, schaffte es Hazard nicht einmal in Belgiens Kader. Dafür stand Kevin De Bruyne, der ein lädiertes Sprunggelenk aus dem Achtelfinale gegen Portugal (1:0) davongetragen hatte, auf dem Rasen der Münchner Arena. Auch wenn Trainer Roberto Martínez das nicht so äußern würde: Im Vergleich zu Hazard nimmt De Bruyne wesentlich mehr Einfluss auf das Spiel der Mannschaft, ohne den Profi von Manchester City hätte sich die komplette Statik verändert. Hinzu kommt De Bruynes größere Dynamik, die er mit seiner feinen Technik in Einklang zu bringen weiß.
Das war auch am Freitagabend rasch zu beobachten, als De Bruyne mit einem Steilpass Lukaku in Szene setzte, Italiens Torwart Gianluigi Donnarumma dem Stürmer aber den Ball vom Fuß schnappte. Es war auch danach oft zu bestaunen, wie De Bruyne das Spiel der Belgier prägte. Besonders auffällig gelang ihm das, als er in hohem Tempo den Ball führte und sich diesen vom rechten auf den linken Fuß legte, ehe er Donnarumma zu einer Glanzparade zwang. Es war eine Szene, die zunächst stellvertretend stand für die Charakteristik des Spiels. Die Belgier ergriffen die Initiative, Italien agierte eher abwartend, um bei Gelegenheit schnelle und gefährliche Gegenstöße vorzutragen.
Lorenzo Insigne gelingt Traumtor zum 2:0
Dass zunächst vor allem De Bruyne so auffiel, lag aber auch daran, dass Lukaku bei Chiellini meist gut aufgehoben war. Die vielen Zweikämpfe mit Belgiens wuchtigem Angreifer schienen dem erfahrenen Verteidiger richtig Freude zu bereiten. Sein Lächeln wurde noch breiter, als Barella eine Drangphase der Italiener zur Führung nutzte. Vorausgegangen war ein Ballverlust von Belgiens Kapitän Jan Vertonghen, bedingt durch Italiens starkes Gegenpressing. Marco Verratti bediente Barella, der sich gegen drei Belgier durchsetzte und einschoss.
Es war ein Tor mit Klasse, das dem ohnehin schon abwechslungsreichen und hochklassigen Spiel weiteren Schwung verlieh. Besonders galt das für die Italiener, die nach ihrem mühseligen 2:1 nach Verlängerung im Achtelfinale gegen Österreich wieder an jene erfrischenden Auftritte anknüpften, mit denen sie in der Gruppenphase begeistert hatten. Nun ließen sie ein Traumtor folgen, das Insigne nach einem Lauf durchs Mittelfeld per Schlenzer in den rechten Winkel gelang. Die Belgier konnten von Glück sagen, dass Schiedsrichter Slavko Vincic einen Rempler von Giovanni di Lorenzo gegen den 19 Jahre alten Doku als elfmeterreif einstufte. Lukaku verwandelte mit seinem vierten Turniertor zum 1:2 aus Belgiens Sicht.
Lukaku vergibt in der Schlussphase
Die Roten Teufel waren nun zwar zurück im Spiel, doch Italien präsentierte sich als bessere zweier sehr guter Mannschaften. Das ließ sich auch an De Bruynes Gesicht ablesen, der in der zweiten Halbzeit nicht mehr so prägend agierte und zunehmend genervt wirkte. Erst recht nach Lukakus vergebener Chance.