Dortmund. Das BVB-Spiel unterliegt zu Beginn der Saison noch gewaltigen Formschwankungen: Der überragenden Partie gegen den FC Arsenal folgten durchschnittliche Auftritte gegen Mainz und Stuttgart. Vor dem Revierderby gegen Schalke suchen Spieler und Verantwortliche nach Erklärungen - und Gegenmaßnahmen.

Dass die Messlatte hoch liegt, haben sich die Kicker von Borussia Dortmund selbst eingebrockt: Vor rund anderthalb Wochen lieferten sie beim 2:0 gegen den FC Arsenal ein Spiel ab, das nach Meinung vieler Beobachter eines der besten in der jüngeren Champions-League-Geschichte des BVB war. Besonders beeindruckend dabei: das aggressive Pressing. Vom Anpfiff weg hatten die Dortmunder die Londoner in deren Hälfte eingeschnürt; es sah aus, als falle ein gereizter Schwarm Bienen über ein paar hilflose Fruchtfliegen her.

Vier Gegentore in den letzten zwei Spielen

Von einem Spiel zum Abheften sprach danach Trainer Jürgen Klopp, besonders die kollektive Defensivleistung erhob er zum Maßstab für künftige Spiele. Zwei Bundesligaspiele und vier Gegentore später ist Ernüchterung eingekehrt beim BVB, die Messlatte Arsenal wurde sowohl beim 0:2 in Mainz als auch beim 2:2 gegen den VfB Stuttgart gerissen.

Einen gewonnenen Punkt bilanzierte Trainer Klopp zwar nach dem Spiel gegen Stuttgart und lobte die Energieleistung der letzten 20 Minuten, in denen aus dem 0:2 noch ein Unentschieden gemacht wurde. Dennoch blieb ein Unentschieden im Heimspiel gegen den Tabellenletzten, der zudem wie der BVB auf wichtige Spieler verzichten musste. Und es blieb die Frage, warum die Mannschaft erst dann zum aggressiven Gegenpressing fand, als schon fast alles verloren schien.

BVB lief gegen den VfB mehr als gegen Arsenal

"Gute Frage", sagte Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek nach dem Spiel und zuckte mit den Schultern. "Wir versuchen immer, Gas zu geben, in jedem Spiel." Daran freilich bestanden keine Zweifel, mit 125,4 Kilometern hatte die Mannschaft sogar fast sechs Kilometern mehr zurückgelegt als gegen Arsenal. Doch während die Defensivarbeit in jenem Spiel noch nahezu perfekt aufeinander abgestimmt schien, gelang es dieses Mal wie schon gegen Mainz nicht, den Gegner schon im Spielaufbau unter Druck zu setzen.

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"Ich hatte in der ersten Halbzeit nicht das Gefühl, dass wir wirklich hundertprozentig da waren in den Zweikämpfen", sagte Innenverteidiger Neven Subotic. "Wir waren zwar inder Nähe vom Gegner, aber selten war es der Fall, dass wir vor dem Gegner an den Ball gekommen sind, dass wir den Ball abgefangen haben und dann in die Offensive gestartet sind."

Natürlich ist de Liste der Ausfälle auf Dortmunder Seite nach wie vor beeindruckend lang, gerade im Bereich Spieleröffnung fallen sämtliche Experten aus. Wer aber Klopps Credo "Der beste Spielmacher ist das Gegenpressing" im Hinterkopf hatte, musste zu dem Schluss kommen, dass es auch für diesen Spielmacher gegen Mainz und Stuttgart maximal für Teileinsätze reichte.

BVB rechnet mit Teileinsatz von Hummels 

So hat Borussia Dortmund in der laufenden Saison bislang acht Tore geschossen - und schon neun Gegentreffer kassiert. Einem Defensivfanatiker wie BVB-Trainer Klopp, der die Arbeit gegen den Ball als Basis des Dortmunder Spiels sieht, bereiten derartige Zahlen wenig Freude - wenngleich er zurecht darauf verweist, dass die Tore des Gegner bislang weniger grundsätzlichen Mängeln im BVB-Spiel als viel mehr groben individuellen Fehlern geschuldet sind.

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Auch gegen Stuttgart leistete sich die Mannschaft "zwei Komplettaussetzer" vor den Gegentoren, wie es Subotic formulierte - dabei verschwieg der Abwehrspieler, nach langer Verletzungspause selbst noch mit beachtlichen Formschwankungen kämpfend, dass die Stuttgarter noch mindestens zwei weitere Großchancen nach krassen Dortmunder Fehlern hatten. "Vielleicht sind wir nicht hundertprozentig konzentriert", mutmaßte Piszczek. "Wir müssen noch mehr Konsequenz in unserer Abwehr haben. Wir müssen uns gegenseitig helfen. Nicht stehenbleiben und hoffen, dass es Abseits war, sondern einfach weiterspielen."

Subotic denkt auch an die "Brownie Points"

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Borussia Dortmund VFB Stuttgart 24 09 2014 Neven Subotic stehend und Lukasz Piszczek Beide BvB
Von Sebastian Wessling, aufgezeichnet in der Mixed Zone

Da passt es gut, dass mit Mats Hummels der Abwehrchef zumindest wieder für längere Teileinsätze zur Verfügung steht - rechtzeitig zu jenem Spiel, dass in diesem Jahr neben aller ohnehin vorhandenen Brisanz auch ein Krisengipfel der Verletzten und Versehrten ist. In dem es für beide Mannschaften darum geht, den Kontakt zur Tabellenspitze nicht jetzt schon abreißen zu lassen - und in dem der Einsatz traditionell hoch ist. "In dem Spiel bekommt man neben den Punkten auch eine Menge Brownie Points bei den Fans", sagt der in den USA aufgewachsene Serbe Subotic. "Und wir wissen alle, dass der Sieg, wenn er uns gelingt auf Schalke, dass der ein ganzes Jahr hält - oder zumindest bis zum Rückspiel."

Noch wichtiger als die Brownie Points, die Pluspunkte also, dürfte es den BVB-Verantwortlichen aber sein, dass ihre Mannschaft endlich die verloren gegangene Konstanz wiederentdeckt. Drei Punkte gegen den Revierrivalen wären ein guter Anfang.