Dortmund. Sebastian Geppert hat das turbulente BVB-Jahr als Co-Trainer mitgestaltet. Nun arbeitet er wieder mit den Talenten der U17. Was hat er gelernt?

Sebastian Geppert hebt Reis auf seinen Teller, es duftet nach Curry. Draußen verrät der kalte Wind, dass der Winter begonnen hat. Drinnen brennen Kerzen, stehen große Tische, ein Restaurant im Dortmunder Kreuzviertel. Hier möchte der 37-Jährige seine bemerkenswerte Geschichte erzählen, die mit dem Verein zusammenhängt, der in dieser Stadt Sinn stiftet.

Geppert hat im vergangenen Jahr eines der turbulentesten Kapitel von Borussia Dortmund mitgestaltet und dabei selbst einen ungewöhnlichen Weg beschritten.

Jugend, Profis – wieder zurück.

Um die Fallhöhe zu beschreiben, die er im Mai erlebt hat, zeigt Sebastian Geppert erst nach oben, senkt den Arm dann abrupt und berichtet von dem Abend nach dem letzten Spieltag. Als die Spieler sich bereits in den Urlaub verabschiedet haben, räumt er alleine seinen Spint im Profibereich des Trainingszentrums aus. Nur bei ihm ist zu diesem Zeitpunkt klar, dass er nach dem Sommer wieder eine andere Aufgabe übernimmt. „Am nächsten Morgen bin ich aufgewacht, war zu Hause, und alles war vorbei.“

Der BVB holt den DFB-Pokal in Berlin! Edin Terzic stemmt den Pokal in die Luft, Sebastian Geppert brüllt neben ihm.
Der BVB holt den DFB-Pokal in Berlin! Edin Terzic stemmt den Pokal in die Luft, Sebastian Geppert brüllt neben ihm. © firo

Erst Pokalsieg mit dem BVB, dann Urlaub

Gerade noch lastete der Druck auf seinen Schultern, als Co-Trainer im Hintergrund daran mitzuarbeiten, dass der zweitmächtigste Verein in Deutschland nicht die Champions-League-Qualifikation vermasselt. Die Spielzeit schwankt vor sich her. Sechs Monate voller Höhen, Tiefen, Höhen, am Ende robbt sich der BVB noch auf Platz drei. Sogar der DFB-Pokal wird gewonnen. Lametta fliegt im Berliner Olympiastadion auf Sebastian Gepperts Schultern.

Vorbei. Erst mal Urlaub. „Währenddessen ist mir bewusst geworden, was ich erlebt habe.“

Alles beginnt im Dezember 2020, der BVB hat sich durch eine 1:5-Niederlage gegen den VfB Stuttgart blamiert. Trainer Lucien Favre muss gehen, Co-Trainer Edin Terzic wird in die erste Reihe katapultiert und benötigt Unterstützung. Otto Addo, eigentlich Talente-Trainer, und Sebastian Geppert, eigentlich U17-Trainer, sollen helfen. Mit Geppert hat Terzic schon in der Jugend zusammengearbeitet, als Spieler kämpften beide gemeinsam im Trikot der SG Wattenscheid 09 auf den Fußballplätzen der Oberliga.

„Ich bin sofort zu Edin gefahren, wir haben uns Gedanken gemacht, schon ging es los“, erzählt Geppert, der zunächst aufgrund der Corona-Auflage nicht zur Mannschaft darf. Zum ersten Spiel in Bremen fährt er in einem eigenen Bus. Die Dortmunder zittern sich zum 2:1-Erfolg. Das Auf-und-Ab beginnt.

Der BVB-Tiefpunkt folgt im April

„Der Druck ist enorm, es geht um das Wohl des Vereins“, meint Geppert. Er habe schnell seine Scheu ablegen müssen, sich unter anderem um die Standardsituationen gekümmert. „Edin hatte ein Riesenstanding innerhalb der Mannschaft. Und wir waren von unserem Weg überzeugt, trotz der Rückschläge.“

Der Tiefpunkt folgt im April. Frankfurt ackert sich zu einem 2:1-Sieg in Dortmund, die Borussia hat sieben Punkte Rückstand auf die Champions-League-Ränge. Terzic, Geppert und Addo scheint die Saison aus den Händen zu gleiten. Doch sie schaffen gemeinsam mit der Mannschaft die Wende, springen auf Platz drei, überrumpeln RB Leipzig beim 4:1-Erfolg im Pokalfinale. Träume erfüllen sich.

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„Ich habe den Champions-League-Sieg 1997 auf dem Borsigplatz gefeiert, 2012 bin ich beim Doublesieg zum Autokorso gegangen, knapp zehn Jahre später gewinnen wir einen Titel – und ich bin daran beteiligt“, sagt Geppert. Es gibt eine Aufnahme, auf der Terzic und Geppert sich umarmen, ein Lied singen, die Medaillen baumeln um ihre Hälse. Glücksgefühle zweier Freunde im jedoch leeren Olympiastadion. Geppert: „Ich habe nicht einen Fan gesehen. Das hat natürlich gefehlt.“

Sebastian Geppert: Plötzlich neben Pep Guardiola

Trotzdem fallen dem Wanne-Eickeler viele Momente ein, die bleiben. Der Pokalerfolg. Die Champions-League-Qualifikation. Youssoufa Moukokos erstes Bundesligator, „ich habe ihn lange begleitet“. Oder die zwei Viertelfinalspiele in der Champions League gegen Manchester City (1:2, 1:2), „plötzlich stand ein Pep Guardiola an der Seitenlinie in meiner Nähe“.

Dabei hat Sebastian Geppert nie einen Plan für seine Karriere aufgezeichnet, die Dinge haben sich inein­andergefügt. 2016 hatte er sich eigentlich bereits dafür entschieden, als Scout für die Borussia neue Talente zu sichten. Bis Hannes Wolf die Chance erhielt, die Dortmunder Jugend zu verlassen und zum damaligen Zweitligisten VfB Stuttgart zu wechseln. Geppert sollte die U17 übernehmen, die er jetzt wieder leitet, seit Marco Rose im Sommer Edin Terzic als Cheftrainer abgelöst hat. „Ich weiß, was ich hier habe.“ Eine Rückkehr in den Profibereich schließt er trotzdem nicht aus.

Einige Tage nach dem Treffen im Restaurant meldet sich Sebastian Geppert noch einmal am Telefon. Das Jahr endet, was hat er gelernt? „Im Profigeschäft passieren viele unvorhergesehene Dinge“, antwortet er. „Umso schöner ist es, selbst ein Teil des Ganzen gewesen zu sein. Das war eine gute Sache.“