Dortmund. Terzic ist erst wenige Tage im Amt, und doch ist einiges anders als unter Vorgänger Favre. Das zeigt sich auch vor dem Spiel bei Union Berlin.

Michael Zorc gibt sich überrascht: „Haben wir das nicht reingeschrieben“, fragt der Sportdirektor von Borussia Dortmund, als der Mann an seiner linken Seite gerade erzählt, dass Hellsehen nicht zum Stellenprofil gehört. Haben sie tatsächlich nicht, Edin Terzic ist beim BVB als Trainer eingestellt, seit dem Wochenende, seit der Trennung von Lucien Favre auch als Cheftrainer. Und in den ersten paar Tagen sind sie recht zufrieden mit dem neuen Mann in der neuen Funktion, weshalb man Zorc wohl keinen Fehler in der Vertragsgestaltung vorwerfen muss.

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Terzic, das ist der erste Eindruck von außen und auch von innen, hat frischen Wind hineingebracht. Öffentlich tritt er forscher auf als sein oft zauderhafter Vorgänger Favre, und vor der Mannschaft tut er das Augenzeugenberichten zufolge auch. Und im ersten Spiel, beim 2:1-Sieg gegen Bremen, übertrug sich das gleich auch auf die Mannschaft. „Wir waren mit der kämpferischen Einstellung und der Präsenz sehr zufrieden“, sagt Zorc – merkt aber auch die spielerischen Defizite an: „Wir hatten zu viele einfache Ballverluste, da können wir uns bei unserer Qualität noch verbessern.“

Unter BVB-Trainer Terzic sollen auch Spieler ihre Meinung sagen

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Der Maßstab dafür ist am Freitagabend (20.30 Uhr/ZDF und DAZN) der 1. FC Union Berlin, derzeit Tabellensechster – und nur vier Punkte schlechter als der BVB. Am Wochenende trotzten die Berliner dem Champions-League-Sieger FC Bayern ein 1:1 ab. „Sie sind sehr stabil, sehr mutig, haben sehr gute Transfers gemacht“, lobt Terzic. Für den 38-Jährigen sind die Eisernen die nächst und die etwas anspruchsvollere Prüfung, und erneut war wenig Zeit von Dienstag bis Freitag: Mittwoch Regeneration, Donnerstag Abschlusstraining. Vieles muss weiterhin über Videoeinheiten und Gespräche laufen.

Am Mittwoch saßen Mannschaft und Trainerteam zusammen, diskutierten über das Spiel gegen Bremen. Auch die Spieler sollten ihre Meinung sagen, der neue Mann will sie stärker einbinden, er will sie fördern und fordern. Und man war sich einig: Dieses Spiel ist nun der Maßstab, was Willen und Engagement angeht – und dass fußballerisch noch deutlich mehr geht. „Wir haben ein paar Szenen gezeigt, wo wir Potenzial sehen, uns schnellstmöglich spielerisch zu verbessern“, sagt Terzic.

BVB: Marco Reus und Jadon Sancho sollen wieder in Form gebracht werden

Eine wichtige Rolle fällt dabei auch Marco Reus und Jadon Sancho zu, zwei der zweifellos begabtesten Spieler im Kader und in der gesamten Bundesliga – die aber derzeit der Bestform vergangener Tage hinterherlaufen. Spricht man den Neu-Trainer Terzic auf diese beiden an, antwortet er sehr ausführlich, wie man beide verbessern kann. Es geht um die Ballmitnahme mit dem ersten Kontakt, um Doppelpässe, um Läufe in die Tiefe. Vor allem aber geht es darum, die Spieler starkzureden: „Die Jungs sind gut, dass wissen sie“, sagt Terzic. „Zu dieser Stärke werden wir sie peu a peu wieder bringen.“ Er sei „sicher, dass das nicht allzu lange dauern wird“.

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Diese Herangehensweise kommt an. „Wenn man Spieler in ihren Qualitäten bestärkt, ist das immer zielführend“, sagt Zorc, und es ist sicher kein Vergehen, dass darin auch Kritik an Ex-Trainer Favre mitschwingt. Der hatte stets vor allem die Gegner stark- und das Potenzial der eigenen Mannschaft eher kleingeredet, öffentlich wie intern. Auch nach den deutlichen Siegen gegen Hertha BSC (5:2) und den FC Brügge (3:0), was sich prompt auf die Auftritte der Mannschaft abfärbte – so zumindest das Gefühl in der Chefetage, was ein wichtiger Grund für die Trennung war.

BVB-Trainer Terzic will Mut und Emotionen vorleben

Und für die Beförderung des Edin Terzic. „Der Ausschlag war schon, dass wir wissen, dass er eine gewisse Art von Fußball präferiert“, sagt Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Eine aktionsreiche und wahrscheinlich auch mutige.“ Die Erwartungshaltung ans Trainerteam um Terzic und seine Assistenten Sebastian Geppert und Otto Addo sind entsprechend groß: „Ich erwarte, dass sie Action und Aggressivität reinbringen, frühe Balleroberungen, offensives Spiel, voller Input“, fordert Watzke. „Und dass sie das in die Mannschaft reinkriegen, denn das Potenzial ist da.“

Es ist eine Abkehr vom deutlich geduldigeren Favre-Fußball, die Mannschaft soll also wieder so spielen, wie es den BVB jahrelang auszeichnete. Schrecken tun diese Erwartungen den neuen Mann nicht, auch Terzic hat ja schon erklärt, dass wieder BVB drin sein soll, wenn BVB auf dem Trikot steht.

Und er will das vorleben: „Wir waren uns einig, dass wir mutiger auftreten wollen, und dann kann man nicht nur darüber reden“, sagt der 38-Jährige. „Das muss man dann auch vorleben.“ Mit klarer Haltung, klarer Ansprache, klaren Ansagen. Es herrscht, das lässt sich schon nach kurzer Zeit sagen, ein neuer Ton beim BVB.