Bremen. Edin Terzics Einstand als BVB-Trainer ist geglückt. Der Coach überzeugt dabei an der Seitenlinie mit Leidenschaft - und einem taktischen Kniff.
Nachdem am Dienstagabend um 22.23 Uhr ein letzter Pfiff durch das nahezu menschenleere Bremer Weserstadion gehallt war, stieß Edin Terzic einen lauten Schrei heraus. Er ballte die Hände zur Faust und schloss kurz die Augen, bevor er Umarmungen und Glückwünsche von allen Seiten bekam. Der 38-Jährige wirkte erleichtert. Denn sein Debüt als Cheftrainer des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund war geglückt – dank eines 2:1 (1:1)-Sieges bei Werder Bremen.
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Im Mittelpunkt stand dabei der Kampfgeist seiner Mannschaft. „Manchmal kann man Siege spielerisch erzielen“, sagte der Trainer. „Diesmal musste er erzwungen werden.“ Raphael Guerreiro und Marco Reus taten das mit ihren Treffern. Auffällig war dennoch: Die 1:5-Niederlage gegen Stuttgart am Samstag wirkte nach. „Ich habe nach dem schlechten Spiel mehr Druck verspürt als sonst“, gab Torwart Roman Bürki zu. Dass es den Dortmundern in Bremen an Selbstsicherheit fehlte, war nach dem desolaten Auftritt zuvor allerdings verständlich.
BVB-Trainer Edin Terzic lebt an der Seitenlinie die Emotionen vor
Um die Profis in Schwarz-Gelb zwei Tage nach dem Trainerwechsel nicht zu überfordern, verzichtete Terzic auf eine große Revolution in der Spielausrichtung. Wichtig war ihm vor allem, dass sich seine Spieler die so wichtige Leichtigkeit „zurückarbeiten“. Das gelang durch Anstrengung im Kollektiv.
„Wir sind als Mannschaft aufgetreten, die auf und neben dem Platz alles getan hat, um zu gewinnen“, sagte der Trainer. Denn nicht nur die Profis auf dem Rasen waren sich für keinen Sprint, keinen Zweikampf zu schade – egal, ob nach der Führung oder nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Bremens Kevin Möhwald. Selbst die Ersatzspieler wirkten angestachelt und gingen emotional mit. Vorgelebt wurde das von Terzic selbst. Anders als sein ruhiger Vorgänger Lucien Favre tigerte er an der Seitenlinie auf und ab, er gab immer Kommandos und wurde nicht müde, seine Spieler ständig zu ermutigen.
Aber nicht nur emotional wählte Terzic eine andere Herangehensweise als Favre. Auch taktisch drehte er an ein paar Stellschrauben. Mit beachtlicher Wirkung.
BVB in Bremen: Neue Rolle für Marco Reus
Im Zentrum von Terzics taktischem Kniff stand Marco Reus. Im 4-1-4-1-System spielte der 31-Jährige tiefer als sonst, als zweiter Achter neben Jude Bellingham. Die Idee dahinter: Seine Pressingwege sollten möglichst kurz gehalten werden. Der Plan ging auf. Reus spielte gut, eines Kapitäns würdig. „Er ist komplett vorneweg gegangen“, lobte Terzic. An mehr als der Hälfte der Dortmunder Torschüsse war Reus beteiligt. Einer seiner Versuche fand sogar den Weg ins Tor. Nachdem er mit seinem Elfmeter in der Schlussphase zunächst an Werders Torwart Jiri Pavlenka gescheitert war, traf Reus per Nachschuss doch noch zum entscheidenden 2:1.
Ähnliches Glück im Abschluss hatte Youssoufa Moukoko noch nicht. Der 16 Jahre junge Stürmer war Teil der zweiten taktischen Änderung von Terzic. Als klassischer Mittelstürmer aufgeboten, sollte er die Bremer Innenverteidiger bei seinem ersten Startelfeinsatz binden und für die nötige Tiefe im Spiel sorgen. Ein Plan, der zumindest teilweise aufgegangen ist. Als Ersatz für den verletzten Torjäger Erling Haaland rieb sich Moukoko in Zweikämpfen auf und schaffte einige Räume für seine Kollegen. Vom Trainer gab es dafür ein „Riesenkompliment“. Ins Dortmunder Kombinationsspiel war das Talent allerdings kaum eingebunden, Moukoko hatte nur 21 Ball-Aktionen.
BVB mit unangenehmen Programm zum Jahresende
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Alles hat auch unter Edin Terzic also noch nicht funktioniert. Ansatzweise war zwar erkennbar, dass die Mannschaft den Plan hatte, früh anzulaufen, um nach Ballgewinnen schnell nach vorne zu spielen – oft gelang das allerdings nicht. „Ich will nichts schönreden“, sagte Terzic. „Wir haben nicht den allerbesten Fußball gezeigt.“ Speziell große Abstände zwischen den Ketten und einige leichte Ballverluste missfielen ihm. „Dass noch nicht alles perfekt war, ist klar“, sagte auch Bürki. Der Torwart ist sich jedoch sicher, „dass es bald besser aussehen wird“.
Dass die Richtung unter dem neuen Trainer wirklich stimmt, kann der BVB schon am Freitag bei Union Berlin (20.30 Uhr/ZDF und DAZN) beweisen. „Es geht Schlag auf Schlag“, weiß Terzic, denn zum Jahresabschluss folgt am Dienstag das DFB-Pokalspiel bei Eintracht Braunschweig (20 Uhr/Sky und Sport1). Zwei unangenehme Aufgaben, in der die hochveranlagten Borussen erneut zeigen müssen, dass sie auch kämpfen können.