Dortmund. Der Offensivspieler ist hochtalentiert, beim BVB aber ohne Form und richtige Position. Gerade jetzt konnten die Dortmunder ihn gut brauchen.

Er kann es nicht lassen. Wenn Julian Brandt auf dem Rasen steht, liebt der Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund das Risiko. „Es lockt mich, auf dem Spielfeld Sachen zu machen, wo jeder sagen würde, ich gehe jetzt den sicheren Weg“, sagte er zuletzt bei DAZN, bevor er mit breitem Grinsen ergänzte: „Das mag ich nicht so.“

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Julian Brandt nämlich ist anders als die meisten Profis. Er ist ein Freigeist. Einer der letzten seiner Art. Und, weil seine Spielweise unvorhersehbar und einzigartig ist, hat es der 24-Jährige schließlich dorthin geschafft, wo er heute steht: zum BVB und in die deutsche Fußball-Nationalmannschaft. Unbestritten zählt er zu den begabtesten Mittelfeldspielern der Republik.

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In der laufenden Saison jedoch zeigt Brandt, dass trotz seines enormen Potenzials noch nicht alles gut ist. Sein Hang zum Risiko hat nämlich auch eine Kehrseite: einfache und vermeintlich unerklärliche Fehler. Zum Leidwesen der Dortmunder häuften sich diese in den vergangenen Monaten. Geniale Momente, die Brandt an guten Tagen zu einem Unterschiedsspieler machen, sind seltener geworden. Zu inkonstant sind seine Leistungen, zu häufig war er zuletzt bestenfalls ein Mitläufer beim BVB.

BVB-Sportdirektor Zorc über Julian Brandt: "Wir wissen, dass Julian besser spielen kann"

„Wir wissen, dass Julian besser spielen kann als er es zuletzt getan hat“, sagte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc vor dem Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky). Der 58-Jährige weiß: Brandt fehlen aktuell Form und Leichtigkeit in seinen Aktionen. „Wichtig ist, dass er weiter arbeitet, an sich glaubt und nicht aufgibt“, so Zorc. „Wir stehen hinter ihm und hoffen, dass er bald wieder diese alte Sicherheit in seinem Spiel hat, die ihn auszeichnet.“

Julian Brandt bei seiner Auswechslung im Champions-League-Spiel bei Zenit St. Petersburg.
Julian Brandt bei seiner Auswechslung im Champions-League-Spiel bei Zenit St. Petersburg. © firo

Aus Dortmunder Sicht wäre es nicht unwichtig, dass Brandt diese Sicherheit schnell zurückfindet, denn gerade jetzt wird er gebraucht. In Abwesenheit des verletzten Torjägers Erling Haaland liegt es am gebürtigen Bremer und seinen Offensiv-Kollegen, den torgefährlichsten BVB-Profi zu ersetzen. Weil Brandt laut Trainer Lucien Favre über die nötige Schnelligkeit verfügt und auch mal in die Tiefe vorstößt, bot der Schweizer den gelernten Mittelfeldspieler schon mehrfach als hängende Spitze auf. „Er läuft sehr gut taktisch zwischen den Linien“, sagte Favre. „Genau das brauchen wir.“

BVB: Julian Brandt als falsche Neun mit Problemen

Bislang allerdings – das zeigten die Spiele bei der TSG Hoffenheim (1:0), Arminia Bielefeld (2:0) und Eintracht Frankfurt (1:1) – ist Favres Experiment mit Brandt als falscher Neun noch nicht von Erfolg gekrönt. Es wirkt, als sei Brandt nicht für die Rolle ganz vorne gemacht, denn Durchschlagskraft und der Zug zum Tor sind nicht ausreichend ausgeprägt. Oder anders gesagt: Mittelstürmer ist nicht seine Position.

Doch welche ist die ideale Position für Julian Brandt? Eigentlich kann er alle Positionen im Offensivbereich bekleiden. Eigentlich. Denn ein Blick auf die vergangenen 18 Monate zeigt: Seit er von Leverkusen nach Dortmund gewechselt ist, wurde er stets hin und her geschoben. Ewig auf der Suche nach der idealen Rolle. Ob im zentralen Mittelfeld, auf der Zehn, auf den Flügeln, als falsche Neun – komplett überzeugen konnte er nirgends.

BVB-Profi Julian Brandt: "Das wäre für mich der Horror"

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Entscheidend ist mit Blick auf Brandts Position auch, was er selbst darüber denkt. „Wenn ein Trainer zu mir kommt und sagt, du spielst auf der Position, du machst genau das, und du musst nach dem Muster spielen – das wäre für mich der Horror“, erzählte er zuletzt. „Unser Coach ist an dem Punkt angelangt, dass er zu mir sagt: ,Das ist deine Position, aber lauf rum, wo du willst.’“

Aussagen wie diese zeigen: Julian Brandt in ein taktisches Korsett zu zwängen, ist schier unmöglich. Der Freigeist muss sich ausleben können. Bald muss er im Gegenzug allerdings auch wieder geniale Momente abliefern – im Idealfall schon im Heimspiel gegen Stuttgart.