Essen. Die lange Winterpause wurde für diese Bundesliga-Saison gestrichen. Ex-Profi Markus Babbel spricht über die Auswirkungen.
Edin Terzic ist erst wenige Wochen im Amt und musste sich bereits mit einer Situation auseinandersetzen, die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat. „Es ist eher wie eine Länderspielpause“, sagt der neue Trainer von Borussia Dortmund und beschreibt damit seine Einordnung der arg verkürzten Winterpause, die schon wieder beendet ist. „Man hat sich ein Wochenende nicht gesehen, und dann geht es sofort weiter.“
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Der 38-Jährige kennt das. Er arbeitete in England und in der Türkei, dort wird auch an Weihnachten gespielt. An den Feiertagen nahm sich die Bundesliga zwar eine Auszeit, doch die gewohnte Winter-Vorbereitung auf den zweiten Saisonteil fiel flach. Der Terminkalender ist coronabedingt überfrachtet, jede Woche muss genutzt werden, und dafür musste die Winterpause weichen. Das bedeutete auch: alltägliches Schuften knapp über dem Gefrierpunkt statt langfristig angelegte Trainingsarbeit im Sonnenschein von Marbella, Belek oder Dubai.
Markus Babbel war Profi in England und Deutschland
Auch für Markus Babbel ist das nicht ungewöhnlich. Der frühere Nationalspieler, Europameister von 1996, verbrachte vier Jahre seiner Karriere in England beim FC Liverpool und bei den Blackburn Rovers. Traditionell spielt die Premier League den Winter durch. Kein Problem für Babbel. „Um ehrlich zu sein, fand ich als Bundesliga-Profi die sehr lange und intensive Wintervorbereitung immer ziemlich nervig“, sagt der 48-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion.
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Der große Unterschied aber sei die „Top-Vorbereitung im Sommer über sechs, sieben Wochen, in der wir die Basis für eine gesamte Saison legen konnten“, die nun fehlte. Die Belastungen im Fußball seien derzeit enorm, besonders im Ausland, wo die Sommerpause noch kürzer war als in der Bundesliga. Dennoch: „Wenn man sich das Programm von Bayern München anschaut – das ist der Wahnsinn, fast schon gesundheitsgefährdend. Bis zu einem gewissen Punkt trägt dich der Erfolg, aber irgendwann geht das zu Ende.“
Bei Schalke ist es eine Frage des Selbstvertrauens
Babbel kennt auch die Perspektive des Trainers, er arbeitete in der Bundesliga beim VfB Stuttgart, bei der TSG Hoffenheim und bei Hertha BSC. Bis Januar 2020 war er bei den Western Sydney Wanderers in Australien beschäftigt. Die kurze Pause sei eine Herausforderung, sagt er, besonders für Klubs, die mit einem neuen Trainer ins Jahr 2021 gehen – wie der krisengeplagte FC Schalke 04 mit Routinier Christian Gross. „Da bleibt keine Zeit, deine Ideen umzusetzen“, sagt Babbel. „Es geht darum, schnellstmöglich die Köpfe der Spieler zu erreichen, ihnen Selbstvertrauen zu vermitteln.“
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Auch für Borussia Dortmund waren es besondere Umstände. Erst vor Weihnachten hatte ja Edin Terzic Lucien Favre als Trainer abgelöst. Auch Terzic fehlte also die Vorbereitungszeit. „Wir haben uns überlegt, wie wir die Zeit bestmöglich nutzen können“, sagt Terzic. Geworden ist es ein Mix aus taktischen Neuerungen, Aufarbeitung der Probleme und Physis.
Gladbach: Marco Rose setzt auf Regeneration
Regeneration, Zeit mit Familien, die Köpfe frei bekommen – das gab Marco Rose, der Trainer von Borussia Mönchengladbach, den Spielern für die Weihnachtstage mit, bevor es am vergangenen Wochenende schon wieder losging. Dadurch habe man „nicht so viel verloren, um uns großartig vorbereiten zu müssen“, so Rose. Und dennoch meint Markus Babbel, dass die fehlende Pause unterschiedliche Auswirkungen auf die Klubs haben wird – positive und negative.
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Top-Mannschaften kämen nun nicht so sehr aus dem Tritt wie sonst. Außerdem würden bei wenigen Spielen und einem großen Kader Spieler schnell unzufrieden, wenn sie nicht auf ihre Einsatzzeit kommen. „Für den Trainer können die vielen Partien daher auch gut sein“, erklärt der frühere FC-Bayern-Profi. „Es wird jetzt jeder gebraucht.“ Auf der anderen Seite könne man nun „schnell in eine Abwärtsspirale geraten, aus der man nicht mehr herauskommt. Dann bleibt kaum Zeit, um an etwas zu arbeiten, weil dir die Trainingseinheiten fehlen.“
Markus Babbel über seine Zeit in Australien
Das Gegenteil erlebte Babbel in Australien. Dort startet die Vorbereitung schon im Juni, die Liga beginnt erst im Oktober. „Sowohl für die Spieler als auch für die Trainer ist es schwierig, nach so vielen Wochen auf den Punkt da zu sein“, sagt Babbel, der es nun der Familie wegen etwas ruhiger angehen lassen will. „Meine fünfjährige Tochter ist nah bei Oma und Opa. Es wäre falsch, sie da wieder herauszureißen. Es gab zum Beispiel ein Angebot aus Südkorea, doch so etwas kommt im Moment nicht infrage.“ Und die Bundesliga? Das sei eine hochinteressante Liga. „Sollte es da eine Option geben, würde ich mir das überlegen. Ich bin aber auch realistisch genug, dass ich weiß, dass viele junge Trainer nachrücken, um die es einen großen Hype gibt. Da haben es die Älteren wie ich schwer“, sagt Babbel – mit 48 Jahren.
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Aber hoffen darf er. Dass Christian Gross mit seinen 66 Jahren Schalke trainieren würde, hätte sich der Schweizer vor ein paar Monaten sicher auch nicht mehr erträumt.