Gelsenkirchen. Die Winter-Transferperiode steht vor der Tür - Schalkes Budget ist begrenzt. Hat das mit dem zu tun, was im Sommer 2023 passierte?

Das Jahr 2024 scheint für den Zweitligisten FC Schalke 04 doch noch ein versöhnliches Ende zu nehmen. Nach dem Existenzkampf im Frühjahr drohte die aktuelle Saison denselben Verlauf zu nehmen. Trainer Kees van Wonderen stand so kurz vor der Ablösung, dass die Königsblauen einen Plan W wie Wechsel im Winter entworfen hatten, bevor sie in Paderborn (4:2) und gegen Düsseldorf (1:1) tolle Leistungen zeigten, die auch für das abschließende Spiel bei Tabellenführer SV Elversberg (Freitag, 18.30 Uhr/Sky) Mut machen. Die Sportchefs beschäftigen sich indes mit der Winter-Transferperiode 2025. Eine, die ihrer Meinung nach durch die Arbeit von Vorgänger André Hechelmann erschwert wird. „Überfordert“ sei Hechelmann gewesen, so bewertete das Aufsichtsrats-Chef Axel Hefer in seiner Rede bei der Mitgliederversammlung im November.

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    Es geht dabei um die Sommer-Transferperiode 2023. Unmittelbar nach dem Bundesliga-Abstieg war Hechelmann vom Interims-Sportchef zum Sportdirektor befördert worden und plante mit Sportvorstand Peter Knäbel das Aufgebot, das Trainer Thomas Reis zum Wiederaufstieg führen sollte. „Wir wollen und werden aufsteigen“, hatte Reis seinerzeit im Trainingslager in Mittersill gesagt. Dabei ahnte der Trainer schon damals, dass die Saison nicht so leicht werden könnte.

    Ex-Schalke-Trainer Reis: „Habe meine Wünsche geäußert“

    Reis hatte seine Vorstellungen, wie der Kader verstärkt werden könnte. „Ich habe meine Wünsche geäußert, aber es war nicht möglich, diese Spieler zu verpflichten. Ich kann ja dann nicht sagen: Jetzt trete ich zurück“, sagte Reis dieser Zeitung. Ähnlich wie bei seinem Aufstieg mit dem VfL Bochum wollte er schnelle Innenverteidiger und schnelle Flügelstürmer haben, im 4-3-3-System mutig Mann gegen Mann angreifen. Für die Abwehr hatte er Maxim Leitsch (Mainz 05) auf dem Zettel, wollte Sepp van den Berg behalten (inzwischen Brentford, wäre wohl nicht gelungen), für die Außenposition stand unter anderem Gerrit Holtmann (VfL Bochum) auf Reis‘ Wunschliste, der außerdem drängte, den Leihvertrag mit Tim Skarke zu verlängern. Der wäre dazu bereit gewesen und sorgte später in Darmstadt für Furore. Im Sturmzentrum hätte Reis Sebastian Polter mit einem Backup Keke Topp genügt, Knäbel und Hechelmann verlängerten aber den Vertrag von Simon Terodde, der ein ähnliches Profil hat.

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    Der im Sommer noch gefeierte und bis heute bei einigen S04-Fans beliebte Reis musste nur wenige Wochen nach dem Saisonstart gehen, Schalkes Team war in der Tabelle durchgereicht worden. Reis waren einige Aufstellungsfehler passiert, aber das Spielglück fehlte und der Kader passte weder zu seiner Spielidee noch war er ausgewogen zusammengestellt. Was auch an einigen Zugängen lag, die bis heute nicht auf Schalke angekommen oder bereits wieder weg sind.

    Schalke: Baumgartl kam für die Abwehr - und ist längst wieder weg

    Beispiel: Der erfahrene Timo Baumgartl kam für die Innenverteidigung, einer, der in einer Dreierkette gern im Zentrum in Ruhe das Spiel aufbaut – das Gegenteil von Reis‘ Spielweise. Baumgartl kam weder mit Reis noch mit Nachfolger Karel Geraerts zurecht, sein Vertrag wurde kostspielig für eine sechsstellige Summe wieder aufgelöst. Für die Flügelposition holte Hechelmann Bryan Lasme von Arminia Bielefeld, stattete ihn mit einem gut dotierten Vierjahresvertrag aus. Lasme wurde zu einem der schnellsten Spieler der Zweiten Liga, offenbarte aber schnell grobe technische Schwächen. Reis bescheinigte Lasme nach wenigen Wochen im Training eine „Lederallergie“. Inzwischen sitzt Lasme auf der Tribüne. Die Nummer 10 auf dem Rücken erhielt Lino Tempelmann (kostete 700.000 Euro), der sich angeschlagen durch die Hinrunde 2023/2024 schleppte und selten überzeugte, in der Rückrunde unter Geraerts kaum noch spielte, schließlich aussortiert wurde und sich operieren ließ. Nun ist er zwar wieder fit, hat aber wie Lasme einen Stammplatz auf der Tribüne. Das gilt auch für Ibrahima Cissé, der schon im Sommer 2022 kam, aber ebenso auf Hechelmann zurückgeht wie die langfristige Vertragsverlängerung von Dominick Drexler, der einen Zweijahresvertrag plus Anschlussanstellung im Klub erhielt. Inzwischen ist Drexler aussortiert.

    Hechelmanns Königstransfer war Ron Schallenberg, der für über zwei Millionen Euro aus Paderborn kam – plus gute Bezahlung für Zweitliga-Verhältnisse. Die hohen Erwartungen konnte Schallenberg selten erfüllen, er kam zu Beginn mit dem Druck der Arena kaum zurecht. Auf der Sechs spielt Schallenberg inzwischen nicht mehr, sondern in der Innenverteidigung. Schalke erhoffte sich von Schallenberg, auf Jahre Führungsspieler zu sein und für eine hohe Transfereinnahme zu sorgen. Obwohl sich Schallenberg zuletzt steigerte: Von Schalkes aktueller sportlicher Leitung wird er kritisch gesehen. Dass sie einen führungs- und lautstarken Sechser holen will, ist durchaus als Ohrfeige für den 26-Jährigen zu werten. Im Mittelfeld-Zentrum ist nur Paul Seguin gesetzt.

    firo :  14.12.2024,
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FC Schalke 04 - Fortuna Düsseldorf
    Königstransfer im Sommer 2023: Ron Schallenberg. © Jürgen Fromme /firo Sportphoto | Jürgen Fromme

    Apropos Seguin: Bei aller Skepsis der gegenwärtigen Vereinsführung – nicht alles an Hechelmanns Transferperiode war schlecht. Seguin (Union Berlin, 750.000 Euro) zeigt aber erst jetzt, nach anderthalb Jahren, seine Stärken. Derry Murkin (Volendam, 800.000 Euro) wird Schalke einmal mit Gewinn verkaufen können, Angebote lagen im Sommer bereits vor. Bei Torwart Marius Müller (kam für 350.000 Euro, rettete Schalke, ging für 1,5 Millionen Euro nach Wolfsburg) gelang das bereits. Auch Tomas Kalas (ablösefrei aus Bristol) konnte in vielen Spielen überzeugen.

    Doch wie hindert Hechelmanns Vermächtnis Schalke in diesem Winter? Das Budget ist dadurch begrenzt. Cissé, Tempelmann (Verträge bis 2026) und Lasme (Vertrag bis 2027) stehen auf der Verkaufsliste, sind aber langfristig an Schalke gebunden. Auch Drexler bezieht noch bis Juni 2025 sein Spielergehalt, dürfte aber als 34-Jähriger kurz vor Karriereende keine Ambitionen mehr haben, den Klub zu wechseln. Finanziell hat das Quartett keinen Grund, Schalke zu verlassen. Zudem ist Schalkes Verhandlungsposition schlecht, da mögliche Interessenten wissen, dass S04 die Spieler loswerden will. Sie könnten den Preis drücken.

    Schalke sucht einen Moritz Jenz in günstig

    Trotz dieser Hürden soll nicht nur ein Sechser kommen, auch ein Innenverteidiger. Ein erfahrener, aber nicht zu alter, Mann soll her. Einer mit Führungsstärke. Ein Moritz Jenz in günstig. In der Winter-Transferperiode 2023 war Jenz aus Schottland gekommen, stabilisierte die Abwehr sofort. Jenz spielt inzwischen in Mainz, Marktwert 7,5 Millionen Euro, ist weder verfüg- noch bezahlbar.

    Ihn hatte übrigens auch Hechelmann verpflichtet. Es war eben nicht alles schlecht in dessen Amtszeit. Und wenn Ben Manga im Sommer nur tolle Spieler verpflichtet hätte, müsste er nun nicht den Kader umbauen...

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