Gelsenkirchen. Vor fünf Wochen drohte Kees van Wonderen der Schalke-Rauswurf. Nun umgibt den Klub eine leise, demütige Euphorie auf vielen Ebenen.

In den Niederlanden, so sagte Trainer Kees van Wonderen vom FC Schalke 04 mit einem Schmunzeln im Gesicht, gebe es ganz simple Redensart. „Bei uns sagt man: Wir sehen Bären“, sagte van Wonderen, als er darauf angesprochen wurde, ob er denn die Euphorie ein wenig bremsen müsse. „Die Gefahr ist immer da. Auch wenn es ganz gut aussieht: Ich sehe Bären“, sagte van Wonderen. Am Samstag (13 Uhr/Sky) startet Schalke in Braunschweig ins Pflichtspiel-Jahr 2025 und die Wandlung der Königsblauen so kurz vor dem Rückrundenbeginn ist erstaunlich.

Für so einen Bärenspruch wäre van Wonderen noch vor fünf Wochen so belächelt worden wie für seine Ansage, er sei eben kein Harry Potter, der seinem Zauberstab alles in Kürze verändern könne. Drei herausragende Spiele im Dezember haben dafür gesorgt, dass der Harry-Potter-Spruch inzwischen Schalke-Kult ist und der Bärenspruch nicht peinlich, sondern niedlich wirkt. Der 56-Jährige ist so etwas wie Papa van Wonderen, einer, der sympathisch über den Dingen steht, dem Mannschaftsrat, den Ärzten und dem Trainerteam zuhört und dann entscheidet. Die Schalker haben auch dank van Wonderens Art, eher Moderator zu sein als Alleinherrscher, ihren Ruf als Dauer-Krisenverein des Ruhrgebiets für einen Moment weitergereicht nach Dortmund, auch in Bochum, Essen und Duisburg geht es deutlich turbulenter zu als am Berger Feld. Aktuell jedenfalls.

Schalke: Nur acht Punkte Rückstand

Es ist eine Ruhe, die Schalkes Klubführung unbedingt bewahren will. Und auch wenn es nur acht Punkte Rückstand zum Relegationsplatz sind, vermeiden alle das Wort Aufstieg. Im Mitgliederbrief formulierte der Vorstand das vorrangige Ziel so vorsichtig wie möglich: „Unser erster und größter Wunsch ist es, möglichst schnell die 40-Punkte-Marke zu erreichen, um so frühzeitig wie möglich die Planungen für die kommende Spielzeit vorantreiben können.“ Van Wonderen sieht nicht nur Bären, er warnt: „Wir spielen in einer Liga, in der du nie weißt, wie das nächste Spiel laufen wird. Unser Fundament gibt uns ein gutes Gefühl, das garantiert aber keine Siege.“

„Fundament“ ist ein Lieblingsbegriff von van Wonderen. Durch die Erfolge vor Weihnachten hat sich eine Stammelf gebildet, die auch im Trainingslager in der Türkei zusammen trainierte. Überraschend wird Schalkes Aufstellung für Braunschweigs Trainer Daniel Scherning nicht sein. Paul Seguin wird das Spiel dirigieren, das Offensivspiel auf die Torjäger Moussa Sylla (11 Tore) und Kenan Karaman (10 Tore) zugeschnitten sein. „Wenn die Mannschaft Erfolg hat und sie funktioniert, ist es logisch, dass man das nicht durcheinander bringt“, sagte van Wonderen.

Schalke im Trainingslager: Super Stimmung und straffes Training

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    Dass über die Schalker nach längerer Pause mal wieder in ganz Fußball-Europa gesprochen wurde, lag an der Verpflichtung eines neuen Ersatztorhüters. Loris Karius, 31 Jahre alt, bekannt geworden durch das verlorene Champions-League-Finale mit Liverpool 2018 und als Freund berühmter Frauen, ist Nachfolger von Ron-Thorben Hoffmann, der zum kommenden Gegner Braunschweig wechselte. Ob der zuletzt vereinslose Karius die Reise antreten wird? Ist noch offen. „Am Mittwoch hat er zweimal mit dem Torwarttrainer trainiert, am Donnerstag mit der Mannschaft. Er ist motiviert, aber ich will mich erst einmal mit ihm über die ersten Tage austauschen, bevor ich mich entscheide“, sagte van Wonderen.

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    Gewinnt Schalke aber in Braunschweig, wird sich der Klub bei dann anstehenden zwei Heimspielen (gegen Nürnberg und Magdeburg) kaum gegen eine Euphorie wehren können. Und das würde Schalkes Vorstandschef Matthias Tillmann gefallen. Am Donnerstag verkündeten die Schalker, dass ab 22. Januar Anteile für die Fördergenossenschaft gezeichnet werden können. „Dieser Tag wird ein besonderer für den FC Schalke 04 sein“, sagte Tillmann. Jeder verkaufte Anteil werde dem Verein ermöglichen, „sich für die Zukunft besser aufzustellen.“ Großes Schalker Ziel ist es, die 50-Millionen-Euro-Marke zu knacken, sie wäre ein großer Befreiungsschlag, wie es intern heißt. Damit könnten Darlehen getilgt und Zinsen verringert werden.

    Ruhe im Umfeld, das Genossenschaftsprojekt vor der Tür, ein lösbares Startprogramm: Es läuft gerade gut auf Schalke. Van Wonderen formulierte das so: „Es macht Spaß zu sehen, wenn jeder, der Schalke-Fan ist, eine sonnige Zukunft sieht.“ Es sei aber genauso wichtig, immer wach zu bleiben. Van Wonderen schmunzelte, als er das sagte: „Da haben wir sie wieder, die Bären.“

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