Monza. . Die Konkurrenten des amtierenden Weltmeisters und WM-Spitzenreiters machen sich noch Hoffnungen. Doch dazu müssen sie am Sonntag beim Großen Preis von Italien in Monza eine Offensive starten. Vettel selbst bleibt auf sich konzentriert: “Ich mache mir keine Gedanken, wie viele noch im Titelrennen sind.“

Jäger-Latein im Renntempo geht so: „Fernando! Avanti! Andiamo!“ Vorwärts und dann weiter so, das eint zum Europa-Abschied der Formel 1 in dieser Saison die drei verbliebenen Herausforderer von WM-Tabellenführer Sebastian Vettel. Bei noch acht ausstehenden Rennen ist das Gastspiel im Tempodrom bei Mailand an diesem Sonntag (14 Uhr live in unserem Ticker) so etwas wie die letzte Ausfahrt Hoffnung für Fernando Alonso (46 Punkte zurück), Lewis Hamilton (58) und Kimi Räikkönen (63).

Die Maxime ist für alle die gleiche: Vor Vettel ins Ziel kommen – denn Ausfälle wünscht man dem Gegner natürlich nicht, jedenfalls nicht öffentlich. „Wenn man sich den Punktestand ansieht, haben wir noch immer eine Chance, aber wir brauchen schon ein paar andere Dinge, die in unsere Richtung laufen müssten“, sagt Lotus-Pilot Kimi Räikkönen finnisch-kryptisch. „Monza ist hoffentlich der Start unserer Offensive“, sagt Ferrari-Pilot Alonso stellvertretend, „wir müssen die Situation dringend ändern, wenn wir wie im letzten Jahr bis zum Schluss im Titelrennen bleiben wollen.“

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Red Bull zeigt bislang einfach keine Schwäche, die man ausnutzen könnte, und die Statistiker haben schon ausgerechnet, dass es beim Titelverteidiger noch nie eine wirklich dramatisch schlechte Phase über acht Rennen hinweg gab – der „Negativrekord“ rührt aus 2010 mit nur 85 Punkten. In dieser Saison brachten ihm die „schwächsten“ acht WM-Läufe in Folge 132 Zähler ein. Vettel ist längst zum zuverlässigen Punktelieferanten in eigener Sache gereift.

Provozieren lässt sich Vettel nicht

Von der mentalen Stärke her scheint er wenig angreifbar zu sein, selbst die ihm peinliche Diskussion um seine Erblondung in der Sommerpause hat er abgebogen. Wenn ihn die hellere Haarpracht schneller machen würde, sei das ja ein ganz schöner Nebeneffekt...

Auch provozieren lässt er sich nicht wirklich. Die Annahme, er sei schon quasi uneinholbar, pariert er wie ein Musterschüler des Understatements mit einem Merksatz: „Ich denke, uneinholbar ist man erst dann, wenn man rein rechnerisch nicht mehr einholbar ist.“ Aber er gibt gern zu: „Wir hatten ein Super-Jahr bisher. Und deshalb werden wir jeden Schritt jetzt einzeln tun.“

Red-Bull-Teamchef Horner: "Sebastian ist der absolute Hammer als Fahrer"

Gern behauptet der Heppenheimer, dass er gar kein genaues Bild von der aktuellen Situation in der Weltmeisterschaft besitze, das kann man glauben – oder auch nicht. Bei allem Verdrängungswettbewerb sagt Vettel aber doch: „Es wäre falsch, sich jetzt schon auf einen großen Gegner zu konzentrieren. Weil die Gefahr besteht, sich ablenken zu lassen und auf den falschen einzulassen. Deshalb mache ich mir keine Gedanken, wie viele noch im Titelrennen sind oder nicht.“ Denn, merke: „Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie schnell sich die Dinge ändern.“

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Mangels geringerer eigener technischer Möglichkeiten führt die Konkurrenz gern an, dass Vettels wundersamer Siegeszug hauptsächlich auf die Genialität des Fahrzeugkonstrukteurs Adrian Newey zurückzuführen sei. Sein Teamchef Christian Horner widerspricht da vehement: „Ohne den geringsten Zweifel ist Sebastian der absolute Hammer als Fahrer.“

Monza ist für Vettel "eine besondere Station im Kalender"

Gerade in Monza ist die Güte der Formel-1-Piloten zu spüren. Auch für Vettel, der 2008 mit dem Toro Rosso hier seinen ersten Grand-Prix-Sieg einfahren konnte, bleibt der PS-Tempel eine wichtige Herausforderung: „Für mich ist es eine ganz besondere Station im Kalender. Die Autos fühlen sich leichter an, haben weniger Haftung. Es ist kein einfacher Balanceakt, selbst im Trockenen.“

Wer so konzentriert ist wie Vettel, der lässt sich auch durch die jüngste Hochrechnung des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“ nicht ablenken. Demnach ist nämlich Gegenspieler Fernando Alonso mit Jahreseinkünften von 22,5 Millionen Euro der am besten bezahlte Motorsportler auf der Welt. Vettel müsse sich demnach mit 13,7 Millionen zufrieden geben. Aber der vierte Titel nacheinander dürfte ihm einfach viel mehr wert sein.