Spa. . Der Finne Kimi Räikkönen könnte bald wieder Ferrari fahren. Für Superstar Fernando Alonso wäre die Rückkehr des letzten Champs in Rot ein Affront. Vor dem Rennen in Spa nach drei Wochen Sommerpause bestimmen Transferprognosen die Formel 1.

Das Orakel der Formel 1 trägt Perücke. Eddie Jordan, erster Teamchef von Michael Schumacher und heute als fachlicher Entertainer in Diensten der BBC, besitzt eine hohe Trefferquote, was Transferprognosen angeht. Der Ire mit abgebrochener Bankkaufmannslehre kennt jeden Trick und hält nie etwas für unmöglich. Er sagt eine Wendung im zögerlich angelaufenen Wechselkarussell dieser Saison voraus, die nach drei Wochen Sommerpause die Debatten beim Großen Preis von Belgien bestimmen (Sonntag, 14 Uhr, RTL, Sky) – und ein Stück weit auch die Zukunft der Königsklasse: Kimi Räikkönen zurück zu Ferrari. Möglich ist das Gedankenspiel erst geworden, weil der Australier Daniel Ricciardo demnächst als neuer Nebensitzer von Sebastian Vettel bei Red Bull für 2014 verkündet werden dürfte, wo Räikkönen lange als Favorit auf das Cockpit galt.

Erbitterte Kampf um die Nummer eins im Cockpit

Sollte es zu dem Transfer kommen, den Räikkönens Manager Steve Robertson als „Option“ bezeichnet hat, dann würde die Scuderia auf eine Harakiri-Taktik setzen: Mit Fernando Alonso und dem Finnen gleich zwei exzentrische Superstars aufeinander loszulassen. Angesichts der kaiserlichen Rolle, die Alonso bis 2016 in Maranello eigentlich festgeschrieben hatte, wäre das ein Dolchstoß gegen den Asturier, der sich zuletzt mit öffentlicher Kritik am Team erstmals Feinde in Italien gemacht hat. Mit einem direkten Gegner wie Räikkönen wäre der Verlust seiner Hausmacht deutlich. Es dürfte ein erbitterter Kampf werden, wer dann die numero uno ist. Genau das, was Vettel und Red Bull für sich nicht wollten.

Und Teamchef Stefano Domenicali hätte ein Problem mehr, dass sich zwei Top-Piloten bekriegen, und gegenseitig Punkte wegnehmen. Ferrari hält deshalb seit acht Jahren am Brasilianer Felipe Massa fest, der eine gute Nummer zwei ist, aber nicht viel mehr. Räikkönen kann darauf verweisen, dass sein WM-Sieg 2007 der letzte Fahrertitel war, den das Traditionsteam holen konnte. Und die Gage von an die 20 Millionen Euro, die er aufrufen könnte (und bei seinem derzeitigen Arbeitgeber Lotus kaum bekommen wird), wäre nicht das Problem. Ferrari braucht endlich wieder einen Champion, koste es, was es wolle.

Sommertheater in der Formel 1

Allerdings soll Ferrari-Aufseher Luca di Montezemolo lange gegen das riskante Manöver gewesen sein – weil er sich eingestehen müsste, dass es ein Fehler war, Räikkönen vor vier Jahren gegen Alonso auszutauschen. Daraus bezieht der Iceman, inzwischen 33 Jahre alt, umgekehrt eine zusätzliche Motivation – es allen noch mal zeigen zu können. Denn damals hatte der Nonkonformist keine richtige Lust mehr auf die Formel 1, die in Italien tatsächlich manchmal eine Art Zirkus ist. In den anderthalb Jahren seit seinem Comeback hat sich der Finne mit der Branche auf seine Weise arrangiert – und ist erfolgreich mit seiner abgemilderten Ignoranz. So schaffte er es auch jetzt wieder vor den entscheidenden neun Rennen der zweiten Saisonhälfte noch als Mitfavorit im Titelrennen zu sein – als derzeitiger Zweiter mit 38 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Vettel, einem Zähler Vorsprung auf Alonso und deren zehn auf Lewis Hamilton.

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Von Torsten Tenbörg

Eddie Jordan sieht weiter Rot und behauptet, dass der Transfer beim Scuderia-Heimspiel in zwei Wochen in Monza verkündet werden wird. Als finnische Zeitungen von einem perfekten Wechsel berichtetet haben, dementierten die Italiener halbherzig. Aber selbst wenn die Hoffnungen zerplatzen sollten, hat das Sommertheater seine Wirkung nicht verfehlt. Denn sowohl Red Bull mit dem herauszögern einer offenbar schon länger feststehenden Entscheidung wie auch Alonso durch sein lanciertes Techtelmechtel mit dem Vettel-Team versuchen die Konkurrenz zu destabilisieren.

Räikkönen hat am meisten zu gewinnen – und zu verlieren. Wenn er Pech hat, muss er bei Lotus bleiben – einem Rennstall, der immer nah dran ist am Durchbruch. Andererseits kann der Finne dort seine Macken ausleben, einfach nur Iceman sein. Er würde bleiben – wenn Lotus ihm sein Gehalt und ein besseres Auto garantiert. Angekündigt hat er: „Ich werde eine Entscheidung treffen, die vielleicht nicht jeder verstehen wird. . .“