Dublin. Nach der EM 2012 erlebt Bundestrainer Löw öffentliche Kritik und feine Risse im Mannschaftsgefüge. Die Stimmungseintrübung ist keine Fata Morgana. Löw muss sich wieder Kredit verschaffen für seine Art der Führung. Ein Kommentar.
Es ist eine ganz neue Erfahrung für Joachim Löw. Sechs Jahre lang wurde die Nationalelf, wurde vor allem er selbst, getragen von einer Welle der Sympathie. Es gab hymnische Betrachtung seiner Mannschaft, deren Stil bisweilen gar bewundernd zum Symbol eines neuen, frischen, offenen Deutschlands stilisiert wurde.
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Und nun, eine EM-Endrunde, ein verkorkstes Halbfinale gegen Italien später, erlebt der Bundestrainer urplötzlich eine ungewohnte Schärfe. Öffentliche Kritik, Debatten, die nicht verstummen wollen und feine Risse im Mannschaftsgefüge, die nun herausgearbeitet werden, wo früher gerne alles mit Wohlwollen zugespachtelt wurde.
"Gute" Stimmung 2012 statt "überragend guter" Stimmung 2010
Die medial konstatierte Stimmungseintrübung ist dabei keine Fata Morgana, wie auch Löw erstmalig einräumte: Bei der WM 2010 sei die Stimmung im Team „überragend gut“ gewesen, so Löw; nun bei der EM, nun ja, „gut“. Der Bundestrainer sprach auch von „normalen Reibereien“, die es gebe. Allein die Wortwahl deutet es an: Es wird ungemütlicher, intern wie in der Öffentlichkeit. Der Wind hat sich gedreht, die ersten Auguren sehen schon einen „Sturm“ heraufziehen. Es geht rasend schnell in diesem Geschäft.
Genau daraus erwächst die Fallhöhe der anstehenden Qualifikationsspiele in Irland und am Dienstag in Berlin gegen Schweden. Löw muss liefern. Er muss sich wieder Kredit verschaffen für seine Art der Führung, für seine Auffassung, seine Idee vom Fußball. Der Bundestrainer braucht gute Ergebnisse und überzeugenden Fußball.
Löw muss Souveränität behalten
Vor allem aber muss Löw in diesem Stimmungsherbst vor allem die Souveränität behalten. Seine herbe, sehr persönliche Kritik an Marcel Schmelzer war dabei alles andere als ein guter Anfang. Der Bundestrainer ist an einem gefährlichen Punkt angekommen. Löw wird es spüren, womöglich empfindet er es als ungerecht. Eine neue Herausforderung aber ist es allemal.