Dortmund. Marco Reus machte es nichts aus, dass über 80.000 Augenpaar und unzählige Kameras auf ihn gerichtete waren. Unbekümmert zeigte er das, was seinem alten Verein, der Borussia aus Gladbach fehlt: die spielerische Leichtigkeit. Ein Kommentar.
Lucien Favre war als Fußballer einst ein Feingeist. Nun, nach der heftigen 0:5-Klatsche beim deutschen Meister in Dortmund, beruft sich der Trainer von Borussia Mönchengladbach auf die harten Tugenden des Fußballs: Jetzt helfe nur noch „arbeiten, arbeiten, arbeiten“, sagte er nach dem Borussen-Duell ernüchtert. Als Fußballer stand Favre nie für die harte Arbeit.
Dass ausgerechnet er jetzt an den Arbeitsethos seiner Spieler appelliert, scheint wie ein letztes Mittel. Als hätte Favre, der in Gladbach zuletzt für die Erfindung eines eigenen Fußballstils gefeiert wurde, keine andere Ideen mehr als „arbeiten, arbeiten, arbeiten“, als wäre er ratlos. Damals, als Fußballer fand er immer Lösungen, spielerisch leicht, ganz ohne „arbeiten, arbeiten, arbeiten“.
Gladbach redet die Erwartungen klein
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Immerhin warnen und bremsen, muss der Trainer nun nicht mehr. Seit Saisonbeginn hatte Favre versucht, die Erwartungen an die Mannschaft klein zu halten. Nun könnten sie wohl kleiner kaum sein. Es gibt genügend Grund zur Sorge am Niederrhein. Denn Favre hat nicht nur die Erwartungen klein geredet, er hat auch seine Mannschaft klein geredet.
Favre hat ähnliches schon einmal erlebt, als Trainer von Hertha BSC Berlin. Wie damals, wurden in Mönchengladbach in diesem Sommer die wichtigsten Spieler einer erfolgreichen Mannschaft verkauft. Favre musste neu aufbauen – und scheiterte daran. Der Trainer wurde bald entlassen, der Verein stieg ab.
Soweit muss es in Mönchengladbach nicht kommen, der mittlerweile völlig verunsicherte Kader hat ausreichend Qualität. Aber „arbeiten, arbeiten, arbeiten“ reicht nicht aus, wenn individuelle Patzer die verrichte Arbeit wieder nichtig machen. In Dortmund trat die Mannschaft anfangs stabil auf, dann strauchelte Innenverteidiger Alvaro Dominguez und Marco Reus schoss den BVB in Führung. Es war nur der Anfang einer heftigen Klatsche.
Dortmund übersteht Mini-Krise
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Reus hat gegen seinen Ex-Verein gezeigt, dass Fußball nicht nur „arbeiten, arbeiten, arbeiten“ ist. Er hat auch gezeigt, was Gladbach fehlt: Das Selbstverständnis auf den Platz zu gehen und ein Spiel entscheiden zu wollen. Reus kann das sogar mit spielerischer Leichtigkeit.
Er ließ sich nicht beirren von 80 000 Augenpaaren, die alle auf ihn gerichtet waren bei seiner ersten Partie gegen Mönchengladbach seit seinem 17,5 Millionen Euro teuren Wechsel. Druck jedenfalls schien Reus nicht zu verspüren, er übertraf die hohen Erwartungen mit zwei Toren sogar. Und BVB-Trainer Jürgen Klopp würde wohl im Traum nicht einfallen, seinen Spieler klein zu reden. Nach zuletzt sechs Gegentoren in zwei Spielen, hat Klopp nicht gewarnt, nicht klein geredet. Klopp hat selbstbewusst gesagt: Wir stellen unsere Fehler ab, wir schaffen das. Seine Spieler sind ihm gefolgt.
Anders als Gladbach hat sich Dortmund nach zwei sieglosen Spielen so aus der Mini-Krise befreit.
Vukcevic wichtiger als Fußball
Und sonst? Tabellenführer Bayern München marschiert weiter und gewinnt mit Rückkehrer Claudio Pizarro in Bremen 2:0. Hamburg feiert den 125. Geburtstag des HSV, den 1:0-Sieg gegen Hannover und nach dem kapitalen Fehlstart nun sieben Punkte aus den letzten drei Spielen. Leverkusen landet einen Pflichtsieg gegen Aufsteiger Fürth, Stuttgart in Nürnberg den ersten Saisonerfolg überhaupt. Und in Hoffenheim war beim 0:0 gegen Augsburg der Gesundheitszustand des verunglückten Boris Vukcevic wichtiger als der Fußball.