Dortmund. Nuri Sahin ist seit einem Jahr zurück beim BVB, seit Juni als Cheftrainer mit großen Ideen. Ein Problem hat auch er noch nicht gelöst.

Schlaf. Schlaf sei das, was Nuri Sahin vermissen wird, wenn der Fußball in der Bundesliga wieder rollt. Davon nämlich gab es rund um den Jahreswechsel einiges nachzuholen. Sahin wollte bewusst abschalten, sich ausruhen, Zeit mit der Familie verbringen. Zwölf intensive Monate liegen hinter Borussia Dortmunds Trainer.

Der BVB-Reporter

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    Vor ziemlich genau einem Jahr hat Sahin die Arbeit bei seinem Herzensklub aufgenommen, zunächst als Assistent von Edin Terzic. Sahins Rückkehr elektrisierte das Umfeld. Der Effekt aber ebbte relativ fix ab, denn als Zuarbeiter des Chefs konnte Sahin zwar Input geben, doch die inhaltliche Ausrichtung bestimmte am Ende Terzic. Nach dessen Abschied im Sommer wurde Sahin befördert. Wieder Euphorie, große Erwartungen. Aber auch eine gewisse Skepsis, einen unerfahrenen Coach den Job beim zweitwichtigsten Verein Deutschlands zu geben.

    Und heute?

    Wie Nuri Sahin den BVB verändern will

    Am Mittwochmittag saß Nuri Sahin auf dem Podium in Dortmund-Brackel, um über den Bundesliga-Wiederbeginn am Freitagabend gegen Bayer Leverkusen (20.30 Uhr/Sat1 und DAZN) zu sprechen, aber auch um vergangenes Revue passieren zu lassen. „Der Weg, den wir gehen, mit all den Hindernissen, all den Auf und Abs, das gehört dazu“, sagte der 36-Jährige. „Ich habe aber nicht eine Sekunde daran gedacht, dass mir alles zu viel wird.“ Oder: „Wenn ich bei mir bleibe, dann weiß ich, dass ich gute Sachen machen kann mit meinem Team, mit meinem Verein.“ So klingt weiterhin Selbstbewusstsein.

    Borussia Dortmund - RB Leipzig
    Im Gespräch: BVB-Trainer Nuri Sahin gibt seiner Mannschaft Anweisungen. © DPA Images | Bernd Thissen

    Sahin hat große Ziele mit dem BVB, will Spielweise und Außendarstellung des Vereins verändern. Mitreißend, dominant sollen seine Profis ihren Job ausführen. Der Klub, findet Sahin, gehöre mit an die Spitze. Sehnsüchtig möchte er Gewinnertypen formen, die sich nicht mit Durchschnitt zufrieden geben. Ein Ehrgeiz, der auch in andere Bereiche des Klubs überschwappen soll.

    BVB ist weiter auf der Suche nach Konstanz

    Bisher ist die Revolution eine mit Hindernissen. Man sah zwar punktuell, zu was diese Mannschaft in der Lage ist, welche taktischen Mechanismen greifen sollen, um Spiele an sich zu reißen. Dennoch hat es auch der ambitionierte Sahin nicht geschafft, die schier unerklärlichen Rückfälle zu verhindern, mit denen sich seine Vorgänger herumgeplagt hatten. Hinzu kam im Herbst eine aberwitzige Verletztenliste. In der Liga steht nur Platz sechs, im DFB-Pokal ist man in Wolfsburg ausgeschieden. „Wir wollen stabiler werden und die oft angesprochene Konstanz auf den Platz bringen“, fordert Sahin. Mal wieder.

    Nuri Sahin (l) und Edin Terzic
    Als Assistent gestartet: Nuri Sahin mit dem damaligen BVB-Trainer Edin Terzic. © DPA Images | Tom Weller

    Da diese Entwicklung bislang ausgeblieben ist, lastet zu Jahresbeginn viel Druck auf dem BVB und Sahin. „Der Wunschgedanke ist, dass alles perfekt läuft und wir keine Rückschläge haben. Nur jeder weiß, dass man mit sechs Einheiten nicht alles verändern wird“, meint Sahin. „Wir wollen aber auch nicht alles verändern.“ Einige Spiele seien sehr gut gewesen. Zu viel „Schwarzmalerei“ habe es gegeben. Es gehe nur darum, stabiler zu werden. „Es hat nicht viel mit dem auf dem Platz, sondern auch viel mit dem außerhalb des Platzes zu tun.“

    Nuri Sahin genießt ein hohes Ansehen beim BVB

    Der frühere türkische Nationalspieler schöpft seine Kraft auch aus den Erfahrungen einer halben Ewigkeit im Profifußball. Sein Standing im Klub ist hoch, kontroverse Meinungen einzubringen nimmt ihm niemand übel. In der Mannschaft ist die Anerkennung groß. Die Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein, sind gegeben. Nun allerdings müssen auch Ergebnisse her, wenn Sahin gewissen Dynamiken, auch um seinen Job, vorbeugen möchte.

    Bayer Leverkusen
    Blaupause für den BVB? Bayer Leverkusen und Trainer Xabi Alonso. © DPA Images | Marius Becker

    Zu Beginn des neuen Jahres stehen gleich drei englische Wochen in Serie an, in denen es darum geht, sich auf einen Champions-League-Platz zu schieben und in eben jenem Wettbewerb, statt den Umweg durch die Play-offs zu gehen, direkt ins Achtelfinale zu springen. Das würde Sahin im Februar drei volle Wochen bescheren, in denen er mit dem Team in Brackel intensiv arbeiten kann.

    Bayer Leverkusen als Blaupause für den BVB

    Als erstes kommt der Double-Sieger mit Xabi Alonso. „Ich bin froh, dass es gegen Leverkusen geht. Das ist ein Gradmesser. Wir werden da sein“, kündigt Sahin an. „Für die Tabelle ist das Spiel extrem wichtig, weil wir dann heranrücken würden. Es kann auch ein gutes Omen sein, um in den Flow zu kommen.“ Die Werkself könnte als Blaupause fungieren. „Sie haben das geschafft, wohin wir auch kommen wollen“, sagte Nuri Sahin und schob zwei wichtige Worte hinterher: „und werden.“ Aber Leverkusen zeige auch, dass so eine Entwicklung Zeit brauche. Die der noch immer recht neue Trainer im Hamsterrad Profifußball nicht hat. Kein Wunder, dass so ein Job den Schlaf raubt.

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