München. Nach dem 6:2 in Salzburg versuchen die Bayern die Blicke auf den Ligagipfel in Dortmund zu richten – gestört vom Dauerthema David Alaba.
Genervt wirkte Hansi Flick, als es nach dem 6:2 (2:1)-Jubiläumssieg bei RB Salzburg ein Jahr nach seinem Amtsantritt wieder ums Dauerthema David Alaba ging. So gelassen wie Thomas Müller konnte der Cheftrainer des FC Bayern die Störgeräusche ums zurückgezogene Angebot für den Abwehrchef nicht betrachten. „Wir bei Bayern wollen ja auch, dass sich was rührt. Es ist auch schön, wenn’s ein bisschen knistert“, befand Müller launig, „ich habe das früher auch gern gelesen, wenn es wieder hieß: FC Hollywood und so. Da waren wir live dabei.“ Also damals noch als Fans.
Salihamidzic über Alaba: "Ich weiß nicht mehr, wie wir zusammenfinden sollen"
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Flick dagegen hätte als unmittelbar Beteiligter vor dem Ligagipfel bei Borussia Dortmund (Samstag, 18.30 Uhr/Sky) gerne auf die neue Aufregung um Alaba, 28, verzichtet. „Sie können noch fünf Fragen stellen, dann ist mir das auch egal“, sagte Flick ungehalten bei Sky, „mir ist es wichtig, dass wir Ruhe haben. Wir haben am Samstag nochmal ein ganz schweres Spiel in Dortmund, und alles andere ist für mich erst mal kein Thema.“ Sportvorstand Hasan Salihamidzic hatte Alabas möglichen, ablösefreien Wechsel im Sommer zuvor als wahrscheinlichen „Super-Gau“ bezeichnet.
Flick weiß natürlich, dass ihm die Debatte um den seit 2008 für den FC Bayern kickenden Alaba auch nach dem trainingsfreien Mittwoch erhalten bleiben wird. Zumal das letzte Wort noch lange nicht gesprochen zu sein scheint. Salihamidzic hatte zwar gesagt, man solle „nichts ausschließen. Aber ich weiß nicht mehr, wie wir zusammenfinden sollen. Wir müssen uns damit beschäftigen, dass uns David verlassen wird.“
Rummenigge lässt Alaba ein Hintertürchen offen
Tags darauf klang das bei Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge schon wieder mehr nach jenem Hintertürchen, das bereits Präsident Herbert Hainer am Sonntagabend offengelassen hatte, als er das zurückgezogene Angebot zur Vertragsverlängerung für Alaba über fünf Jahre und angeblich elf Millionen Euro Grundgehalt plus bis zu sechs Millionen Euro Boni öffentlich verkündet hatte.
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„Das weiß ich nicht“, sagte Rummenigge in der Sport Bild zur Frage, ob Alaba definitiv im Sommer gehen werde. Festhalten müsse man: „Wir drehen uns seit Monaten im Kreis.“ Man brauche jedoch Planungssicherheit, die Spieler müssten auch die enormen Einbußen der Vereine in der Corona-Krise sehen, weshalb man das Angebot zurückgezogen habe. Aber Rummenigge sagte auch: „Wir möchten alle, dass David bleibt. Er ist ein wunderbarer Mensch und ein Top-Spieler.“ Und auf die Frage, ob die Tür also noch nicht komplett zu sei, ließ Rummenigge die Taktik anklingen, Alabas Berater Pinhas Zahavi, 77, vorerst rausnehmen zu wollen aus dem Poker und auf das Herz des Eigengewächses zu setzen. „David Alaba muss nun für sich eine Entscheidung treffen“, sagte Rummenigge.
Ein wilder Ritt des FC Bayen bei RB Leipzig
In den Hintergrund geraten war der lange Zeit wilde und wackelige Ritt in Salzburg, den der Titelverteidiger erst in der Schlussphase für sich entschied. Mergim Berisha hatte RB in Führung gebracht (4.), ehe die Münchner durch Robert Lewandowski (FE/21.) und Rasmus Kristensens Eigentor (44.) zur Pause vorn lagen. Masaya Okugawa glich für RB zum 2:2 aus (66.), erst danach stellten Jérôme Boateng (79.), Leroy Sané (83.), Lewandowski (88.) und Lucas Hernández (90.+2) den 14. Sieg der Bayern in Serie in der Champions League sicher. In Flicks Jahresbilanz stand gar der 44. Sieg im 48. Spiel. Doch zufrieden konnte er nur bedingt sein. „Das hört sich sehr klar an, aber so war es nicht“, sagte Flick, „für den neutralen Zuschauer war das ein top Spiel“, für ihn als Trainer jedoch „nicht ganz so top.“
Lieferte RCB Salzburg dem BVB eine Bedienungsanleitung?
Bestätigt hatten sich ja die zuletzt mehrfach erkennbaren Probleme der Münchner mit unerschrockenen, schnell in die Tiefe spielenden Gegnern. „Da haben sie uns das ein oder andere Mal kalt erwischt“, sagte Flick. Für die Dortmunder kam das Spiel wie eine Bedienungsanleitung daher, wie es mal wieder mit einem Sieg gegen den Abo-Meister klappen könnte. Dass es für die kessen Salzburger dafür nicht reichte, hatte auch viel mit Alabas Nebenmann in der Innenverteidigung zu tun, allerdings in offensiver Rolle. Boatengs Kopfball zum 3:2 nach Joshua Kimmichs Ecke sei „ganz wichtig“ gewesen, befand Flick, „Jérôme hat ein sehr gutes Spiel gemacht und uns den Weg geebnet.“ Es sei „schön zu sehen“, dass sich der 32 Jahre alte Weltmeister von 2014 über seine kontinuierliche und professionelle Trainingsarbeit wieder zu einem Leistungsträger entwickelt habe.
Jerome Boateng steht einmal mehr als Gewinner da
Das passte auch insofern zum Dauerthema Alaba, weil Boateng in diesem gerade wie der einzige Gewinner wirkt. Knatsch mit dem FC Bayern kennt er zudem aus eigener Erfahrung. Rummenigge hatte ihm einst empfohlen, „back to earth“ zu kommen, also zurück auf den Boden. Ehrenpräsident Uli Hoeneß legte ihm 2019 gar einen Vereinswechsel nahe, zu dem es mehrfach beinahe gekommen wäre. Am Ende blieb Boateng doch stets. Nun darf er sogar hoffen, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag verlängern zu können, erst recht, wenn Alaba tatsächlich gehen sollte.
Derzeit jedenfalls ist Boateng, seit 2011 beim FC Bayern, gewissermaßen „back to sky“, also obenauf. Auch in Dortmund dürften seine Dienste gefragt sein, weil Niklas Süle positiv auf das Corona-Virus getestet wurde und vorerst ausfällt. Boateng ist natürlich ebenfalls noch auf Alaba angesprochen worden. „Dass es keine einfache Situation für ihn ist, ist klar“, sagte Boateng, „aber er hat wieder ein super Spiel gemacht, und wir als Mannschaft stehen absolut hinter ihm.“ Auch das könnte noch ebenso hilfreich sein wie Flicks Fürsprache für Alaba – und wie bei Boateng dazu führen, dass es vielleicht doch nicht zur Trennung kommt.