Essen. Viele Familien nehmen an Demos teil. Doch es gibt einige Dinge, auf die Eltern achten sollten, wenn sie mit ihren Kindern demonstrieren gehen.
Hunderttausende Menschen sind in den letzten Wochen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen – darunter auch Eltern mit ihren Kindern. Der Hintergrund: Als am 29. Januar erstmals Parteien der politischen Mitte einen Antrag mithilfe einer in Teilen rechtsextremen Partei verabschiedet haben, galt das als Tabubruch. Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar sind noch weitere Demonstrationen und Proteste geplant. Wer sich entscheidet, mit seinen Kindern demonstrieren zu gehen, kann sich darauf vorbereiten. Wir haben mir Eltern und einem Experten gesprochen und Empfehlungen gesammelt.
1. Tipp: Kinder sollten sich immer wohlfühlen
Höchste Priorität bei der Frage, ob man mit Kind auf eine Demo gehen kann, sollte immer die Sicherheit und das Wohlbefinden des Kindes sein, da sind sich alle befragten Eltern einig. Auf der Demo selber sollten Eltern also darauf achten, dass sich ihre Kinder wohlfühlen, nicht langweilen und die Stimmung entspannt ist.
Bevor es auf eine Demo geht, empfiehlt Politikdidaktiker Thomas Goll von der TU Dortmund, vorher mit dem Kind zu besprechen, warum sie die Veranstaltung besuchen und worum es geht. Eine erste Frage kann sein: „Habt ihr was mitbekommen?“ Bei Unsicherheiten im Umgang mit schwierigen Themen könnten auch Formate wie Logo oder Angebote der Bundeszentrale für Politische Bildung hinzugezogen werden. Gegen den Willen des Kindes sollte nicht an einer Demonstration teilgenommen werden.
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3. Tipp: Friedliche Demos wählen
Grundsätzlich sind Demos sehr unterschiedlich gestaltet und damit nicht alle im gleichen Maß familientauglich. Im Vorfeld und vor Ort können Eltern das Risiko reduzieren und mögliche Gefährdungen wie Zusammenstöße mit anderen Gruppierungen, der Polizei oder eine zu enge Menschenversammlung ausschließen.
„Ob eine Demo gefährlich ist, hängt davon ab, worum es geht und wer da aufeinandertrifft. In aller Regel sind Demos ungefährlich.“
„Ob eine Demo gefährlich ist, hängt davon ab, worum es geht und wer da aufeinandertrifft“, sagt Thomas Goll. Aber: „In aller Regel sind Demos ungefährlich.“ Wer ruft zur Demo auf? Sind Extremlager vertreten? Sind Gegendemos angemeldet oder werden sie von der Polizei erwartet? Das sind mögliche Fragen, die sich Eltern laut dem Experten vorab stellen können, um die Gefahrenlage einer Demo einzuschätzen.
Auf Demos sind viele Menschen auf engem Raum. Da kann es auch mal unübersichtlich werden. Damit sich Kinder nicht eingeengt oder unwohl fühlen, empfiehlt Svenja (41), Mutter eines siebenjährigen Sohns und einer fünfjährigen Tochter, sich nicht mitten im Pulk, sondern eher am Rand aufzuhalten. „Sollte es mal brenzlig werden oder eine Situation den Kindern Angst machen, können wir schnell beiseite treten.“ Auf vielen Demos gibt es am hinteren Ende auch einen entzerrten Bereich. Wenn nötig, kann man sich an einen ruhigeren Ort zurückziehen oder vorzeitig gehen.
„Wir sind direkt zur Kundgebung und nicht im Zug mitgelaufen. Vor Ort haben wir uns etwas abseits aufgehalten, nicht mitten in der großen Menge vor der Bühne. So haben wir alles mitbekommen und waren Teil des großen Ganzen“, erzählt die Duisburgerin Wiebke Joormann-Scholz (40). Sie sei in der Situation aufmerksam, achte auf die Stimmung im Umfeld und habe die Menge im Blick. „Das mache ich aber auch auf Weihnachtsmärkten oder an anderen Orten, wo sich viele Menschen tummeln.“ Gleiches gilt für den Hin- und Rückweg. Und Jens (36), Vater eines sechsjährigen Sohnes, ergänzt: „Ich würde nur auf eine Demo gehen, wo ich mich räumlich auskenne, um sicherzustellen, dass wir uns aus der Situation ziehen können.“
„Sich in die Situation des Kindes hineinzuversetzen“, das gilt für Svenja nicht nur im Alltag, sondern auch auf Demos. Vorab sollten sich Eltern die Frage stellen, ob das Kind ein Typ für solche Demos ist. Wie reagiert das Kind sonst bei Massenveranstaltung wie Weihnachtsmärkten? Findet es Veranstaltungen mit vielen Menschen eher spannend oder beängstigend? „Wir gehen auch nur auf Demos, wenn meine Kinder gesund, fit und emotional stabil genug sind“, so die 41-Jährige.
„Ist es sicher für unseren sechsjährigen Sohn?“, diese Frage hat sich Jens vor der Demo gestellt. Daher haben sie sich die Veranstaltung erst einmal von der Dachterrasse eines umliegenden Gebäudes angeschaut. „So konnten wir die Größenordnung einordnen, schauen, wie unser Sohn reagiert und entscheiden, ob wir mitlaufen.“
Genügend Snacks, Getränke und passende Kleidung sollten Eltern eingepackt haben. Einige nehmen auch Dinge zur Beschäftigung mit: Seifenblasen, Straßenkreide, Spielzeug. Selbst wenn man sich nicht direkt vor der Bühne oder im Zentrum des Geschehens aufhält, kann es auf Demos laut werden. Sinnvoll sei daher ein Gehörschutz für die Kinder, so Wiebke Joormann-Scholz.
Auf Stehen und Gehen sollten sich Demonstrierende vorbereiten. Da liegt es nahe, die körperlichen Grenzen der Kinder im Blick zu behalten. Gerade bei kleinen Kindern, kann es sinnvoll sein, eine Sitzgelegenheit zu organisieren. Ob Buggy, Kinderwagen, Tragetuch oder Schultern, ist eine Frage, die auch abhängig von der Demo ist. Ein Tragetuch oder eine Kraxe sind flexibler als ein Kinderwagen – gerade wenn es mal unübersichtlicher wird, findet Wiebke Joormann-Scholz.
8. Tipp: Sich mit anderen Eltern zusammentun
Es kann entlastend sein, mit anderen Familien auf eine Demonstration zu gehen. „Wenn viele Erwachsene auf möglichst wenig Kinder kommen, entsteht ein Herdeneffekt“, sagt Wiebke Joormann-Scholz. So können die Erwachsenen die Situation genauer überwachen und sich die Kinder untereinander beschäftigen. Da es vor Ort unübersichtlich werden und der Handyempfang eingeschränkt sein kann, ist es sinnvoll, sich vorher zu treffen.
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