Düsseldorf. NRW nimmt die 15-Kilometer-Regel in den ersten Städten und Kreisen wieder zurück. Die Inzidenz liege dort “stabil unter 200“. Der Überblick.
Erneute Wende bei der 15-Kilometer-Regel für Extrem-Hotspots in NRW: Wie Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Montag auf einer Pressekonferenz erklärte, wird die Maßnahme für die Kreise Recklinghausen, Höxter, Minden-Lübbecke und den Oberbergischen Kreis wieder zurückgenommen. Mit dem Kreis Recklinghausen war auch Gladbeck betroffen. "Wir sind in diesen Kreisen stabil unter 200", begründete Laumann.
Derzeit liegt in NRW nur Bielefeld über einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200. Hier verzichtet NRW aber auf die Einführung der 15-Kilometer-Regel. "In Bielefeld hängt die hohe Inzidenz mit dem Meldesystem zusammen", sagte Laumann. "Das Meldesystem war nicht so, wie es sein sollte."
In den vergangenen Wochen hatte es Bedenken zu der Rechtssicherheit der Regel gegeben. "Das sehen wir dann, wenn das Gericht entschieden hat", sagte NRW-Minister Laumann.
In der Regionalverordnung zur 15-Kilometer-Regel, die für Corona-Hotspots mit einer Inzidenz von über 200 gilt, heißt es, dass Bewohner aus den besagten Kreisen dieses Gebiet nur verlassen dürfen, „soweit dabei ein Umkreis von 15 Kilometern Luftlinie ab der Grenze des eigenen Heimatorts (politische Gemeinde) nicht überschritten wird.“ Auch von draußen darf man nur einreisen, wenn man nicht weiter als 15 Kilometer entfernt wohnt.
Ausgenommen sind
- „die Erledigung beruflicher, dienstlicher, ehrenamtlicher und vergleichbarer Besorgungen“,
- „der Besuch der Schule, der Kindertagesbetreuung beziehungsweise Notbetreuung“
- oder zum Beispiel „Besuche bei und von engen Familienmitgliedern, Lebensgefährten und vergleichbar nahestehenden Personen.“
Bielefeld, Bottrop und Gelsenkirchen aus früherer Version wieder gestrichen
In einem früheren Entwurf der Verordnung, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag, waren noch die Städte Bielefeld, Bottrop und Gelsenkirchen aufgeführt. In der Begründung der Landesregierung zur später veröffentlichten Regionalverordnung heißt es, diese Städte hätten „im Rahmen einer Anfrage zur Bewertung der Infektionszahlen geltend gemacht, dass die Zahlen für ihre Stadt nicht belastbar seien“. Teilweise gebe es immer noch „ganz erhebliche Bearbeitungsrückstände aufgrund des Meldestaus während des Jahreswechsels“. In den nächsten Tagen sei über dies Städte „gesondert zu entscheiden“.
Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD), der auch Vorsitzender des NRW-Städtetages ist, hatte die geplanten Maßnahmen als „nicht umsetzbar“ kritisiert. Sie gingen „an der Realität vorbei.“
Die Stadt Gelsenkirchen teilte mit, der Krisenstab werde keine weiteren Einschränkungen des öffentlichen Lebens anordnen. Seit Freitag liegt der Inzidenzwert dort über 200. „Regeln gibt es schon genug, sie müssen nur noch konsequenter eingehalten werden“, teilte Krisenstabsleiter und Gesundheitsdezernent Luidger Wolterhoff mit. Die Stadt werde aber die Kontrollen der derzeitige Situation anpassen. Zudem seien alle Alten- und Pflegeeinrichtungen angeschrieben worden mit dem dringenden Appell, Besucher nur noch mit negativem Corona-Schnelltest in die Häuser zu lassen.
Zur Regionalverordnung
Verschärfter Lockdown am 11. Januar in Kraft getreten
Der Lockdown in NRW ist wegen der weiter angespannten Corona-Lage am 11. Januar verlängert und verschärft worden. Nicht nur bei der 15-Kilometer-Regel war NRW vom Kurs abgewichen: Anders als von Bund und Ländern zunächst angekündigt, gibt es auch Ausnahmen bei den Kontaktbeschränkungen für Kinder.
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Thomas Kutschaty, Fraktionschef der oppositionelle SPD, wirft Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) deshalb Wortbruch vor, der Landtag kommt am Dienstagnachmittag zu einer Sondersitzung zusammen. Die Regionalverordnung bezeichnete Kutschaty als „halbherzig und schlecht gemacht“. Sie schaffe „mehr Verwirrung als Klarheit“, kritisierte er am Dienstag im „Morgenecho“ des Hörfunksenders WDR 5.
15-Kilometer-Regel in Hotspots mit Inzidenzwerten über 200
Bund und Länder hatten sich auf die 15-Kilometer-Regel für Gebiete mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 oder mehr geeinigt. Reisen und Fahrten im Freizeitzusammenhang über einen Umkreis von 15 Kilometern um den Wohnort hinaus sollten untersagt werden – so hatte es auch das NRW-Gesundheitsministerium angekündigt.
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In der Neufassung der Coronaschutzverordnung fehlte die konkrete Regelung indes. Die Entscheidung über die Bewegungseinschränkungen müssen demnach die lokalen Behörden treffen. Wörtlich heißt es:
"Kreise und kreisfreie Städte, in denen die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner (7-Tages-Inzidenz) nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit über einem Wert von 200 liegt, prüfen die Erforderlichkeit über diese Verordnung hinausgehender zusätzlicher Schutzmaßnahmen und können diese im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales anordnen. Die angeordneten Maßnahmen sind fortlaufend zu überprüfen und aufzuheben, wenn die Infektionszahlen nachhaltig deutlich unter den Wert von 200 absinken."
Die Kommunen haben Zweifel, ob und wie eine solche massive Einschränkung im Leben der Bürger rechtssicher durchgesetzt werden könnte. Die Gerichte hatten in der Vergangenheit in einer Reihe von Entscheidungen einige Anti-Corona-Maßnahmen kassiert. Der Städtetag meint, diese Möglichkeit helfe praktisch nicht weiter.
Kontaktbeschränkungen: 1+1-Regel mit Blick auf Kinder entschärft
Ein Hausstand plus eine weitere Person: Diese Verschärfung der Kontaktbeschränkungen hatten Bund und Länder nach ihrem Corona-Gipfel angekündigt. Die NRW-Landesregierung hat in der neuen Coronaschutzverordnung Ausnahmen für Kinder vorgesehen. Demnach dürfen die eigenen Kinder zum Treffen mit einem anderen Haushalt mitgenommen werden.
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Wörtlich lautet die Regel in NRW: "Beim Zusammentreffen von Personen eines Hausstandes mit höchstens einer Person aus einem anderen Hausstand, die von zu betreuenden Kindern aus ihrem Hausstand begleitet werden kann", dürfe der Mindestabstand unterschritten werden.
Kinder sind nicht mehr in der Kita und Schüler sind nicht mehr in der Schule. Sie können sich dort nicht mehr mit ihren Freunden treffen. Kinder und insbesondere Einzelkinder, bräuchten aber den Kontakt zu Gleichaltrigen, unterstreicht der Städtetag.
Zweite Ausnahme: Der Mindestabstand darf auch unterschritten werden, "wenn dies zur Begleitung und Beaufsichtigung minderjähriger und unterstützungsbedürftiger Personen oder aus betreuungsrelevanten Gründen erforderlich ist sowie zur Wahrnehmung von Umgangsrechten". Die strenge Auslegung der 1+1-Regel hätte sonst bedeutet, dass etwa getrennt lebende Väter oder Mütter nur eines ihrer Kinder hätten treffen dürfen. Auch Treffen zweier Mütter mit ihren Kindern beispielsweise auf einem Spielplatz wären ohne die Ausnahme nicht möglich gewesen, werden durch die Ausnahme in der NRW-Verordnung aber ermöglicht. (shu mit dpa/JeS/ck)
Coronaschutzverordnung