Dortmund. Warum Babys nicht an den Strand gehören und kleine Kinder sogar in einer Pfütze ertrinken können: Beim Urlaub mit den lieben Kleinen sollten die Eltern einiges beachten. Vor allem bei Reisen ins Ausland.

Endlich! Die Sommerferien stehen vor der Tür. Überlegen Sie, was Sie für die Reise einpacken müssen? Damit Familien, die mit Kindern Urlaub machen, die schönste Zeit des Jahres ungetrübt genießen können, einige Tipps von Dr. Hermann Kalhoff, leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Westfälischen Kinderzentrums Dortmund.

Mit dem Auto in die Ferien

Eltern sollten nicht den Ehrgeiz haben, eine zehnstündige Autofahrt zum Ferienziel nonstop hinter sich zu bringen, rät Kalhoff. „Das dient weder der Verkehrssicherheit noch dem eigenen Wohlbefinden.“ Besser sei es, alle zwei Stunden zu pausieren und diese Zeit auch zur Bewegung zu nutzen. „Für kleine Kinder sind lange Autofahrten eine Qual!“

Auch interessant

Wer mit dem Wagen verreise, sollte für unter Einjährige einen Vorrat an Gläschen/Breien mitnehmen. Kalhoff: „Auch im europäischen Ausland sind die Fertig-Breichen für die Kinder zum Beispiel anders gewürzt als zu Hause.“ Der Proviant von daheim sei aber meist nur für die ersten Tage nötig. „Bis sich das Kind am Urlaubsort etwas eingewöhnt hat.“

Die Reiseapotheke

Bei der Reiseapotheke sollte daran gedacht werden, die erforderlichen Mittel auch in einer kindgerechten Dosierung mitzunehmen. „Etwa Medikamente gegen Husten, Schnupfen, Fieber, Durchfall oder eine Reisekrankheit.“ Hierbei sollte man sich vom Apotheker beraten lassen. „Brauchen Kinder ständig Medikamente, sollte man dies mit dem Kinderarzt besprechen.“ Bei Flugreisen gehören wichtige Arzneien ins Handgepäck. Damit es am Flughafen keine Probleme gibt, sollte man hierzu einen Arztbrief mitnehmen. „Bei Reisen ins Ausland sollte dieser auch in Englisch abgefasst sein“, empfiehlt der Mediziner.

Wer in Zecken-Gebiete fährt, sollte sich vorher von einem Arzt beraten lassen, wie man sich schützen kann. „Denn Zecken können Borreliose oder FSME übertragen. Gegen FSME gibt es eine Impfung.“

Die häufigsten Übel – etwa Durchfall

Kinder erkranken auf Reisen am häufigsten an Durchfall, fieberhaften Infekten, „oder sie erleiden Verletzungen, einen Sonnenbrand oder werden von Insekten gestochen“. Bei Durchfall muss viel getrunken werden. „Etwa Wasser, Tee oder verdünnte Fruchtsäfte. Um die verlorene Flüssigkeit zu ersetzen. Dies ist für Kinder besonders wichtig.“

Auch interessant

57501364-059--198x148.jpg
Von Birgit Hölker-Schüttler

Wollen Kinder bei einem Brech-Durchfall nicht trinken, „sollte man ihnen die Flüssigkeit löffelweise anbieten“, so der Dortmunder Kinderarzt. Bei Durchfall-Mitteln sei darauf zu achten, ob diese für Kinder geeignet seien. „Bei Fieber immer zum Arzt gehen.“

Das Thema Trinkwasser

„Es gibt nur wenige Länder, in denen das Leitungswasser sauberes Trinkwasser ist“, betont Kalhoff. Hierzu zählten etwa Zentraleuropa, Australien, Neuseeland und weite Teile der USA.

„In Ländern, wo das Leitungswasser nicht in Ordnung ist, können etwa frische Salate oder kalte Büfetts mit Krankheits-Erregern verkeimt sein und/oder mit Keimen belastet sein, die zu der ansteckenden Leberentzündung Hepatitis A, führen – oder in tropischen Gebieten zu Typhus.“ Gegen Hepatitis A und Typhus könne man sich impfen lassen. „Grundsätzlich gilt aber für solche Urlaubsgebiete: Nichts Rohes essen, nur abgekochtes Wasser trinken oder welches aus verschlossenen Flaschen (gilt auch für das Zähneputzen!), kein Eis, keine Eiswürfel, Obst immer schälen. Finger weg von rohem Fisch/Fleisch.“

Kinder und Wasser – wachsam sein

Eltern, die ihren Urlaub mit kleinen Kindern, die nicht schwimmen können, am Strand oder Pool verbringen, dürfen den Nachwuchs nicht aus den Augen lassen, warnt Kalhoff. „Denn kleine Kinder können in einem Planschbecken, ja selbst in einer Pfütze ertrinken!“ Sobald ein Kind laufen könne, sei es bis zum dritten Lebensjahr häufig so: „Das Kind fällt mit dem Kopf vorneüber in eine Pfütze und dreht womöglich nicht ‘mal den Kopf zur Seite – und ertrinkt.“ Nach einem Sturz auf den Kopf blieben kleine Kinder manchmal wie erstarrt liegen. „Es kommt vor, dass sie sogar in einer Pfütze den Kopf nicht zur Seite drehen.“

Flugreisen mit den Kids

Mit Kindern unter anderthalb Jahren sollte man nicht fliegen. „Es sei denn, die Reise ist notwendig.“ Der Grund, laut Kalhoff: „In der Flugzeug-Kabine wird der Luftdruck beim Flug in der Regel auf 70 Prozent des üblichen Wertes heruntergeregelt.“ Kleine Kinder werden oft bei Änderungen des Umgebungsdrucks unruhig, weil ihr Druckausgleich im Mittelohr noch nicht richtig funktioniert. Beim Start und bei der Landung können sich Ohrenschmerzen einstellen.

Auch interessant

„Kleineren Kindern hilft es, wenn sie beim Start und bei der Landung etwas trinken. Etwa ab dem zweiten, dritten Lebensjahr können sie etwas lutschen oder ein Kaugummi kauen.“ Sei ein Kind erkältet, sollte man ihm vor dem Flug abschwellende Nasentropfen geben. Bis das Kind in die Schule komme, sollte die Flugzeit drei, vier Stunden nicht überschreiten, empfiehlt der Arzt.

Reisen in ferne Länder

„Urlaube in tropischen Ländern würde ich frühestens mit einem Kind ab dem sechsten Lebensjahr machen“, sagt Kalhoff. Vorher könnten auch die Reise-Eindrücke zu Unsicherheit und Angst führen. „Auch Impfungen sollte man kleineren Kindern ersparen, die für manche Fernziele nötig sind.“

Mit dem Säugling unterwegs

Bevor man mit Säuglingen reist, sollte das Kind erst in seinen Rhythmus kommen – „schlafen, essen, trinken. Dazu braucht es in der Regel drei Monate“. Habe sich dies ein wenig eingespielt, sollte man mit dem Baby nur dorthin fahren, wo man die hohen hygienischen Standards wie in Deutschland vorfindet.

Kalhoff: „Was man auch bedenken muss: Ein Baby schläft 15, 16 Stunden am Tag. Zwischendurch will es trinken, schmusen. Bei Reisen bekommt es die Hektik mit und das Durchbrechen seines eigenen Rhythmus’.“ Und so etwa sei für ein Baby dann unter Umständen Stress.